Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Korruptionsvorwürfe gegen ihn erstmals offiziell vor Gericht zurückgewiesen. Fast neun Monate nach Beginn seines Prozesses erschien der 71-Jährige am Montag wieder vor dem Jerusalemer Bezirksgericht.
In Begleitung seiner Anwälte kam er am Morgen in den Gerichtssaal und trug dabei wegen der Corona-Pandemie eine schwarze Maske. Es ist das erste Mal in Israels Geschichte, dass ein amtierender Ministerpräsident vor Gericht steht. Netanjahu will sich in sechs Wochen erneut zur Wahl stellen.
Während der Sitzung bestritt Netanjahu erneut die Vorwürfe des Betrugs, der Untreue und Bestechlichkeit. Er hatte Polizei und Staatsanwaltschaft zuvor vorgeworfen, sie hätten die Anklage gegen ihn «fabriziert». Netanjahu nahm etwa zwanzig Minuten an der Sitzung teil.
Netanjahus Anwalt sprach anschliessend in einer langen Rede von angeblichen Verfahrensfehlern. Er warf der Polizei vor, ohne schriftliche Genehmigung des Generalstaatsanwalts Ermittlungen gegen den Regierungschef aufgenommen zu haben. Die Vertreterin der Anklage wies dies zurück. Es sei alles schriftlich protokolliert worden.
Nach rund vier Stunden beendete das Gericht den Sitzungstag. Eine Entscheidung über eine Verschiebung des Beginns der Zeugenbefragungen fiel zunächst nicht. Nach israelischen Medienberichten drang die Verteidigung auf eine Verschiebung um mindestens drei Monate.
Vor dem Bezirksgericht in Jerusalem demonstrierten Dutzende Gegner Netanjahus lautstark. Er selbst hatte seine Anhänger aufgefordert, wegen der Pandemie nicht zu kommen, daher kamen nur vereinzelt Unterstützer. Einer der Gegner trug Häftlingskleidung und eine Netanjahu-Maske. Eine Gruppe von Demonstranten war als Strassenfeger verkleidet, die symbolisch die Strasse von Korruption reinigte. «Bibi go home», riefen die Gegner immer wieder in Sprechchören. Bibi ist Netanjahus Spitzname.
Die Sitzung sollte ursprünglich bereits im Januar stattfinden, wurde jedoch wegen eines Corona-Lockdowns verschoben. Parlamentspräsident Jariv Levin forderte vor der neuen Sitzung, die Beweisaufnahme im Prozess gegen Netanjahu bis nach der Parlamentswahl am 23. März zu verschieben. Anderenfalls drohe eine «Einmischung der Justiz in den Wahlprozess», sagte Levin, Mitglied von Netanjahus rechtskonservativer Likud-Partei, nach Medienberichten. Israel wählt bereits zum vierten Mal binnen zwei Jahren. (sda/dpa)