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Iren stimmen klar für das Recht auf Abtreibung

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Bild: EPA/EPA

«Der Höhepunkt einer stillen Revolution» – Iren stimmen klar für das Recht auf Abtreibung

Irland feiert eine «stille Revolution»: Die Stimmberechtigten des bisher erzkatholischen Landes sprachen sich bei einer Volksabstimmung mit grosser Mehrheit für ein Ende des strengen Abtreibungsverbots aus.
26.05.2018, 21:1427.05.2018, 08:43
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Laut am Samstagnachmittag nach Auszählung von 37 der 40 Wahlkreise veröffentlichten Zahlen stimmten 67,3 Prozent für eine Lockerung der Abtreibungsgesetze. Die Beteiligung lag bei 65 Prozent.

«Was wir heute erleben, ist der Höhepunkt einer stillen Revolution, die Irland in den vergangenen zehn bis 20 Jahren durchgemacht hat»
Leo Varadkar, Regierungschef Irland

«Was wir heute erleben, ist der Höhepunkt einer stillen Revolution, die Irland in den vergangenen zehn bis 20 Jahren durchgemacht hat», sagte Regierungschef Leo Varadkar dem Sender RTE. Varadkar hatte sich für ein Ende des Verbots engagiert.

«Die Leute haben gesagt, dass wir eine moderne Verfassung für ein modernes Land wollen und dass wir Frauen zutrauen, dass sie die richtige Entscheidung über ihre eigene Gesundheit treffen», kommentierte er das Ergebnis.

Varadkar kündigte an, ein neues Abtreibungsgesetz solle bis Ende des Jahres verabschiedet werden. Gesundheitsminister Simon Harris sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Regierung werde bereits am Dienstag über das Thema beraten.

Vorgesehen ist, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen straffrei zu stellen. Bei bestimmten Indikationen soll eine Abtreibung bis zur 24. Woche erlaubt sein.

Sehr strenges Gesetz

Irland hatte bislang eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Laut dem achten Zusatzartikel zur Verfassung waren Schwangerschaftsabbrüche selbst bei Vergewaltigung, Inzest oder einer tödlichen Fehlbildung des Fötus verboten. Bei einer Abtreibung drohen Frauen bislang bis zu 14 Jahre Haft.

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Bild: EPA/EPA

Seit 2013 sind Abtreibungen in seltenen Fällen in Irland nur dann erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Das Abtreibungsverbot führte dazu, dass jedes Jahr tausende Irinnen für Abtreibungen ins benachbarte Grossbritannien reisten oder sich im Internet die «Pille danach» besorgten.

Das Ergebnis der Volksabstimmung bedeutet einen weiteren schweren Schlag für die katholische Kirche in Irland. Mehrere Skandale um Kindesmissbrauch hatten den Einfluss der in Irland einst übermächtigen Institution zuletzt schwinden lassen.

«Wir haben endgültig mit der Vergangenheit gebrochen, was für viele Frauen wirklich schwer war»
Ailbhe Smyth (71) von der Bewegung «Zusammen für ein Ja»

Vor drei Jahren hatten die Irinnen und Iren mit 62 Prozent für die Einführung der Homo-Ehe gestimmt. Premierminister Varadkar ist der erste offen homosexuelle Regierungschef des Landes.

Grosser Jubel

Befürworterinnen und Befürworter des Rechtes auf Abtreibung brachen in Jubel aus, als in den Auszählungszentren in der Hauptstadt Dublin die Zwischenergebnisse des Referendums verkündet wurden. Die 71-jährige Ailbhe Smyth von der Bewegung «Zusammen für ein Ja» sagte, die Volksabstimmung sei «ein grosser Sieg».

A woman from the"Yes" campaign reacts after the final result was announced in the Irish referendum on the 8th Amendment of the Irish Constitution at Dublin Castle, in Dublin, Ireland, Saturd ...
Bild: AP/AP

Dieser zeige den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel, der noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre: «Wir haben endgültig mit der Vergangenheit gebrochen, was für viele Frauen wirklich schwer war», sagte sie.

«Was die irischen Wähler gestern getan haben, ist eine Tragödie von historischem Ausmass.»
John McGuirk, Sprecher der Anti-Abtreibungskampagne 

Laut einer Nachwahlbefragung für die «Irish Times» stimmten 70 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer in Irland für das Ende des Abtreibungsverbots. Auffällig war die Kluft zwischen den Altersgruppen: Während 60 Prozent der über 65-Jährigen gegen die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen waren, lag bei den jungen Stimmberechtigten die Zustimmung bei 87 Prozent.

Das «Nein»-Lager gestand seine Niederlage ein. «Was die irischen Wähler gestern getan haben, ist ein Tragödie von historischem Ausmass», sagte der Sprecher der Anti-Abtreibungskampagne, John McGuirk am Samstag. (sda/afp/reu/dpa)

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Essen in Dublin
Du meinst, du kennst Irlands Küche? Sicher, es gibt Klassiker, die man in sogar in so feinen Läden wie dem hier in Dublin bekommt: Er heisst The Bank on College Green. (Bild: watson)
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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ril
27.05.2018 02:11registriert Mai 2015
Die wahre Tragödie sind die unzähligen toten und schwer verletzten Frauen, die aufgrund dieses völlig rückständigen Verbots nicht die medizinische Hilfe erhielten, die sie brauchten. Das darf niemals vergessen werden. Gratulation an das Irische Volk, möge es sich endlich von der unsäglichen katholischen Kirche, verantwortlich für alle möglichen Gräuel, lossagen.
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phreko
26.05.2018 22:35registriert Februar 2014
Das katholisch konservative Irland ist der Schweiz gesellschaftlich inzwischen um Kilometer enteilt.

Sollte der ach so modernen Schweiz schon zu denken geben.
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