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Das steckt hinter den Explosionen auf russischen Flugplätzen

Das steckt hinter den Explosionen auf russischen Flugplätzen

06.12.2022, 14:4006.12.2022, 15:27
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Was ist passiert?

Am Montag sind zwei ukrainische Drohnen in zwei russische Militärflugplätze eingeschlagen. Dies bestätigten das russische Verteidigungsministerium sowie ein hochrangiger ukrainischer Beamter. Die ukrainische Regierung hat sich jedoch, ähnlich wie bei dem Anschlag auf die Krim-Brücke, nicht offiziell verantwortlich gezeigt.

Bei den verwendeten Waffen handle es sich um «Drohnen aus der Sowjet-Zeit», verkündete der Kreml laut der New York Times. Der ehemalige US-General Mick Ryan vermutet, dass damit modifizierte Aufklärungsdrohnen vom Typ Tu-141 aus den 1970er-Jahren gemeint sein könnten. Diese fliegen mit hoher Geschwindigkeit und haben die nötige Reichweite für solche Angriffe. Gemäss dem ukrainischen Beamten seien Spezialkräfte vor Ort gewesen, um die Drohne genau ins Ziel zu lenken.

Das russische Verteidigungsministerium gab an, dass die Drohnen abgefangen wurden, durch die herabstürzenden Trümmer und die darauffolgende Explosion jedoch zwei Flugzeuge beschädigt, drei Mann getötet und vier weitere verwundet wurden.

Zusätzlich sind heute, Dienstag, bei einem weiteren Drohnenschlag ein Öldepot auf einem dritten Flugplatz sowie gemäss Angaben des russischen Medienportals Baza ein Industriekombinat getroffen worden. Letzteres wurde jedoch noch nicht von offizieller Seite bestätigt.

Wo sind die Drohnen eingeschlagen?

Die ersten beiden Angriffe ereigneten sich auf dem Flugplatz Engels und der Militärbasis Djagilewa. Der Flugplatz beherbergt unter anderem taktische Bomber der Typen Tu-160 und Tu-95, welche nukleare Sprengköpfe tragen können. Der Angriff vom Dienstag traf den Flugplatz von Kursk sowie das Slawa-Konglomerat bei Brjansk.

Es ist erkennbar, dass die Angriffe vom Montag beide sehr weit von der ukrainischen Grenze entfernt sind: Engels 600 km, die Basis bei Rjasan rund 500 km. Zur Erinnerung: Auch Moskau liegt etwas mehr als 500 Kilometer von der Ukraine entfernt.

Warum ist das wichtig?

Mit diesem Schlag demonstriert die Ukraine, dass sie durchaus das Potenzial hat, Ziele tief im Innern Russlands zu treffen – mitunter Moskau. Zwar gelang dem ukrainischen Geheimdienst mit dem Anschlag auf die Krim-Brücke vom September bereits ein Schlag auf russischem Gebiet, allerdings durch Sabotage vor Ort. Dass nun auch weitreichende Mittel verwendet werden, ist ein Novum.

Bislang hatten die russischen Streitkräfte unter General Surowikin den asymmetrischen Vorteil, dass sie mit solchen Mitteln auch zivile Ziele angreifen konnten. Die ukrainischen Schläge symbolisieren nun, dass man auch von der anderen Seite her dazu fähig ist. Natürlich heisst das nicht, dass solche Angriffe auch durchgeführt werden.

Wie sind die Reaktionen?

Russland reagierte am Montag in erster Linie mit eigenen Raketen- und Drohnenangriffen in üblicher Manier. In russischen Medien wurde die ukrainische Offensive als «terroristische Angriffe auf Langstreckenflugzeuge» eingeschätzt.

Auch in der russischen Milblog-Szene werden die Ereignisse diskutiert. Die einen verlangen nach harten Konsequenzen für die Ukraine, während die anderen die eigenen Reihen scharf kritisieren. So schreibt der populäre Kanal «Военный Осведомитель», zu Deutsch «Militärischer Geheimdienst» (keine offizielle Verbindung):

«Man könnte diesen Leuten [dem Verteidigungsministerium] eine Bombe in die Tasche stecken, und sie würden es nicht einmal merken. Und wenn sie es merken, dann war alles so geplant.
Wir können unsere Flugplätze ja nicht einmal vor kleinen Aufklärungsdrohnen schützen, die der Gegner seit Beginn der Operation verwendet.»
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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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The Twelfth
06.12.2022 15:33registriert Juni 2020
„Das russische Verteidigungsministerium gab an, dass die Drohnen abgefangen wurden, durch die herabstürzenden Trümmer und die darauffolgende Explosion jedoch zwei Flugzeuge beschädigt, drei Mann getötet und vier weitere verwundet.“

Klingt für mich als ob beim Fussball gesagt wird: „Unsere Verteidigung hat den Angriff aufgehalten. Dabei wurde der Ball zum Torwart gespielt, der ihn gekonnt mit den Händen, hinter der Torlinie, unter Kontrolle brachte, was im neuen Spielstand resultierte.“
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Kaffeesüchtig
06.12.2022 15:36registriert November 2021
Tief im eigenen Kernland getroffen von sowjetischer Technologie… Wie ist es Russland nur gelungen, uns so lange glauben zu lassen, ihre Armee sei unschlagbar?
1918
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DaYoungblood
06.12.2022 16:39registriert März 2016
"verlangen nach harten Konsequenzen für die Ukraine"? Ja, man könnte z.B. in der Ukraine einmarschieren, und dann dort Zivilisten ermorden, vergewaltigen und foltern, die Ernte stehlen und die kritische Infrastruktur zerstören. Dann würden die doofen Ukrainer endlich merken wie man mit Terroristen die mit Drohnen angreifen umzugehen hat. /sarcasm off
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