Bei der Parlamentswahl in Kanada liegen die Liberalen von Premierminister Justin Trudeau laut Prognosen vorn. Mehrere Sender sahen die Liberalen nach der Wahl vom Montag vor den Konservativen von Herausforderer Andrew Scheer.
Trudeau kann sich damit eine weitere Amtszeit sichern. Ob es wie 2015 für eine absolute Mehrheit reicht, war zunächst jedoch noch nicht klar. Falls es nur für eine Minderheitsregierung reichen sollte, brauchen die Liberalen die Duldung durch kleinere Parteien.
Schon im Vorfeld hatte sich ein knappes Rennen zwischen Trudeau und seinem konservativem Herausforderer Andrew Scheer abgezeichnet. Rund 27 Millionen Bürger waren in dem G7-Land dazu aufgerufen, neue Abgeordnete zu wählen. Die Abgeordneten werden per Direktwahl nach dem Mehrheitsprinzip gewählt. 2015 hatten Trudeaus Liberale 184 Sitze im Parlament gewonnen und seitdem mit dieser absoluten Mehrheit regiert.
Justin Trudeau hat sich mittlerweile an die Öffentlichkeit gewandt und die Einigkeit des Landes beschworen. «Unser Team wird für alle Kanadier kämpfen», sagte Trudeau am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) in Montréal.
An seine Kritiker gewandt meinte der 47-Jährige, er habe ihre Enttäuschung vernommen und werde sicherstellen, dass ihre Stimme gehört werde: «Wir werden zusammen vorwärts gehen in eine bessere Zukunft.» Die liberale Regierung werde fortsetzen, was sie in den vergangenen vier Jahren begonnen habe. Dazu gehörten die Kämpfe gegen den Klimawandel und Waffengewalt.
US-Präsident Donald Trump hat dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau zum Sieg bei der Parlamentswahl in Kanada gratuliert. Mit dem «hart erkämpften Sieg» sei Kanada gut bedient. «Ich freue mich darauf, mit Ihnen an der Verbesserung unserer beiden Länder zu arbeiten», schrieb Trump am Dienstagmorgen auf Twitter.
Die Liberalen von Premier Trudeau waren bei der Parlamentswahl Prognosen zufolge erneut stärkste Kraft geworden, hatten aber ihre absolute Mehrheit verloren. Das Verhältnis von Trump zu Trudeau war in den vergangenen Jahren nicht immer einfach. Trump hatte Trudeau beim G7-Gipfel 2018 in Québec brüskiert, indem er seine Unterstützung für die Gipfelerklärung im Nachhinein zurückzog und ihm «falsche Aussagen» unterstellte.
Die Bilanz der liberalen Regierung nach vier Jahren ist durchwachsen. Zwar hat er wie versprochen Marihuana legalisiert und mehr als 25'000 syrische Flüchtlinge im Land aufgenommen. Einige seiner Wahlversprechen wie eine Wahlrechtsreform oder einen ausgeglichenen Haushalt bis 2019 konnte er aber nicht halten.
Zudem erregte Trudeau in den vergangenen Monaten mit Skandalen für Aufmerksamkeit. Dabei ging es unter anderem um ein altes Foto von ihm, das ihn vor 20 Jahren mit dunkel geschminktem Gesicht – verkleidet als Aladdin – auf einer Party zeigte. Der Ministerpräsident entschuldigte sich für sein «rassistisches» Verhalten.
Scheer beschuldigte Trudeau auch deshalb, das kanadische Volk über sein wahres Wesen zu täuschen und beschimpfte ihn als Betrüger. Ein grosses Thema im Wahlkampf war auch der Kampf gegen die Klimakrise: Während die Konservativen ankündigten, Trudeaus CO2-Steuer zurückdrehen zu wollen, musste die Regierung von links viel Kritik dafür einstecken, dass die Massnahmen angeblich nicht weit genug gingen. (dfr/mim/sda/afp/dpa)