Peru im Ausnahmezustand – wie die Situation dermassen eskalierte
Es sind zwei Tropfen, die am 7. Dezember 2022 das Fass im ohnehin politisch tief gespaltenen Peru zum Überlaufen gebracht haben – ein gescheiterter Putschversuch sowie ein historischer Machtwechsel.
Die Hintergründe – und die Geschehnisse in 7 Punkten:
Die Absetzung Castillos
Perus ehemaliger Präsident Pedro Castillo ist am 7. Dezember 2022 des Amtes enthoben worden, nachdem er verkündet hatte, den Kongress aufzulösen und per Dekret zu regieren.
Politiker aus Regierungslager und Opposition hatten die Ankündigung als Staatsstreich gewertet. Zahlreiche Kabinettsmitglieder gingen ihm vor die Fahne, allen voran die bisherige Vizepräsidentin Dina Boluarte. Auf Twitter schrieb sie: «Das ist ein Putschversuch, der die politische und institutionelle Krise verschärft, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muss.»
Rechazo la decisión de Pedro Castillo de perpetrar el quiebre del orden constitucional con el cierre del Congreso. Se trata de un golpe de Estado que agrava la crisis política e institucional que la sociedad peruana tendrá que superar con estricto apego a la ley.
— Dina Boluarte Z. (@DinaErcilia) December 7, 2022
Noch am selben Tag wurde Pedro Castillo vom peruanischen Kongress abgesetzt und festgenommen. Der Vorwurf gegen ihn lautet: Rebellion.
Amtsübernahme durch Dina Boluarte
Nach dem Sturz von Pedro Castillo ist Dina Boluarte als neue Präsidentin vereidigt worden, so wie es die Verfassung vorsieht. Davor war sie die Vizepräsidentin des abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo sowie Ministerin für Entwicklung und soziale Inklusion. Die 60-jährige Juristin ist die erste Staatschefin in der Geschichte Perus.
Der Machtwechsel, der das Fass zum Überlaufen brachte
Der turbulente Machtwechsel fällt in eine sonst schon politisch unruhige Zeit. Dina Boluarte ist die sechste Präsidentin in nur fünf Jahren. Die peruanische Politik steckt im Korruptionssumpf. Die Präsidenten wechseln sich seit 1990 mit Korruptionsskandalen ab. Noch weniger Vertrauen hat die Bevölkerung in den Kongress, der auch als korrupt gilt. Dazu kommt die tiefe Spaltung des Landes: Die Kluft zwischen Arm und Reich ist gross.
Landesweite Proteste
In den ersten Tagen nach der Amtsenthebung kam es im ganzen südamerikanischen Land zu Protesten. Tausende Menschen fordern die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten sowie den Rücktritt von Dina Boluarte.
Einige Demonstranten erhoffen sich gar eine Auflösung des Parlaments, von dem sie sich ungerecht behandelt fühlen:
Castillos Anhänger
Im Juni 2021 gewann der Linkspolitiker Pedro Castillo die Stichwahl gegen den Rechtspopulistin Keiko Fujimori. Die Wahl fand inmitten der Corona-Pandemie statt, welche das Land noch stärker polarisierte. Peru verzeichnete einen drastischen Anstieg der Armut sowie eine der höchsten Sterblichkeitsraten weltweit.
Castillo wuchs in einer verarmten und analphabetischen Bauernfamilie auf und vertrat vor allem das ländliche Peru, welches meist in bitterer Armut lebt. Anthony Medina Rivas Plata, Politikwissenschaftler an der Katholischen Universität Santa María, erklärte seine Wahl damals so:
Landesweiter Ausnahmezustand
In den vergangenen Tagen sind die Proteste derart eskaliert, dass es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei kam. Dabei seien laut Eliana Revollar, Ombudsfrau für Menschenrechte, mehrere Menschen getötet worden, darunter zwei Minderjährige.
Als Antwort auf die zunehmend gewaltsamen Proteste verordnete die Regierung in Peru am 15. Dezember 2022 einen 30-tägigen Ausnahmezustand über das ganze Land. «Aufgrund von Vandalismus und Gewalt, der Beschlagnahme von Autobahnen und Strassen» habe die Regierung den Ausnahmezustand ausgerufen, erklärt der Verteidigungsminister Alberto Otárola.
Mit dem Ausnahmezustand übernimmt das Militär die öffentliche Sicherheit und einige Grundrechte wie etwa die Versammlungsfreiheit werden ausser Kraft gesetzt.
800 gestrandete Touristen
Um weitere Proteste zu verhindern, steht nun auch die einzige Zugverbindung, mit dem man die weltbekannten Inka-Stätte Machu Picchu erreicht, still. Rund 800 Touristen unterschiedlicher Nationalitäten stecken in der Tourismus-Region fest. Dies teilten die örtlichen Behörden mit. Man wolle nun versuchen, eine Luftbrücke einzurichten, um die Menschen zu evakuieren.
(mit Material der Nachrichtenagentur SDA)


