Nach dem Zugunglück in Süditalien vom Dienstag mit mindestens 27 Toten ist die Suche nach Schuldigen im vollen Gang. Die Staatsanwaltschaft in der Stadt Trani ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gegen unbekannt.
Der italienische Regierungschef Matteo Renzi versprach am Abend bei einem Besuch am Unglücksort eine vollständige Aufklärung. Verkehrsminister Graziano Delrio werde dem Parlament schon am Mittwoch über das Zugunglück berichten. Präsident Sergio Mattarella sprach in einer ersten Reaktion von einer «unannehmbaren Katastrophe» und forderte eine rasche Aufklärung der Unglücksursache.
Zwei Züge waren mit hoher Geschwindigkeit auf eingleisiger Strecke nördlich von Bari zusammengeprallt. Etwa 50 Menschen wurden nach Medienangaben verletzt, darunter auch Kinder. Informationen über Schweizer Opfer liegen dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten nach dessen Angaben nicht vor. Abklärungen seien noch im Gang.
Ermittelt wird in Italien, ob es sich um menschliches Versagen handelt. Aber auch ein technisches Problem wird nicht ausgeschlossen. Aufschluss soll die Blackbox der Züge geben.
Ein geplanter Ausbau der Strecke auf zwei Gleise war erst kürzlich wegen Finanzierungsproblemen verschoben worden. Die Zeitung «La Stampa» berichtete im Internet, dass der seit Jahren geplante Ausbau ursprünglich schon im Jahr 2015 hätte abgeschlossen sein sollen.
Unklar war, wie viele Menschen in den Regionalzügen waren, die von einem privaten Unternehmen betrieben wurden. Nach Angaben des Betreibers Ferrotramviaria waren die Züge mit etwa 100 Kilometern pro Stunde unterwegs, als sie an einer Kurve zusammenprallten. Die Helfer arbeiten bis in die Nacht, um Opfer aus den Trümmern zu bergen.
Das Unglück hatte Entsetzen, Wut, aber auch eine Welle der Solidarität in Italien ausgelöst. Auch Papst Franziskus sprach den Angehörigen sein Beileid aus.
Einem Blutspendeaufruf folgten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Bewohner der Region Apulien, vor den Blutspendezentralen bildeten sich lange Schlangen. «Alle wollen Blutspenden», schrieb das Spital Bari unter einem auf Facebook veröffentlichten Foto von wartenden Spendern.
In sozialen Netzwerken wurde zum Teil vernichtende Kritik an den Behörden geübt. «Wir sind ein Dritt-Welt-Land», schrieb ein Nutzer laut «Stampa». Andere kritisierten, dass Milliardenbeträge für den Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken ausgegeben würden, für den zweigleisigen Ausbau der süditalienischen Pendlerstrecke aber kein Geld vorhanden gewesen sei. (cma/sda/apa/dpa)