Erstmals mehr tote Kinder seit 2000 – Bill Gates fordert Umdenken
US-Milliardär Bill Gates warnt vor Millionen zusätzlicher toter Kinder infolge weltweiter Kürzungen bei Hilfsgeldern. Die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, werde in diesem Jahr erstmals seit der Jahrtausendwende wieder steigen, prognostizieren Forscher im Auftrag der Gates-Stiftung.
«Der Hauptgrund für diesen Anstieg der Todesfälle ist, dass Hilfsgelder gekürzt wurden, mit denen Moskitonetze und Impfstoffe gekauft sowie Mütter und Kinder mit Nahrung versorgt werden», sagte Gates der Deutschen Presse-Agentur.
Gates: Kürzungen würden Tod von Millionen Menschen verursachen
Im Gesundheitsbereich seien die weltweiten Entwicklungshilfegelder in diesem Jahr um 26,9 Prozent gesunken, heisst es in dem Bericht. Das liegt vor allem Entscheidung der USA, einen grossen Teil ihrer Hilfszahlungen einzustellen. Aber auch Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und andere europäische Länder geben weniger Geld.
«Ich bin der Meinung, dass Regierungen diese Hilfsbudgets nicht kürzen sollten, da solche Kürzungen den Tod von Millionen Menschen zur Folge haben», sagte Gates der dpa.
Verschuldete Staaten können fehlende Hilfen nicht wettmachen
Die Stiftung des Microsoft-Mitgründers ist ein bedeutender Geldgeber im Bereich globaler Gesundheit und Entwicklung. Sie unterstützt unter anderem Programme gegen Krankheiten wie HIV, Tuberkulose und Malaria sowie Impfinitiativen in ärmeren Ländern.
Die bisherigen Hilfsgelder machten höchstens zwei Prozent der Budgets der Geberstaaten aus – ein Richtwert, den längst nicht alle erreichten. Sie bewirkten aber einen ungleich höheren Unterschied in armen Ländern. Diese seien zusätzlich durch stark wachsende Schulden belastet. «Es ist nicht so, dass sie über Geld verfügen, das durch diese Kürzungen auf magische Weise erscheint. Die Nettoauswirkung dieser Kürzungen ist, dass Kinder sterben», sagte Gates der dpa.
Milliardäre keine Lösung
Private Zuwendungen von Milliardären können den Effekt nicht ausgleichen. «Ich spende bereits mein gesamtes Vermögen», sagte der Microsoft-Gründer, der zu den reichsten Menschen der Welt gehört. «Es kommen zwar andere Philanthropen hinzu, aber das wird bei weitem nicht ausreichen, um die massiven Kürzungen der Regierungen auszugleichen.»
Die in den vergangenen Jahrzehnten erzielten Erfolge drohten nun verloren zu gehen. Ein Beispiel ist die von Stechmücken übertragene Infektionskrankheit Malaria, die zu den wichtigsten Todesursachen bei Kindern unter 5 gehört. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) – deren grösster Geldgeber nach dem Austritt der USA ebenfalls die Gates-Stiftung ist – berichtet, dass seit dem Jahr 2000 zwar 14 Millionen Todesfälle verhindert wurden, zuletzt die Malariafälle aber gestiegen seien.
Schrumpfende Mittel besser einsetzen
Gates betont zugleich, dass trotz sinkender Budgets noch Fortschritte möglich seien, wenn die vorhandenen Mittel gezielt eingesetzt würden. Als Beispiele nennt der Bericht die grundlegende Gesundheitsversorgung, die Ausweitung und Verbesserung von Standardimpfungen sowie den gezielten Einsatz von Daten, um Massnahmen wie die Malariavorsorge punktgenauer dort einzusetzen, wo sie am nötigsten sind.
Grundlegende medizinische Versorgung könne für weniger als 100 US-Dollar im Jahr pro Person bis zu 90 Prozent aller Todesfälle bei Kindern verhindern. Würden die verfügbaren Mittel richtig eingesetzt, könnten etwa Malaria und Lungenentzündungen als Todesursachen bei Kindern ausgerottet werden, heisst es in dem Bericht.
Gates' Bitte an Deutschland: Kürzungen gut prüfen
Die Bundesregierung will die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit erneut senken – nachdem der Haushalt des Ministeriums bis 2020 allerdings jahrelang gestiegen war. 2026 sollen laut Haushaltsentwurf noch 9,94 Milliarden Euro und damit rund 340 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr zur Verfügung stehen.
Noch stärker soll bei der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit sowie an Beiträgen an die Vereinten Nationen und internationale Nichtregierungsorganisationen gespart werden. Stattdessen sollen die Beiträge an multilaterale Entwicklungsbanken steigen.
Gates mahnte die Bundesregierung zu Umsicht. «Deutschland kann sehr stolz auf die bereitgestellten Gelder sein und auf die unglaublichen Auswirkungen, die sie hatten», sagte er der dpa. «Letztlich liegt es an den Entscheidungsträgern, ob sie unverhältnismässige Kürzungen bei den Mitteln vornehmen, die das Leben von Kindern in den ärmsten Ländern der Welt retten. Ich hoffe sehr, dass solche unverhältnismässigen Kürzungen nicht vorgenommen werden.» (sda/dpa/val)
