International
Julian Assange

Grossbritannien genehmigt Auslieferung von Assange an die USA

Grossbritannien genehmigt Auslieferung von Assange an die USA

17.06.2022, 11:5617.06.2022, 14:04
Mehr «International»
FILE - WikiLeaks founder Julian Assange greets supporters from a balcony of the Ecuadorian embassy in London, May 19, 2017. Britain
Julian Assange kann ausgeliefert werden.Bild: keystone

Schwerer Rückschlag für Julian Assange: Grossbritannien hat nach jahrelangem Hin und Her die Auslieferung des Wikileaks-Gründers an die USA genehmigt.

Die konservative Innenministerin Priti Patel unterschrieb dazu eine entsprechende Verfügung, wie ihr Ministerium am Freitag in London mitteilte. Der Gründer der Enthüllungsplattform wehrt sich schon seit mehr zehn Jahren dagegen, dass er den Vereinigten Staaten überstellt wird. Seit 2019 sitzt der 50-Jährige in London im Gefängnis. Wikileaks kündigte an, erneut vor Gericht zu ziehen.

Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem Australier drohen bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Ihm wird vorgeworfen, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Seine Anwälte argumentieren, dass überhaupt niemand zu Schaden gekommen sei. Unterstützer sehen in Assange einen mutigen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte und an dem nun ein Exempel statuiert werden solle.

Ein Sprecher des Innenmisteriums begründete die Entscheidung mit den Worten: «Britische Gerichte haben in diesem Fall nicht festgestellt, dass es repressiv, ungerecht oder ein Missbrauch des Verfahrens wäre, Herrn Assange auszuliefern.» Auch seine Grundrechte - einschliesslich der Rechte auf ein rechtsstaatliches Verfahren und Meinungsfreiheit - seien nicht beeinträchtigt. Assange habe nun zwei Wochen, um Einspruch einzulegen. Seine Umgebung befürchtet, dass er trotz anderslautender Zusicherungen aus Washington in Isolationshaft kommt und kein faires Verfahren erhält.

Wikileaks sprach von einem «schwarzen Tag für die Pressefreiheit und die britische Demokratie». Patel habe sich zur Komplizin der USA gemacht, die investigativen Journalismus zum Verbrechen machen wollten. Die Plattform wirft US-Geheimdiensten sogar vor, in ein Mordkomplott gegen Assange verstrickt gewesen zu sein. Der Rechtsstreit um eine Auslieferung zieht sich schon Jahre hin. Der High Court hatte Ende vergangenen Jahres ein Auslieferungsverbot wegen Suizidgefahr aufgehoben. Nachdem der Supreme Court eine Berufung dagegen ablehnte, war nun die Innenministerin am Zug.

Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gesucht. Diese Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Ob der 50-jährige nun tatsächlich ausgeliefert wird, ist noch unklar. Seinen Unterstützern zufolge ist der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft. «Wir werden den Rechtsweg beschreiten. Die nächste Berufung wird vor dem High Court eingereicht werden. Wir werden lauter kämpfen und stärker auf den Strassen rufen», hiess es in der Wikileaks-Mitteilung.

Der Deutsche Journalisten-Verband rief die USA auf, die Anklage fallen zu lassen. Wenn Präsident Joe Biden russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anprangere, dürfe er nicht mit äusserster juristischer Härte gegen den Aufklärer amerikanischer Kriegsverbrechen vorgehen.

(aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Sieben Jahre in der Botschaft: Der Fall Julian Assange
1 / 15
Sieben Jahre in der Botschaft: Der Fall Julian Assange
Sommer 2010: Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470'000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250'000 Dokumente kommen später hinzu.
quelle: shutterstock.com
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Julian Assange in der Botschaft Ecuadors festgenommen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
110 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
actualscientist
17.06.2022 11:38registriert Januar 2019
Das ist eine Schande! Wirklich kein Fan von Assange aber die Aufdeckung von Kriegsverbrechen im Irak durch US Truppen sollte unter die Pressefreiheit gehen und niemals eine Auslieferung rechtfertigen, vorallem weil die Ursprüngliche Verhaftung in der UK hinfällig wurde da die Anklage in Schweden fallen gelassen worde und ihm in der US auch kein fairer Prozess erwartet.
21118
Melden
Zum Kommentar
avatar
roger_dodger
17.06.2022 11:43registriert Februar 2016
Sehr interessant die Doppelmoral der westlichen Staaten.
Whistleblower/Regimegegner in Russland: Knast, internationaler Aufschrei
Whistleblower in USA: Knast, nobody cares
21019
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kronrod
17.06.2022 11:41registriert März 2015
Der Fall Assange zeigt auf, dass es auch in westlichen Ländern auf den Rechtsstaat kein Verlass ist, wenn politische Interessen im Spiel sind. Traurig.
19516
Melden
Zum Kommentar
110
Deutschland: Union will bei Wahlsieg Steuern senken und harte Asylpolitik

In Deutschland will die bürgerliche Union nach einem Sieg bei der Bundestagswahl eine Reihe von Steuern senken: Der Einkommensteuertarif soll schrittweise gesenkt, die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz «deutlich» erhöht werden, wie aus dem vorläufigen Wahlprogramm von CDU und CSU hervorgeht, das AFP vorlag.

Zur Story