Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Falludscha ist eine nicht sehr grosse Stadt in der irakischen Provinz Anbar. Trotz dem erfolgreichen Feldzug gegen das Regime von Saddam Hussein gelang es Al-Kaida-Kämpfern in der Stadt, Fuss zu fassen und Angst und Schrecken zu verbreiten. 2004 beschloss das US-Oberkommando die Operation «Phantom Fury» zu starten. Eine Streitmacht von mehr als 13'000 Soldaten – Amerikaner, Briten und Iraker – machten sich daran, Falludscha zurückzuerobern.
Der Aufwand war gigantisch: Um 500 Al-Kaida-Kämpfer zu vertreiben, mussten sich die Alliierten während Wochen in einen gefährlichen und aufwändigen Kampf um jedes Haus einlassen. 107 Soldaten verloren dabei ihr Leben, 95 davon Amerikaner. Der Aufwand war weitgehend nutzlos. Zehn Jahre später war Falludscha eine der ersten Städte, die in die Hände des «IS» fielen.
«Die Schlacht um Falludscha ist ein Mahnmal für alle westlichen Regierungen bei ihrem Versuch, die militärischen Anstrengungen gegen die Terroristen zu verstärken», stellt die «Financial Times» fest. Die Forderung nach Bodentruppen ist schnell gestellt, aber sehr schwer einzulösen.
Das zeigt derzeit auch das Beispiel von Ramadi. Seit Monaten versuchen rund 10'000 Mann der regulären irakischen Armee mit US-Luftunterstützung die Stadt vom «IS» zu befreien. Sie kommen kaum voran. Und auch das wäre bloss ein Teilerfolg.
Um den «IS» wirksam zu treffen, müsste er auch aus Tikrit und Mosul vertrieben werden, ebenso aus den besetzten Städten in Syrien. Diesen Aufwand werden die US-Truppen nicht auf sich nehmen. Mehr als eine Zusage für ein bescheidenes Aufstocken der Luftangriffe konnte daher der französische Präsident François Hollande bei seinem Besuch in Washington US-Präsident Barack Obama nicht entlocken.
Die Koalition gegen den «IS», die sich Hollande erhofft, ist Wunschdenken. Dazu sind die Interessen der einzelnen Länder zu unterschiedlich. Das hat der Abschuss des russischen Kampfjets durch die türkische Luftabwehr gezeigt.
Wladimir Putin setzt nach wie vor alles daran, das Regime von Bashar al-Assad an der Macht zu halten. Deshalb haben russische Flugzeuge auch Dörfer mit türkischstämmiger Bevölkerung im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei bombardiert. Die Russen vermuten dort Oppositionelle gegen das Assad-Regime, die nicht dem «IS» angehören.
Die Russen haben mit diesem Vorgehen in ein Wespennest gestochen. «Die Türkei schäumt innerlich vor Wut, seit die Russen ihre militärische Operation gegen Syrien begonnen haben», stellt die «New York Times» fest.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mag im Geist ein Seelenverwandter Putins sein, in der Sache hat er völlig andere Interessen. Soner Cagaptay, Türkei-Experte im Washingtoner Institute for Near East Policy, erklärt: «Die aggressive türkische Haltung im syrischen Bürgerkrieg hat zum Ziel, eine Niederlage der von der Türkei unterstützten Rebellen zu verhindern.»
Die Türkei ist Mitglied der Nato. Sollte also der Konflikt zwischen der Türkei und Russland eskalieren, dann könnten die Dinge sehr rasch ausser Kontrolle geraten. Die USA haben deshalb alles Interesse daran, den Konflikt zu deeskalieren, zumal sie kaum wirtschaftliche Interessen im Gebiet haben.
Kommt dazu, dass die militärische Bedeutung des «IS» nebensächlich ist. Mit Selbstmordattentaten können die Terroristen kurzfristig Angst und Schrecken verbreiten und grosse Emotionen auslösen. Sie sind jedoch weit entfernt davon, eine ernsthafte militärische Bedrohung darzustellen.
Falludscha hat gezeigt, dass eine massive Militäroperation des Westens mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Das alte Vorurteil des Imperialisten wird so bestätigt und die Solidarität mit den Rebellen gestärkt. Oder wie der Harvard-Politologe Stephen M. Walt im Magazin «Foreign Affairs» schreibt: «Aggressive Anstrengungen, den ‹IS› zu zerstören, könnten ihm helfen zu überleben, besonders dann, wenn die USA die Führung übernehmen.»