Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen zeichnet sich nach ersten Prognosen ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Auf den nationalkonservativen Amtsinhaber Andrzej Duda entfielen 50,4 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer Rafal Trzaskowski erhielt 49,6 Prozent.
Damit war am Sonntagabend zunächst unklar, wer die Wahl gewonnen hatte. Die Fehlertoleranz der ersten Wähler-Nachbefragungen beträgt laut Meinungsforschungsinstitut Ipsos zwei Prozentpunkte. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die Exit Polls noch mit Ergebnissen von Teilauszählungen aus 500 Wahllokalen ergänzt. Das offizielle Ergebnis wird nicht vor Montagabend erwartet.
Die Wahlbeteiligung war trotz der Corona-Pandemie hoch. Bis zum Sonntagnachmittag 17 Uhr gaben 52,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission in Warschau mitteilte. Das waren fast zwölf Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt bei der zweiten Runde der Präsidentenwahl 2015.
Duda dankte am Wahlabend in Pultusk allen Landsleuten für die starke Teilnahme an der Abstimmung. Er gratulierte auch seinem Rivalen Trzaskowski zu dessen Ergebnis. Trzaskowski sagte in Warschau: «Wir haben gesagt, dass es eng wird, und es ist eng. Ich bin aber überzeugt, dass wir siegen werden.» Nun müssten nur noch die Stimmen genau ausgezählt werden.
Die Stichwahl um das Präsidentenamt gilt auch als eine Abstimmung über die Politik der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Diese regiert das Land seit 2015 mit absoluter Mehrheit, auch Duda stammt aus ihren Reihen. Im Wahlkampf präsentierte sich der 48-jährige Jurist als Garant für die vielen Sozialleistungen, die die PiS in den vergangenen Jahren eingeführt hat.
Dudas Herausforderer, der Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, versprach als Kandidat der liberalkonservativen «Bürgerkoalition» (KO) einen Politikwechsel. Er warb damit, Polens angeschlagenes Verhältnis zur EU wieder ins Lot zu bringen. Die umstrittene Justizreform der PiS will er stoppen.
In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre lang. Das Staatsoberhaupt repräsentiert das Land nicht nur nach aussen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Aussenpolitik, er ernennt den Ministerpräsidenten sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Ausserdem kann er mit seinem Veto-Recht Gesetzesentwürfe stoppen. Im Parlament ist dann eine Drei-Fünftel-Mehrheit nötig, um das Veto des Präsidenten zu überstimmen. (sda/dpa)