Der Erlass ist so klar wie die Luft an einem sonnigen Wintermorgen: «Artikel eins: Ab dem heutigen Tag ist es dem Schnee untersagt, über dem Gebiet von Raillencourt-Sainte-Olle zu fallen.» Unterzeichnet ist der Beschluss der kommunalen Exekutive vom Bürgermeister in Person, Bernard de Narda.
Die 2200 Einwohner der nordfranzösischen Gemeinde staunten nicht schlecht. Ist es ihrem Dorfvorsteher ernst? Nicht ganz: Der Bürgermeister hatte nach dem unerwarteten Wintereinbruch mit eisigen Temperaturen und nächtlichem Schneefall schlicht genug von den Klagen seiner Citoyens. Die schimpften in den sozialen Medien über die Untätigkeit oder gar Unfähigkeit der kommunalen Verkehrsdienste, «ihrer Mission der Schneeräumung und Besalzung nachzukommen», wie ein wütender Bürger in sein Handy schrieb.
Bürgermeister de Narda teilte der Regionalzeitung «La Voix du Nord» mit, sein Telefon sei in der Nacht auf den 18. Januar heiss gelaufen. «Und warum?», fragte er seinerseits erbost. «Wegen vier Zentimetern Schnee?»
Viel mehr Schnee war während des Kälteeinbruchs zwischen dem 17. und 21. Januar nicht gefallen. Immerhin hatte der Eisregen viele Strassen Nordfrankreich in Rutschpartien verwandelt und Blechschäden bewirkt. Landesweit kam es am Morgen des 18. Januars zu tausend Kilometern Verkehrsstau. Vor allem auch, weil die meisten Franzosen mit Sommerpneus herumfahren.
Das will der Vorsteher von Raillencourt-Sainte-Olle nicht auf seine Kappe nehmen. Angesichts der prekären Lage der kommunalen Finanzen sei es ihm schlicht nicht möglich, in eine leistungsstarke Schneeräumung und Strassensalzung zu investieren, teilte er mit. Um sich selber zu ereifern: «Die Leute hätten erleben sollen, wie es vor sechzig Jahren mit den viel stärkeren Schneefällen war. Damals gab es auch keine Schneeräumung!»
Angesichts des breiten Echos seines Erlasses fügt der Bürgermeister schalkhaft an, er denke nach anderweitigen Klagen seiner Mitbürger auch darüber nach, Hasen oder Wespen auf Gemeindegebiet zu untersagen.
Ganz klar Franzmann des Jahres😄!