Gut fünf Monate nach der annullierten Präsidentenwahl geht Rumänien am Sonntag erneut an die Urne. Die Wahl musste wiederholt werden, weil der rechtsextreme Sieger Calin Georgescu von Russland ferngesteuert wurde. An seiner Stelle könnte jetzt der ehemalige Fussball-Hooligan George Siminion als Sieger hervorgehen. Warum das auch den Rest von Europa interessieren sollte – die wichtigsten Fragen und Antworten.
Rumänien ist zu einem Schlüsselland in der Nato geworden. Mit 19 Millionen Einwohnern ist es nicht nur der bevölkerungsreichste Staat Südosteuropas, sondern mit einer Fläche sechsmal so gross wie die Schweiz auch geografisch zentral. In ein paar Jahren soll neben der Hafenstadt Konstanza am Schwarzen Meer der grösste Nato-Stützpunkt in Europa entstehen. 10'000 Soldaten von Heer, Luftwaffe und Marine sollen dann von dort aus die Verteidigung der Nato-Ostflanke sichern. Die ukrainische Grenze ist nur rund 100 Kilometer entfernt.
Der 38-jährige Favorit für die Präsidenten-Wahl heisst George Simion. Er gilt wie Georgescu als Rechtsextremer und war früher in der Bukarester Fussballszene aktiv. 2019 gründete er seine «Allianz für die Vereinigung der Rumänen» (AUR) und propagiert die Herstellung eines Grossrumäniens, das Moldawien und Teile der Ukraine mit einschliesst. Auch auf dem politischen Parkett benimmt sich Simion wie ein Hooligan: 2022 ging er den rumänischen Energieminister tätlich an, als dieser im Parlament eine Rede hielt. Nach der Annullierung der Präsidentenwahl im November schlug Simion vor, die Verantwortlichen auf einem «öffentlichen Platz zu häuten». Zudem ist er ein grosser Fan von US-Präsident Donald Trump und hat seine Partei laut eigenen Angaben dem «Trumpismus» verschrieben.
Beobachter sind sich einig: Die Rumäninnen und Rumänen haben vor allem die Nase voll von den alteingesessenen Polit-Clans, die sich die Macht seit der Revolution von 1989 aufteilen. Viele Menschen haben sich von den politischen Medien-Diskursen abgehängt und informieren sich stattdessen in den sozialen Medien, besonders auf der Video-Plattform Tiktok. Dort hat Simion 1,3 Millionen Follower, weit mehr als jeder andere rumänische Politiker.
Gleichzeitig ist das Land anfällig auf Desinformation, von innen wie von aussen. Die Kampagne von Calin Georgescu, der überraschend den ersten Wahlgang gewonnen hatte, wurde von Russland mitfinanziert. Anfang April teilte Tiktok mit, 27'000 Fake-Konten entfernt zu haben, welche den rumänischen Wahlkampf zugunsten von Georgescu befeuerten.
Rumänien würde in eine Phase noch tieferer Instabilität eintreten. Simion spricht von der EU als einer neuen Sowjetunion und kündigt an, sich nicht an EU-Recht halten zu wollen, sofern es ihm nicht passt. Nach Ungarn und der Slowakei würde mit Rumänien das dritte Land in Osteuropa auf einen Anti-EU-Kurs abdriften. Vor allem aber hat Simion angekündigt, die Hilfen für die Ukraine einstellen zu wollen. Offiziell distanziert er sich zwar von Russlands Präsident Wladimir Putin. Ideologisch steht er diesem aber nahe. Verschiedentlich gab es Vorwürfe, dass Simion Kontakt mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB gehabt hatte. Im vergangenen Jahr wurde gegen ihn von der Ukraine ein Einreiseverbot verhängt, wegen «anti-ukrainischen Aktivitäten».
Insgesamt stehen 11 Kandidaten auf der Wahlliste. Simion führt das Feld mit rund 30 Prozent an. Aber Umfragen sind in Rumänien stets mit Vorsicht zu geniessen. Es ist davon auszugehen, dass es einen zweiten Wahlgang geben wird. Dort dürfte Simion entweder auf Crin Antonescu, den Kandidaten der regierenden Zentrums-Koalition oder den Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan treffen. Nicht zu vergessen ist auch: Die Wahl am Sonntagabend findet am Ende eines quasi viertägigen, langen 1.-Mai-Wochenendes statt. Gut möglich, dass dann insbesondere junge Rumäninnen und Rumänen wenig Lust haben, sich in die Wahl-Schlange zu stellen. Davon profitieren würden tendenziell die Parteien des Establishments. (aargauerzeitung.ch)
In meinen Augen sind Ungarn, die Slowakei und Rumänien bald Kandidaten um sie aus der EU auszuschliessen. Mal sehen wie lange sich die Machthaber ohne EU Gelder an der Macht halten können.