Der Wikileaks-Gründer Julian Assange darf im Rechtsstreit um seine Auslieferung in die USA Berufung einlegen. Das teilte der High Court in London am Montag mit und folgte damit der Argumentation von Assanges Anwälten. Damit dürfte das juristische Tauziehen mit den USA vor dem höchsten britischen Gericht, dem Supreme Court, weitergehen.
«Wir haben heute vor Gericht gewonnen», sagte die sichtlich erleichterte Verlobte des 50 Jahre alten Australiers, Stella Moris, bei einer Pressekonferenz vor dem Gerichtssaal am Montag. Es liege nun in den Händen des obersten britischen Gerichts, ob der Berufungsantrag zugelassen werde, fuhr Moris fort. Gleichzeitig wurden Forderungen laut, die deutsche Regierung solle sich für die Freilassung Assanges einsetzen.
Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
Seine Unterstützer sehen in ihm dagegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat. Der 50-Jährige sitzt seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft.
Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung mit Blick auf die psychische Gesundheit Assanges Anfang vergangenen Jahres in erster Instanz untersagt. Die zu erwartenden Haftbedingungen würden den psychisch labilen Assange sonst in den Suizid treiben, argumentierte die Richterin damals. Ansonsten befand sie das Auslieferungsersuchen als gerechtfertigt. Im Berufungsverfahren legte Washington dann Zusicherungen über eine humane Behandlung Assanges in US-Gefängnissen vor - und war damit Ende des vergangenen Jahres erfolgreich: Der High Court hob das Auslieferungsverbot wieder auf. Diese Entscheidung wollen die Anwälte Assanges nun vom Supreme Court überprüfen lassen.
Abseits der gerichtlichen Auseinandersetzung wurden am Montag auch Forderungen an die deutsche Regierung laut, sich für ein Ende des Verfahrens gegen Assange einzusetzen. Die Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum in Deutschland erinnerte Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) daran, dass sie sich selbst als Oppositionspolitikerin für eine Freilassung des Wikileaks-Gründers stark gemacht hatte und forderte sie auf, «den Worten Taten folgen zu lassen». Zudem solle Assange politisches Asyl in Deutschland angeboten werden.
Die Londoner Vertreterin der Pressefreiheitsorganisation «Reporter Ohne Grenzen», Rebecca Vincent, begrüsste die Gerichtsentscheidung. Der Fall Assange habe Konsequenzen für die Pressefreiheit in aller Welt und verdiene es, vor dem höchsten Gericht verhandelt zu werden. Auch sie forderte ein Ende des Verfahrens. Zumindest aber müsse Assange bis auf weiteres aus der Haft im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh freigelassen werden.
Assanges Unterstützer argumentieren seit langem, dass der Wikileaks-Gründer in Belmarsh unnötig schweren Haftbedingungen ausgesetzt ist. Im vergangenen Jahr soll er sogar einen kleinen Schlaganfall erlitten haben. In dem Gefängnis sitzen einige der berüchtigtsten Mörder, Vergewaltiger und Terroristen des Landes. «Wir sind noch weit davon entfernt, in diesem Fall Gerechtigkeit zu erreichen, weil Julian noch immer inhaftiert ist», sagte die Assange-Verlobte Moris am Montag. Assange leide schwer darunter, «Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr».
(aeg/yam/sda/dpa)