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Greta Thunberg ist Favoritin für den Friedensnobelpreis

Greta Thunberg ist Favoritin für den Friedensnobelpreis – aber einiges spricht dagegen

07.10.2019, 15:32
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Greta Thunberg: Das furchtlose Mädchen von Davos

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Greta Thunberg: Das furchtlose Mädchen von Davos
Sitzstreik für das Klima: Greta Thunberg am 25. Januar 2019 am WEF in Davos.
quelle: ap/ap / markus schreiber
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Bekommt sie ihn wirklich? Klimaaktivistin Greta Thunberg gilt in diesem Jahr als Favoritin für den Friedensnobelpreis. Sie wäre die jüngste Preisträgerin der Nobelgeschichte. Manches spricht jedoch gegen die junge Schwedin - unter anderem die starke Konkurrenz.

Was dafür spricht

Manchmal wundert man sich, dass Greta Thunberg noch immer erst 16 Jahre alt ist. Die junge Klimaaktivistin aus Schweden ist streckenweise so omnipräsent, dass man denken könnte, sie stünde schon seit Jahren im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Doch der Beginn ihres Klimaprotestes vor dem Reichstag in Stockholm ist nicht einmal 14 Monate her - und Thunberg seitdem erst ein Jahr älter geworden.

Trotz ihres Alters hat sich die junge Schwedin mit ihrer Botschaft für einen stärkeren Einsatz gegen die Klimakrise zur Favoritin für den diesjährigen Friedensnobelpreis gemausert.

Lange auf den Papst warten mussten am Sonntag Gläubige auf dem Petersplatz. Papst Franziskus blieb nämlich auf dem weg zu ihnen in einem Lift stecken und musste von einem Feuerwehrmann aus der misslic ...
Papst FranziskusBild: EPA EFE

Vor der Bekanntgabe der renommiertesten politischen Auszeichnung der Welt an diesem Freitag in Oslo wird sie von mehreren Wissenschaftlern zum engeren Kandidatenkreis gezählt, verschiedene Wettbüros sehen sie als klare Spitzenkandidatin, weit vor grossen Namen wie denen von Papst Franziskus und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel oder Organisationen wie Reporter ohne Grenzen oder dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Der Friedensforscher Peter Wallensteen von der Universität in Uppsala weist darauf hin, dass es Thunberg geglückt sei, junge Menschen in aller Welt zu mobilisieren. Er denke, mit ihrem Handeln erfülle sie Nobels Vorgabe, für die Verbrüderung zwischen den Völkern beigetragen zu haben. Sipri-Direktor Smith sagt: «Das Friedensnobelpreiskomitee hat Umweltaktivismus bereits in der Vergangenheit geehrt. Bei dem Preis geht es nicht immer um Kriege und bewaffnete Konflikte.» Es sei das Jahr der Klimaproteste, was Thunberg zu einer offensichtlichen Kandidatin mache. «Dieser Teenager hat einen Weckruf gegeben, den die Leute gehört haben.»

Was dagegen spricht

FILE - In this Sept. 27, 2019 file photo, Swedish climate activist and student Greta Thunberg smiles on stage after addressing the Climate Strike in Montreal, Quebec. The teenager who garnered interna ...
Bild: AP

Dass die Schwedin bei den skandinavischen Nachbarn in Norwegen geehrt wird, ist allerdings alles andere als ausgemachte Sache. Das liegt zum einen daran, dass sich das zuständige Nobelkomitee kaum von der öffentlichen Meinung in eine Richtung drängen lässt. «Das Komitee ist sehr gut darin, die Welt zu überraschen», sagt auch Dan Smith, der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri.

Hinzu kommt, dass die Auswahl in diesem Jahr recht hoch ist: 301 Nominierungen sind für den Preis diesmal in Oslo eingegangen, der vierthöchste Wert jemals. Darunter finden sich 223 Persönlichkeiten und 78 Organisationen. Ihre Namen werden vonseiten der Verantwortlichen für fünfzig Jahre unter Verschluss gehalten.

Das grosse Teilnehmerfeld und die Nobelstatuten sorgen dafür, dass es vor der Bekanntgabe des Preisträgers alle Jahre wieder ein grosses Rätselraten gibt. Das führt unter anderem so weit, dass man auf so ziemlich jeden bekannten Namen wetten kann, der bei drei nicht auf dem Baum ist: Bei den Wettanbietern kann man sein Geld selbst auf Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, Grossbritanniens Ex-Premier Theresa May und den Katalanen Carles Puigdemont setzen. Auch US-Präsident Donald Trump steht recht weit oben auf der Liste - ihm werden teils gar bessere Chancen als etwa US-Whistleblower Edward Snowden eingeräumt. Dann doch eher Thunberg - oder?

Soll Greta Thunberg den Friedensnobelpreis erhalten?

Greta wäre die Jüngste

99 Mal hat das norwegische Nobelkomitee seit 1901 die Auszeichnung vergeben, insgesamt wurden 130 verschiedene Preisträger gekürt, darunter 89 Männer, 17 Frauen und 24 Organisationen. In 19 Jahren gab es, vor allem in Kriegs- und Krisenzeiten, keinen Preisträger. Die diesjährige Vergabe ist die 100. und somit ein Jubiläum für die Jury - vielleicht ein Grund, diesmal eine Generation zu ehren, die bislang kaum bei den Preisen Beachtung fand.

ADDS CREDIT TO HUMAN IN THE SIGNOFF - In this photo released on Sunday, July 12, 2015, by The Malala Fund, Nobel Peace Prize winner Malala Yousafzai, center, speaks with Syrian refugee girls during he ...
MalalaBild: AP/Malala Fund

Bekommt Thunberg tatsächlich den Preis, wäre sie die jüngste Preisträgerin in der Nobelgeschichte überhaupt. Bislang ist das die Pakistanerin Malala Yousafzai, die 2014 im Alter von damals 17 Jahren ausgezeichnet wurde. Die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad erhielt den Friedenspreis 2018 mit 25, nach Malala der jüngste Wert. Thunberg wird erst Anfang Januar 17 Jahre alt.

Gretas Konkurrenz aus Hongkong, Libyen, Somalia

Der Direktor des Osloer Instituts für Friedensforschung Prio, Henrik Urdal, hat mehrere junge Aktivisten auf dem Schirm - Thunberg zählt aber nicht dazu. Sein engerer Favoritenkreis wird von drei Jüngeren angeführt: Hadschar Scharif aus Libyen, Ilwad Elman aus Somalia und Nathan Law aus Hongkong. Die Bedeutung des Einsatzes junger Aktivisten sei in den vergangenen Jahren immer deutlicher geworden, erklärte Urdal dazu. «Junge Leute setzen die Agenda für Themen, die für Frieden und Sicherheit sowohl lokal als auch global von entscheidender Bedeutung sind.» Dabei forderten sie auch die übliche Machtverteilung unter den Generationen heraus.

Hongkong: Neuste Bilder der Proteste und vom Generalstreik

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Hongkong: Neuste Bilder der Proteste und vom Generalstreik
Zahlreiche Demonstranten versammeln sich am Montag am Gebäude der Zentralregierung.
quelle: ap / vincent thian
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Sipri-Leiter Smith erwähnt aber auch einen älteren Kandidaten: den heute 88 Jahre alten US-Whistleblower Daniel Ellsberg, der 1971 die sogenannten Pentagon-Papiere enthüllt und damit die geheimen Vietnamkriegspläne der damaligen US-Regierung publik gemacht hatte. «Ich glaube, wir brauchen Whistleblower. Die Demokratie braucht sie.»

Ellsberg wäre eine überraschende Wahl. Neben Thunberg fällt dagegen immer wieder ein weiterer Name, den die Experten auf dem Zettel haben. «Ich denke, das Komitee wird sich für Abiy Ahmed entscheiden, den Ministerpräsidenten von Äthiopien», sagt der norwegische Nobelhistoriker Asle Sveen. Abiy habe mit Eritrea nach vielen Jahren des Krieges ein Friedensabkommen geschlossen und einen Reformprozess in Gang gesetzt. «Das stünde im Einklang mit Alfred Nobels Testament.» Auch Urdal und Wallensteen erwähnen Abiy, Smith ebenso. Der sagt aber auch: «Es gibt in diesem Jahr viele gute Kandidaten, und das in einem eher schwierigen globalen Umfeld. Ich finde, das ist ziemlich ermutigend.» (aeg/sda/dpa)

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quelle: ap / kirsty wigglesworth
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86 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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crik
07.10.2019 15:42registriert Dezember 2016
In den Naturwissenschaften werden die Nobelpreise in der Regel Jahrzehnte nach der eigentlichen Entdeckung vergeben, wenn wirklich klar ist, was damit langfristig erreicht wurde. Ich würde es begrüssen, würde man es beim Friedensnobelpreis auch so handhaben.
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Mario 66
07.10.2019 15:57registriert November 2015
Also zumindest in den Watson-Kommentarspalten stiftet Greta kein Frieden, sondern nur Zwist und Unfrieden 🤪
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SeboZh
07.10.2019 16:02registriert Dezember 2017
Nach Drohnen-Obama und der EU als Gewinner dieses Preises, kann ich die Vergabe sowieso nicht mehr ganz ernst nehmen. Diese Nomination nun bestärkt mein Gefühl dazu noch mehr
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