So harmlos und in akzenfreiem Englisch hört sich das Radioprogramm «Al Bayan» (arabisch «Stellungnahme») des Islamischen Staats (IS) an. Auch der «Blick auf die wichtigsten Schlagzeilen» tönt, als käme er direkt aus dem Studio eines öffentlich-rechtlichen Senders. Das ist gewollt: Die Terrorgruppe sieht sich als souveräner Staat und schmückt sich gern mit entsprechenden Insignien.
Beim Inhalt der «Nachrichten», die zur IS-Hymne im Hintergrund verlesen werden, enden dann aber die Ähnlichkeiten: Selbstmordattentate («möge Gott ihn als Märtyrer aufnehmen»), Exekutionen von Spionen und die Zahl getöteter Feinde.
Auch Angriffe des Feindes werden vermeldet – im Unterschied zu den eigenen aber immer mit Angaben zu zivilen Opfern. So zum Beispiel bei einem Luftangriff auf die irakische Stadt Falludscha, bei dem «mehrere Muslime, darunter Kinder» ums Leben kamen und «muslimisches Eigentum» zerstört wurde.
Weiter fällt die häufige Verwendung des Worts «Wilayat» auf, ein in der arabischen Welt verbreiteter Begriff für Verwaltungsbezirke. Darunter fallen aus IS-Optik Gebiete ausserhalb ihres Territoriums in Syrien und im Irak, in denen sie aktiv sind, zum Beispiel «Wilayat Tarabulus» («Tripolis»), in Libyen.
«Al Bayan», das über Twitter und andere soziale Medien vebreitet wird, begann im April 2015 zu senden. Die «Washington Post» kommt resigniert zum Schluss, dass der Westen den Propagandakrieg gegen die Terroristen verliert. (kri)