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Iran

Neues Kopftuchgesetz im Iran sorgt landesweit für Empörung

A woman talks on her phone as she crosses a street around the old main bazaar of Tehran, Iran, Saturday, Oct. 19, 2024. (AP Photo/Vahid Salemi)
Eine Frau läuft in Teheran über die Strasse. Das Parlament in Teheran soll demnächst über ein neues Kopftuchgesetz bestimmen.Bild: AP

Neues Kopftuchgesetz im Iran sorgt landesweit für Empörung

01.12.2024, 22:2502.12.2024, 09:57
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Im Iran sorgt das neue Kopftuchgesetz landesweit für Empörung, Wut und auch Kopfschütteln. Frauen drohen bei Nichtbeachtung der Verschleierungspflicht unter anderem hohe Geldstrafen, die Verweigerung von öffentlichen Dienstleistungen, Ausreisesperren und im Extremfall auch Haftstrafen, wie aus dem Gesetzestext hervorgeht, den mehrere Medien veröffentlichten. Auch Läden und Restaurants, deren Kundinnen die Kopftuchpflicht nicht berücksichtigen, sollen geschlossen werden, Taxifahrern droht demnach ein Fahrerlaubnisentzug. Das Parlament in Teheran soll das Gesetz demnächst offiziell verabschieden.

In den sozialen Medien wurde das neue Gesetz als eine «Kriegserklärung» gegen die Frauen im Land bezeichnet und scharf verurteilt. Das Parlament wolle das Land in ein grosses Gefängnis verwandeln, schrieben Nutzer und verglichen das islamische Klerussystem mit der islamistischen Taliban-Regierung in Afghanistan.

Kritik gibt es sogar von einem Berater des obersten Führers Ali Chamenei. «Wir brauchen kein solches Gesetz, sondern höchstens kulturelle Überzeugungsarbeit», sagte Ali Laridschani. Auch der ehemalige Regierungssprecher Abdollah Ramesansadeh bezeichnete das Gesetz auf X als drakonisch und schrieb, dass solche repressiven Massnahmen nur zu mehr Unmut innerhalb der Gesellschaft führen würden.

Beobachter rechnen mit strengem Vorgehen der Sittenwächter

Nach Einschätzung von Beobachtern werden die meisten Frauen das Gesetz ignorieren. Daher rechnen sie mit strengen Einsätzen der Sittenwächter, die zu erneuten Protesten und Unruhen führen könnten.

Am 13. Dezember wird das Gesetz zur Umsetzung an die entsprechenden Behörden weitergeleitet. Der als moderat geltende Präsident Massud Peseschkian zeigte sich diesbezüglich bislang kritisch und hatte in der Vergangenheit den Frauen sogar versprochen, die Kontrollen der Sittenwächter zu stoppen. Er könnte noch ein Veto einlegen, um die Umsetzung zumindest zu verzögern oder Änderungen durchzubekommen. Ob er damit Erfolg haben könnte, ist unklar.

Im Iran müssen Frauen ihre Haare und Körperkonturen verbergen. Besonders seit der Frauenbewegung im September 2022 wird diese islamische Vorschrift von den Frauen weitgehend ignoriert. Auslöser der Proteste war damals der Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini. Weil unter ihrem Kopftuch ein paar Haarsträhnen zu sehen waren, wurde sie von der Sittenpolizei verhaftet und starb in Polizeigewahrsam. (sda/dpa)

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kommissar Rizzo
02.12.2024 01:15registriert Mai 2021
Regime, die solche Regeln einführen müssen, sind eigentlich am Ende. Sie wissen es nur (vielleicht) noch nicht.
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Kukei
02.12.2024 00:58registriert Dezember 2019
Eine klares Zeichen, dass die Macht der Regierung schwindet. Nun müssen sie ihr Volk straffer führen, noch mehr kontrollieren, bedrohen, bestrafen, bevormunden.
Das wird von kurzer Dauer sein - Khamenei ist alt und krank. Die Gelegenheit wird kommen.
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Hinweisgeber
02.12.2024 05:26registriert Januar 2021
Wo sind die Namen der Sittenwächter?
Die Geheimdienste müssen diese benennen und Politiker der Demokratie Einreisesperren und Haftbefehle erlassen und zwar für alle auch deren Familien. Macht endlich Ernst mit den Wertehaltung, auch wenn es Symbolpolitik ist. Gar nichts tun und nichts sagen, bringt nichts!
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