Eine Woche nach dem deutlichen Wahlerfolg der Demokratie-Bewegung ist es in Hongkong erneut zu Protesten und vereinzelten Ausschreitungen gekommen. Nach einem Zeitungsbericht verwüsteten radikale Demonstranten einige Geschäfte und Restaurants.
Wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtete, zog am Sonntag ein Protestmarsch mit Tausenden Menschen durch Hongkong. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein, die die Beamten demnach mit Objekten beworfen haben sollen.
Zu vereinzelten Ausschreitungen war es bereits am Samstagabend gekommen, als rund 200 Demonstranten nach einem zunächst friedlichen Protest eine Strassenblockade errichten. Zudem wurde der Eingang einer U-Bahn-Station in Brand gesetzt.
Die neuen Proteste am Wochenende beendeten eine Phase von annähernd zwei Wochen, in der es rund um die Bezirksratswahlen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion verhältnismässig ruhig geblieben war. Bei den Wahlen am vergangenen Sonntag hatte Hongkongs Demokratie-Bewegung einen überraschend deutlichen Sieg errungen. Das regierungsfreundliche Lager verlor die Kontrolle in 17 von 18 Bezirksräten.
Trotz ihrer Wahlschlappe machte Hongkongs umstrittene Regierungschefin Carrie Lam danach keine Zugeständnisse an die Protestbewegung. Die 62-Jährige kündigte nur an, den Dialog mit dem Volk fortsetzen zu wollen. Dafür müsse es aber weiter friedlich sein.
Auf die Forderungen ihrer Kritiker und des demokratischen Lagers ging Lam nicht ein. Beobachter gehen davon aus, dass sich die Proteste deshalb fortsetzen werden. Die Protestbewegung fordert unter anderem den Rücktritt von Carrie Lam, freie Wahlen und eine unabhängige Untersuchung in Polizeigewalt bei den Protesten.
Der Protestmarsch am Sonntag begann in der Nähe der Polytechnischen Universität. Auf dem Campus der Hochschule war es vor zwei Wochen zu schweren Zusammenstössen gekommen. Über Tage belagerte die Polizei danach das Gelände, auf dem sich Dutzende Demonstranten versteckten. Die Blockade der Polizei endete am Freitag. Seit Beginn der Proteste vor fast sechs Monaten wurden laut Angaben der «South China Morning Post» annähernd 6000 Demonstranten festgenommen.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» unter Chinas Souveränität autonom regiert. Anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik geniessen die sieben Millionen Hongkonger weitgehende Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Jetzt befürchten sie aber, dass ihre Freiheiten zunehmend eingeschränkt werden. (viw/sda/dpa)