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Iran

Protest in Unterwäsche: Studentin im Iran festgenommen

Iranische Studentin protestiert in Unterwäsche gegen Mullahs – Konsequenzen unklar

Im Iran hat sich eine Studentin Berichten zufolge nach einer Konfrontation mit Ordnungskräften aus Protest bis auf die Unterwäsche ausgezogen.
02.11.2024, 19:1803.11.2024, 05:49
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Die Frau konnte einige Minuten herumlaufen, bevor sie in einen Van gezerrt und weggebracht wurde.
Die Frau konnte einige Minuten herumlaufen, bevor sie in einen Van gezerrt und weggebracht wurde.bild: x.com

Der Vorfall ereignete sich laut der Menschenrechtsorganisation Hengaw an der privaten Asad-Universität in der Hauptstadt Teheran. Demnach soll zuvor das Wachpersonal auf dem Campus nach einem Streit ihre Kleidung zerrissen haben. In den sozialen Medien kursierte ein Video, das die junge Frau mit verschränkten Armen in BH und Unterhose auf und ab schreitend zeigt.

In der Islamischen Republik Iran gelten strenge Kleidungsvorschriften, die von der jungen Generation zunehmend offensiv ignoriert werden. Ihre Einhaltung wird zudem von sogenannten Sittenwächtern überprüft. Seit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 widersetzen sich viele Frauen in den Metropolen etwa der Kopftuchpflicht. Ein Fall wie dieser, bei dem sich eine Frau bis auf die Unterwäsche entkleidet, war bislang nicht bekannt.

Regierungsnahe Medien sprechen von «psychischen Problemen»

Regierungsnahe Medien berichteten, der Sicherheitsdienst der Universität habe die Studentin an die Polizei übergeben. Sie wiesen die Darstellung in den sozialen Medien zurück und sprachen von «psychischen Problemen» der jungen Frau. Der Vorfall werde untersucht, hiess es weiter. Ihre Privatsphäre müsse respektiert werden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte ihre sofortige Freilassung.

Ein iranischer Studentenverband berichtete, dass die Frau in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden sein soll. Auf einem von der Gruppe auf Telegram veröffentlichten Video ist zu sehen, wie die Studentin in ein Fahrzeug gezerrt wird.

Irans berüchtigte Sittenwächter hatten zu Jahresbeginn ihre Patrouillen in den Grossstädten wieder verstärkt. In mehreren Fällen wurde von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die sich den Kontrollen widersetzten, sowie von Festnahmen berichtet. Der neue, konservativ-moderate Präsident Massud Peseschkian hatte im Wahlkampf versprochen, dieses Thema anzugehen. Kritikern zufolge hat sich der Kurs der Polizei jedoch bislang kaum verändert. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. (sda/dpa)

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106 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Swen Goldpreis
02.11.2024 19:39registriert April 2019
Die Behörden haben recht: "Psychische Probleme" scheint mir hier ein sehr akurater Befund zu sein.

Und nein, nicht für die Studentin, sondern für das Regime, das panische Angst vor Haut und Haaren hat.
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Walter Sahli
02.11.2024 19:47registriert März 2014
Die iranische Bevölkerung sollte Jagd auf die Sittenwächter-innen machen, genauso wie diese Jagd auf Frauen und Mädchen macht.
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Der Micha
02.11.2024 19:47registriert Februar 2021
Ich sehe die "Psychische Probleme" eher bei der iranischen Regierung und dessen Ordnungshüter als bei der Dame. Leider muss man Angst haben, dass sie es nicht überleben wird.
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