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Schottland: Ex-Regierungschefin Sturgeon wieder freigelassen

Schottische Ex-Regierungschefin Sturgeon kurzzeitig festgenommen

11.06.2023, 19:1511.06.2023, 20:37
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Wenige Monate nach ihrem Rücktritt als schottische Regierungschefin ist Nicola Sturgeon im Zuge von Ermittlungen zu den Finanzen der Regierungspartei SNP vorübergehend festgenommen worden. Die 52-Jährige wurde am Sonntag in Gewahrsam genommen und von Ermittlern als Verdächtige im Zusammenhang mit den laufenden Untersuchungen befragt, kam nach etwas mehr als sieben Stunden aber wieder auf freien Fuss. Formelle Anschuldigungen seien nicht gegen sie erhoben worden, die Ermittlungen dauerten aber weiter an, teilte die schottische Polizei am Sonntagabend mit.

epa10685443 (FILE) - Scottish National Party (SNP) leader Nicola Sturgeon joins candidates on the campaign trail at Clarke Fire Services, Coatbridge, Lanarkshire, Scotland, Britain, 09 December 2019 ( ...
Nicola SturgeonBild: keystone

In einer Erklärung beteuerte Sturgeon kurz darauf ihre Unschuld. Sich in der Situation wiederzufinden, in der sie sich am Sonntag befunden habe, sei sowohl ein Schock als auch zutiefst erschütternd, teilte die Ex-Regierungschefin am Abend auf Twitter mit. «Unschuld ist nicht nur eine Vermutung, die dir gesetzlich zusteht. Ich weiss ohne jeden Zweifel, dass ich in der Tat unschuldig bin», erklärte sie. Sie brauche nun ein oder zwei Tage, um die jüngsten Entwicklungen zu verarbeiten. Dann habe sie vor, bald zurück im Parlament zu sein, um ihren Wahlkreis weiter zu vertreten.

Eine Sprecherin der Politikerin hatte die Festnahme zuvor bestätigt und betont, Sturgeon habe stets klargemacht, dass sie bei den Ermittlungen kooperieren werde, wenn ihre Mitwirkung nötig sei. Dies werde sie weiterhin tun. Auch von Seiten der SNP hiess es, man kooperiere vollständig mit den Behörden.

Bei den seit Juli 2021 laufenden Ermittlungen geht es um eine mögliche Zweckentfremdung von Spenden in Höhe von knapp 667'000 Pfund (rund 780'000 Franken), die für die Unabhängigkeitskampagne der SNP vorgesehen waren. Sturgeon ist die dritte hochrangige Person, die zum Verhör musste: Bereits im April war zunächst ihr Ehemann Peter Murrell festgenommen worden, der lange Jahre für die Finanzen der SNP verantwortlich gewesen war. Zwei Wochen später wurde auch SNP-Schatzmeister Colin Beattie verhört. Er trat kurz darauf von seinem Amt zurück. Wie Sturgeon kamen beide später wieder frei, ohne dass Anschuldigungen gegen sie erhoben wurden. Die Behörden durchsuchten auch eine Reihe von Grundstücken, darunter das Haus von Sturgeon und Murrell sowie die Parteizentrale der SNP in Edinburgh.

Sturgeon, eine lautstarke Gegnerin des Brexits, wurde im Laufe ihrer Regierungszeit zum Gesicht der schottischen Unabhängigkeitsbewegung. Mitte Februar hatte sie nach mehr als acht Jahren überraschend ihren Rückzug von der Partei- und Regierungsspitze angekündigt. Damals gab es bereits Vorwürfe gegen ihren Ehemann. Sie beteuerte aber, nicht aus Druck zurückzutreten, sondern weil sie «mit Herz und Verstand» wisse, dass es der richtige Zeitpunkt dafür sei.

Neuer Partei- und Regierungschef ist seit Ende März Sturgeons 38 Jahre alter Vertrauter Humza Yousaf. Sturgeon ist weiterhin Abgeordnete für den Wahlkreis Glasgow Southside.

Politisch betrachtet bedeutet Sturgeons Festnahme einen schweren Schlag für die SNP. Yousaf habe versucht, den Fokus weg von Festnahmen und polizeilichen Ermittlungen und wieder hin zu Politik und Visionen der Partei zu richten, analysierte etwa BBC-Korrespondent Nick Eardley. Es sei unvermeidlich, dass sich Yousaf nun tagelang Fragen über die Festnahme und deren Bedeutung für die Partei gefallen lassen müsse. (sda/dpa)

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