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Parlamentspräsident in Grossbritannien rastet beinahe aus – weil Parlamentarier klatschen

Parlamentspräsident in Grossbritannien rastet beinahe aus – weil Parlamentarier klatschen

30.05.2015, 14:1730.05.2015, 18:31
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Immer, wenn politisch etwas von vermeintlich sehr grosser Tragweite passiert, etabliert sich für das jeweilige Geschehen ein Hashtag, der sich meist am «Watergate»-Abhörskandal der 70er-Jahren orientiert. So etwa beim #Stöckligate, als der Ständerat beim Falschzählen erwischt wurde. Oder denken wir an #Gerigate beim Nacktselfie-Skandal um Nationalrat Geri Müller.

Die Politik und ihre Berichterstattung lebt von Traditionen. Im britischen Unterhaus ist etwa Tradition, dass Abgeordnete nicht klatschen. Beifälle und Zwischenrufe sind verboten. In einem Bericht hielt die Regierung 1998 fest, dass die Qualität einer Rede ansonsten nach «der Länge des Beifalls anstatt des Inhalts» bewertet werde. Toleriert wird deshalb ein «Massenstöhnen» bzw. «Raunen».

Als diese Woche das britische Parlament erstmals nach der Wahl im Mai tagt, wissen offenbar nicht alle Parlamentarier von dieser Sitte. Vertreter der erstarkten Scottish National Party (SNP) klatschen, als ihr Parteikollege Angus Robertson eine flammende Rede hält.

Die wütende Reaktion des Parlamentspräsidenten («Speaker») John Bercow folgt umgehend: «Die Regel, dass wir in diesem Haus nicht klatschen, gibt es schon sehr, sehr, sehr lange.» In gewohnt britischer Höflichkeit fordert Bercow mit belehrendem Unterton die Abgeordnete dazu auf, diese zu befolgen. «Es geht um Respekt», begründet Bercow.

Auch in der Schweiz gibt es solche Gepflogenheiten, die je nach Nationalrats- beziehungsweise Ständeratspräsident unterschiedlich umgesetzt werden. Als besonders harte Debattenführerin galt die ehemalige CVP-Nationalrätin Chiara Simoneschi-Cortesi. Die «Basler Zeitung» bezeichnete sie deshalb als «Inquisitorin Simoneschi».

Sie belehrte SVP-Nationalrat Christoph Mörgerli, weil er das Wort «Dummheiten» in einer Rede verwendete. Auch SP-Präsident Christian Levrat musste sich schon ihre Leviten anhören.

Ein bisschen anders sieht beziehungsweise sah es in Deutschland aus. Dort wurden politische Debatten viel heftiger geführt. In die Geschichtsbücher gingen etwa die Diskussionen zwischen Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CSU) und Alt-Kommunist Herbert Wehner (SPD) ein.

Phoenix-Dokumentation «Das grosse Plaver»

(pma)

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