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Was die neuen Rüstungspläne für die Ukraine bedeuten könnten

President Donald Trump, right, speaks with Germany's Chancellor Friedrich Merz prior to a plenary session at the NATO summit in The Hague, Netherlands, Wednesday, June 25, 2025. (AP Photo/Matthia ...
Der Präsident lässt sich Hintertüren offen: Friedrich Merz und Donald Trump, hier am Nato-Gipfel in Den Haag (25. Juni).Bild: keystone

Was die neuen Rüstungspläne für die Ukraine bedeuten könnten

Der US-Präsident will die Ukraine militärisch ertüchtigen, ohne eine Eskalation zu riskieren. Den Europäern kommt dabei die Rolle des Lieferanten und Zahlmeisters zu. Ob die Raketensysteme vom Typ Patriot das Kriegsglück wenden können, ist fraglich.
15.07.2025, 19:3715.07.2025, 19:37
Hansjörg Friedrich Müller / ch media
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Als Friedrich Merz vor einigen Wochen Donald Trump besuchte, waren deutsche Medien voll des Lobes. Dass der amerikanische Präsident den Kanzler nicht öffentlich schurigelte, sondern ihm über weite Strecken eine Statistenrolle zuwies, wurde bereits als grosser Erfolg gewertet.

Dabei dürfte die glimpfliche Behandlung, die sein Gastgeber ihm zuteilwerden liess, auch Merz’ Amt geschuldet gewesen sein: Deutschland bringt nun einmal ein anderes politisches Gewicht auf die Waage als Südafrika oder die Ukraine; auch Keir Starmer und Emmanuel Macron verliessen das Oval Office schliesslich ohne nennenswerte Blessuren.

Trump könnte ein unsicherer Kantonist bleiben

Nun wird Merz abermals dafür gelobt, Trump einen Erfolg abgetrotzt zu haben: Dass der amerikanische Präsident am Montag angekündigt hat, der Ukraine zahlreiche Waffen, darunter weitreichende Raketenwerfer, zukommen zu lassen, gilt nicht zuletzt als Verdienst des Kanzlers, der anders als Trump seit langem als überzeugter Unterstützer Kiews auftritt.

Dabei könnten Deutschland, weitere europäische Länder und Kanada für den amerikanischen Präsidenten eine wichtige Funktion erfüllen: Er müsste die Waffen nicht selbst an die Ukraine liefern, sondern lediglich den Europäern und Kanadiern das ersetzen, was diese den Ukrainern zur Verfügung stellen würden. Und die Verbündeten würden die Rechnung begleichen. So wäre Trumps Sinneswandel für seine isolationistischen Anhänger wohl etwas leichter zu verdauen.

Die Amerikaner könnten den Ukrainern somit dabei helfen, sich zu verteidigen, ohne gleich eine Eskalation mit Moskau zu riskieren; vor allem Merz würde gegenüber Putin die Rolle des «bad cop» einnehmen, während Trump bei Bedarf auch wieder den «good cop» geben könnte.

Dass er sich derlei Hintertüren offenlässt, nährt zumindest leise Zweifel daran, ob Trumps Ankündigung vom Montag wirklich der grosse Kurswechsel ist, den die Freunde der Ukraine gern darin sehen würden. Berechenbar ist bei ihm ohnehin nur eines: seine Unberechenbarkeit.

Die Waffensysteme sind kein Allheilmittel

Mit den Flugabwehrraketen-Systemen vom Typ Patriot, die Deutschland, aber auch Norwegen der Ukraine im Rahmen eines Ringtauschs mit den Amerikanern liefern könnten, könnte sich die Ukraine besser gegen russische Raketenangriffe verteidigen.

Als Allheilmittel sollte man die Systeme aber wohl nicht betrachten: Derzeit hält Russland die ukrainische Luftabwehr auf Trab, indem es mit einer Unzahl von Drohnen angreift; über 5000 sollen es allein im Juni gewesen sein. Durch Raketen, die jeweils über eine Million Dollar kosten, lassen sich die preisgünstigen Drohnen kaum effizient bekämpfen.

epa12238064 US Secretary of Defense Pete Hegseth waits for the arrival of German Minister of Defense Boris Pistorius at the Pentagon in Arlington, Virginia, USA, 14 July 2025. The two Defense chiefs a ...
Europa bleibt von Amerika abhängig: der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein amerikanischer Amtskollege Pete Hegseth am Montag in Washington.Bild: keystone

Ein Vorteil der Patriots besteht darin, dass die Europäer schnell liefern könnten. Details müssten aber noch geklärt werden, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius am Montag bei einem Besuch bei seinem amerikanischen Amtskollegen Pete Hegseth. Sein Land könne zwei Patriot-Systeme liefern, erklärte Pistorius. Mehr sei nicht möglich, da die Bundesrepublik sonst nicht mehr verteidigungsfähig wäre.

Die Amerikaner sitzen am längeren Hebel

Auch sonst wurde bei Pistorius’ Besuch wieder einmal augenfällig, wie abhängig von den USA Europa in der Waffentechnik noch immer ist: Berlin wolle den Amerikanern Raketenwerfer vom Typ Typhon abkaufen, die Ziele in 2000 Kilometer Entfernung erreichen könnten, gab der Minister bekannt. Derart weitreichende Waffen besitzt Deutschland bisher nicht – und bis entsprechende europäische Pendants die amerikanischen Systeme ersetzen könnten, würden noch einmal sieben bis zehn Jahre vergehen.

Die Typhon-Raketenwerfer wären für die Abschreckung wichtig, könnte Deutschland damit doch Ziele in Russland erreichen, womit ein Gleichgewicht des Schreckens zwischen beiden Ländern hergestellt wäre.

Ob die Amerikaner nächstes Jahr eigene Mittelstreckenraketen in Deutschland stationieren werden, wie der damalige Präsident Joe Biden im Sommer 2024 dem damaligen Kanzler Olaf Scholz versprochen hat, ist derweil weiterhin offen. Auch hier sitzt Donald Trump am längeren Hebel als Washingtons europäische Verbündete. (aargauerzeitung.ch)

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quelle: keystone / clemens bilan
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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FrancoL
15.07.2025 19:56registriert November 2015
Ich fasse es einmal etwas populistisch zusammen:
Es geht fast um Alles nur nicht wirklich um die Ukraine so zu unterstützen, dass sie die Russen aus ihrem Land werfen kann.
Die Ukraine hat wieder die A-Karte gezogen.

Ich finde es widerlich und verantwortungslos was da abgeht.
9711
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Amadeus
15.07.2025 21:13registriert September 2015
Könnten wir BITTE aufhören mit Kaffeesatz lesen was Trump meinen könnte. Der hat morgen bereits wieder vergessen was er heute sagt.
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Sisyphus
15.07.2025 21:05registriert Dezember 2021
Es ist wirklich beeindruckend, wie gut Merz mit Trump verhandelt hat. Merz darf jetzt zwei Patriot-Systeme aus den eigenen Beständen an die Ukraine liefern und diese beiden Systeme wieder bei den USA zu einem von Trump bestimmten Preis kaufen. Trump wird sie ihm auch irgendwann liefern, wenn er wieder genügend davon auf Lager hat.
2010
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