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Asyl-«Arena»: Grünen-Glättli ärgert sich über Gössis Eritrea-Politik

Die Polit-Runde in der Asyl-«Arena».
Die Polit-Runde in der Asyl-«Arena».bild: screenshot srf
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Genervter Grünen-Glättli in der Asyl-«Arena»: «Eine billige Art, Härte zu demonstrieren»

Für die wirklich schutzbedürftigen Flüchtenden hat es Platz, alle anderen soll die Schweiz ausweisen. Notfalls auch via Drittstaat. Mit dem Ruanda-Vorstoss von Petra Gössi können Grüne und SP überhaupt nichts anfangen. Sie fordern die Achtung der Menschenrechte und eine grosszügigere Asylpolitik.
27.04.2024, 01:5527.04.2024, 13:00
Ralph Steiner
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Zarte 16 Jahre, 2 Monate und 6 Tage war der Spanier Lamine Yamal alt, als er diese Saison für Barcelona in der Champions League debütierte. Trainer Xavi liess den Teenager (Jahrgang 2007) gegen Royal Antwerpen für die letzten 22 Minuten ran.

epa11271152 Lamine Yamal of Barcelona looks on during the UEFA Champions League quarter-finals, 1st leg soccer match between Paris Saint-Germain and FC Barcelona, in Paris, France, 10 April 2024. EPA/ ...
Lamine Yamal.Bild: keystone

Bei Nina Schläfli und Pascal Schmid hat es bis zum ersten Einsatz bei «den Grossen» etwas länger gedauert, am Freitag war es so weit. Die SP-Politikerin (34) und der SVP-Mann (47) – beide im Oktober neu in den Nationalrat gewählt – haben zum ersten Mal an der SRF-«Arena» partizipiert.

«Gut, danke. Es ging wahnsinnig schnell vorbei», antwortete Nina Schläfli bestens gelaunt auf die Frage von Moderatorin Nathalie Christen, wie es ihr ergangen sei. «Es ist wirklich unglaublich schnell vorbeigegangen, ich dachte, es sei schlimmer. Man überlebt es», so das Fazit von Pascal Schmid am Ende der Sendung.

Doch so geeint die beiden Thurgauer Neo-Parlamentarier – was ihre Premiere betraf – auftraten, so gross der Dissens in Bezug auf die Asylpraxis der Schweiz. SVP-Nationalrat Pascal Schmid sprach von einem «Asylchaos», von einbrechenden, vergewaltigenden Migranten. Schläfli betonte mehrfach, die Menschenrechte seien auch bei Asylbewerbern zu wahren, es brauche eine «schnellere, bessere und mehr Integration».

So viel der einleitenden Worte, nun zur Gäste-Übersicht. Folgende Politikerinnen und Politiker kreuzten in der Asyl-«Arena» die Klingen:

  • Pascal Schmid, Nationalrat SVP/Thurgau
  • Petra Gössi, Ständerätin FDP/Schwyz
  • Nina Schläfli, Nationalrätin SP/Thurgau
  • Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne/Zürich

Ausserdem im Studio:

  • Claudio Martelli, stellvertretender Direktor Staatssekretariat für Migration SEM

Via Ruanda nach Eritrea

Die Debatte drehte sich zunächst um einen Vorstoss von Ständerätin Gössi, der am Freitag von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats mit 14 zu 11 Stimmen gutgeheissen wurde. Der Ständerat hatte sich bereits zuvor für das Bestreben der Schwyzerin ausgesprochen.

Die FDP-Nationalrätin will, dass abgewiesene Asylsuchende aus Eritrea via Drittstaaten zurück in ihr Heimatland gebracht werden. Als solche Transitstaaten kommen Ruanda und allenfalls auch Äthiopien infrage.

Ruanda (linker Kreis, rosa Fläche) und Eritrea (Kreis oben).
Ruanda (linker Kreis, rosa Fläche) und Eritrea (Kreis oben).bild: watson/shutterstock

Gössi und ihre Gesinnungsgenossen erhoffen sich von der Massnahme eine abschreckende Wirkung. Sie solle ausserdem dazu führen, dass Asylbewerber ohne positiven Bescheid die Schweiz verlassen und nicht Plätze belegen, die man für andere Asylsuchende nutzen könne.

Petra Gössi (FDP): «Nicht alle, die kommen, sind schutzbedürftig»

Video: srf/arena

Grünen-Nationalrat Glättli kann dem Vorstoss nichts abgewinnen, es handle sich um «untaugliche Symbolpolitik». Man wisse, dass Eritrea keine Personen wiederaufnehme, die nicht freiwillig ins Land zurückkehren möchten. Glättli führte aus:

«Warum das nun eher klappen sollte, wenn man sie auf Kosten des Steuerzahlers in ein anderes Land jettet, erschliesst sich mir nicht. Es ist eine billige Art, Härte zu demonstrieren.»

Balthasar Glättli (Grüne): «Den Steuerzahler wird es noch teuer kommen»

Video: srf/arena

Gescheiterte Schweizer Asylpolitik

Für SVP-Asylchef Pascal Schmid – Nachfolger von Andreas Glarner – lässt sich am Beispiel Eritrea die gescheiterte Schweizer Asylpolitik veranschaulichen. In der Schweiz lebten derzeit rund 43'000 Eritreer, zwei Drittel davon bezögen Sozialhilfe. Der Vorstoss Gössis sei keine perfekte Lösung, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Schmid sagte:

«Wir müssen Druck machen, neue Wege beschreiten. Gerade auf der linken Seite möchte man das Problem einfach verwalten. Anpacken will man nichts.»

Der Thurgauer Nationalrat stärkte seine Argumentation, indem er mehrfach die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern des eritreischen Regimes erwähnte, die sich in den vergangenen Monaten in der Schweiz zugetragen haben. Tatsächlich hat die Kantonale Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) alle Schweizer Gemeinden vor dem eritreischen Nationalfeiertag gewarnt.

Nicht nur die eritreischen Flüchtlinge sind SVP-Nationalrat Pascal Schmid ein Dorn im Auge. Video: srf/arena

Am 24. Mai feiert Eritreas Diktator Isayas Afewerki den 31. Jahrestag seiner Machtergreifung, in der Schweiz soll es an diesem Tag zu Veranstaltungen mit hohem Gewaltpotenzial kommen.

Zurück zur Gegenseite. Nebst Glättli wies auch Nina Schläfli die Ruanda-Pläne von Gössi zurück. Die SP-Nationalrätin untermauerte ihre Position mit Zahlen. Aktuell gäbe es in der Schweiz 261 Personen aus Eritrea, die man nicht rückführen könne. «Das wirklich Erschreckende an diesem Vorstoss ist, dass die FDP probiert, die SVP rechts zu überholen.» Das Vorhaben Gössis führe dazu, dass man über «absurde Vorschläge diskutieren müsse, die kein einziges Problem lösen».

Nina Schläfli (SP): «Im Moment wird auch das Asyl für Afghaninnen infrage gestellt, erschreckend»

Video: srf/arena

Vorläufige Aufnahme statt Nothilfe

Als das geladene Polit-Quartett einmal der Reihe nach für oder gegen die Pläne von Petra Gössi votieren konnte, präsentierte Grünen-Nationalrat Glättli einen konkreten Gegenvorschlag. Man solle die 261 angesprochenen Eritreer nicht in die Nothilfe (Minimalanspruch auf Kleider, Nahrung, Unterkunft und medizinische Leistungen) stecken.

In diesem Zustand würden diese Menschen verelenden, hätten keine Perspektiven, dies könne kriminelles Verhalten begünstigen. Helfen würde, den betroffenen Personen aus Eritrea eine vorläufige Aufnahme zu gewähren oder ihnen den humanitären Status zuzusprechen.

Der Anstieg in den 90er-Jahren ist auf den Krieg im Kosovo zurückzuführen, 2015 kam es zur europäischen Flüchtlingskrise.
Der Anstieg in den 90er-Jahren ist auf den Krieg im Kosovo zurückzuführen, 2015 kam es zur europäischen Flüchtlingskrise. bild: screenshot srf

Dass die Meinungen zum Umgang mit eritreischen Asylsuchenden längstens gemacht waren, zeigte sich bereits vor Ablauf der ersten «Arena»-Viertelstunde. Zeit, Claudio Martelli vom Staatssekretariat für Migration (SEM) ins Boot zu holen. Seine Expertise – frei von politischer Couleur – war das Geländer, an dem sich die Fernsehzuschauer festhalten konnten.

Kein Asylchaos

Die erste Amtshandlung des Behördenvertreters: den SVP-Vorwurf des Asylchaos zu entkräften. Das Asylverfahren und die Rückkehrpolitik in der Schweiz funktionierten, so Martelli. «Rund 57 Prozent der Rückführungen können wir vollziehen, das ist doppelt so hoch wie in der EU.»

Martelli äusserte jedoch Bedenken, was das Verhalten des eritreischen Regimes betrifft. Ob das Land von der Schweiz abgewiesene Landsfrauen und Landsmänner gegen deren Willen wieder aufnehme, nur weil diese Personen via einen Transitstaat (z. B. Ruanda) einreisten, sei unklar.

Claudio Martelli vom Staatssekretariat für Migration.
Claudio Martelli vom Staatssekretariat für Migration.bild: screenshot srf

Auch auf die in der Schweiz lebenden Unterstützer des eritreischen Regimes ging der SEM-Vertreter ein. Eine einmalige Teilnahme an einer hierzulande stattfindenden regimetreuen Veranstaltung reiche noch nicht, der entsprechenden Person den Flüchtlingsstatus abzuerkennen.

Reise ein Eritreer jedoch regelmässig in sein Heimatland, also in denjenigen Staat, in welchem er verfolgt wurde, könne die Schweiz die Flüchtlingseigenschaft entziehen.

SVP-Asylchef Schmid zeigte sich teilweise zufrieden, seine Partei erwarte aber mehr. «Es gibt ganz sicher mehr Fälle, wo man hinschauen und unser Asylgesetz anwenden müsste.»

Nebst den abgewiesenen Eritreern diskutierten die geladenen Parlamentarier auch über verstärkte Grenzkontrollen, die verschärfte Praxis von Justizminister Beat Jans und den Schutzstatus S der Ukrainer.

Doch egal, wie man es drehte und wendete, inhaltliche Schnittmengen zwischen links und rechts gab es wenige, Übereinstimmung bestand nur in der Haltung, sich gegenseitig zuzuhören und niemanden zu unterbrechen. Für eine «Arena» mit dem Schwerpunkt Asylpolitik jedoch bereits eine ganz anständige Eigenschaft.

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144 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ius_Aeterna_93
27.04.2024 06:24registriert April 2024
Ich habe wirklich meine Mühe mit dem Glättli, der mit dem oft gehörten Mär daherkommt, dass Kontrollmechanismen im Asylwesen nicht durchführbar sind und die Menschenrechte als Legitimation fürs Nichtstuen angebracht werden. Verschärfungen werden vorwiegend aus ideologischen Gründen abgelehnt, so im Sinne von: „ist man erst im Land, so bleiben sie, ist halt so, fokussieren wir uns auf die Integration“. Es gibt nunmal ein Unterschied zwischen Menschenrechten und dem Recht auf Asyl (das zuerst geprüft wird), wer kein Recht auf Asyl hat muss gehen, die Kapitulation kann doch keine Lösung sein.
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Schlaf
27.04.2024 04:29registriert Oktober 2019
Wir brauchen konstruktive Leute in der Politik, die Probleme erkennen und angehen wollen.

Ich sehe bei uns viel zu viele Leute in der Politik, die eigene, oder die Interesse der Partei vertreten.

Die Bezeichnung «Volksvertreter» für unsere Nationalräte ist ein Witz.
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Sisyphus
27.04.2024 06:59registriert Dezember 2021
Warten bis es zu spät ist. Höchste Zeit das auch die Schweiz ihr Asylsystem überdenkt. Sogar die EU hat begriffen das offene Grenzen auf die Dauer nicht funktioniert. Wir können nicht halb Afrika bei uns aufnehmen. Funktionieren wird es aber nur mit Grenzkontrollen. Sobald die bei uns sind werden wir sie nicht mehr los.
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