International
Grossbritannien

König Charles in Kenia: «Es kann keine Entschuldigung geben»

epa10951186 Britain's King Charles III delivers his speech during the State Banquet hosted by Kenyan President Ruto at the State House in Nairobi, Kenya, 31 October 2023. King Charles is in Kenya ...
Bild: keystone

König Charles in Kenia: «Es kann keine Entschuldigung geben»

31.10.2023, 21:5331.10.2023, 21:53
Mehr «International»

Sorgenvoll wirkte der Blick des britischen Königs Charles III., als er einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten in der kenianischen Hauptstadt Nairobi niederlegte. Charles (74) und seine Frau Königin Camilla (76) wurden am Dienstag von Kenias Präsident William Ruto und First Lady Rachel zum Auftakt einer mehrtägigen Reise mit militärischen Ehren empfangen.

Es ist der erste Besuch der beiden in einem Land des Commonwealth seit Charles' Thronbesteigung im vergangenen Jahr. Anlass der Reise ist der 60. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes vom britischen Empire, doch das ist nicht nur ein Grund zum Feiern. Die teils brutale Vergangenheit des britischen Empires ist in Kenia nicht vergessen und wirft einen Schatten auf den Besuch. Charles sieht sich mit Forderungen nach einer Entschuldigung konfrontiert.

Vielleicht ist es das, was Charles Falten auf die Stirn trieb. Den König lässt das im Namen seines Landes begangene Unrecht nicht kalt, wie der Palast bereits bei Ankündigung der Reise deutlich machte.

Verfehlungen der Vergangenehit

«Wir müssen auch die schmerzvollsten Zeiten unserer langen und komplexen Beziehung anerkennen», sagte Charles nun am Dienstagabend nach Angaben des Palasts bei einem Staatsbankett. Die Verfehlungen der Vergangenheit seien Grund für grössten Kummer und tiefstes Bedauern. «Es wurden abscheuliche und nicht zu rechtfertigende Gewalttaten an Kenianern begangen, die - wie Sie bei den Vereinten Nationen gesagt haben -, einen schwierigen Kampf für Unabhängigkeit und Souveränität geführt haben», sagte Charles der Mitteilung zufolge. «Und dafür kann es keine Entschuldigung geben.»

Britain's King Charles III, center, arrives at City Shamba, an urban farming project at Mama Lucy Hospital in Nairobi, Tuesday, Oct. 31, 2023. King Charles is in Kenya for a four-day trip, his fi ...
König Charles III. (Mitte) trifft am 31. Oktober 2023 in City Shamba ein, einem städtischen Landwirtschaftsprojekt im Mama Lucy Hospital in Nairobi.Bild: keystone

Bei seinem Besuch in Kenia sei es ihm nun äusserst wichtig, noch mehr über dieses Unrecht zu erfahren und Menschen zu treffen, deren Leben und Gemeinschaften so schwer betroffen gewesen seien, sagte Charles. Bereits vorab war vermutet worden, dass es eine ausdrückliche Entschuldigung wohl nicht geben würde - schon deswegen, weil Charles im Auftrag der britischen Regierung unterwegs ist - und die konnte sich bisher nicht zu einer Entschuldigung durchringen.

Kenianer hatten im Vorfeld des Besuchs zahlreiche Forderungen an das Königshaus erhoben. Die nationale Menschenrechtskommission drang erneut auf die Rückgabe des Schädels und der Kleidung des Anführers des Nandi-Volkes, Koitalel Arap Samoei, der den Widerstand der Nandi gegen die britische Kolonialherrschaft anführte und 1905 getötet wurde.

63 Milliarden Euro Reparationen

Zudem forderten Stammesälteste der ethnischen Gruppe Pokot Reparationen in Höhe von rund 63 Milliarden Euro für die Tötung von knapp 2000 Menschen in der Stadt Kepenguria und umliegenden Gemeinden im Nordwesten Kenias sowie für die unrechtmässige Verhaftung zahlreicher weiterer Widerständler.

Freiheitskämpfer der ehemaligen Rebellengruppe Mau-Mau verlangen Informationen zum Verbleib der Leiche ihres Anführers Dedan Kimathi, einer der bedeutendsten Freiheitskämpfer Kenias, der 1957 hingerichtet und an einem unbekannten Ort begraben wurde. Die frühere kenianische Justizministerin und Menschenrechtlerin Martha Karua (2005-2009) betonte: «Wir erwarten eine eindeutige Entschuldigung [von König Charles]. Sonst ist der Besuch bedeutungslos.»

epa10951390 Kenyan social activists shout slogans in their undisclosed operation office after being dispersed outside by police as they put up a banner reading 'We want Kimathi?s Remains Now!&#03 ...
Kenianische Freiheitskämpfer fordern Informationen zum Verbleib der Leiche ihres Anführers Dedan Kimathi. Bild: keystone

Die Regierung in London dürfte hingegen darauf setzen, dass Charles und Camilla die Kenianer mit einer royalen Charme-Offensive besänftigen können. Dazu dürften Bilder wie vom demütigen Besuch am Grab des unbekannten Soldaten und mit jubelnden Schülerinnen und Schülern an einem Ausbildungszentrum von Charles' Stiftung Prince's Trust beitragen.

Bei den Gesprächen des Königs in Kenia dürfte es auch um Themen wie die Zusammenarbeit der beiden Länder beim Kampf gegen den Klimawandel, die Förderung von jungen Menschen und die politische Stabilität in der Region gehen. Vor allem der Klimaschutz liegt Charles am Herzen. Sein Flugzeug sei auf ausdrücklichen Wunsch des Königs mit 40 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betankt worden, meldete die britische Nachrichtenagentur PA. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Knüppel, Tritte, Schüsse: Polizeigewalt in Kenia
1 / 11
Knüppel, Tritte, Schüsse: Polizeigewalt in Kenia
Ein Protest mündet in einer Prügelorgie: Polizisten attackieren Oppositionelle mit Knüppeln ...
quelle: ap/ap / ben curtis
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Mountainbiker treffen in Schottland auf einsamen Wanderer – es ist der König
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ModeMode2
31.10.2023 22:21registriert September 2023
Es geht nicht darum sich zu entschuldigen sondern um Verzeihung zu bitten
285
Melden
Zum Kommentar
17
    Südkorea bekommt dritten Übergangspräsidenten binnen weniger Stunden

    Südkoreas Übergangspräsident Choi Sang Mok ist seinen Posten nach nur wenigen Stunden schon wieder los. Der bisherige Finanzminister war infolge mehrerer Wechsel an der Regierungsspitze gerade erst als Interims-Staatschef vereidigt worden, da gab er schon wieder auf: Nachdem die Opposition im Parlament seine Amtsenthebung zur Abstimmung bringen wollte, kam Choi dem Votum mit einem gegen Mitternacht verkündeten Rücktritt zuvor. Auf ihn folgte Bildungsminister Lee Ju Ho als neuer Übergangspräsident.

    Zur Story