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Ölpest am Schwarzen Meer: Leere Strände wegen russischer Schattenflotte

In this photo released by Krasnodar Gov. Veniamin Kondratyev in his Telegram channel on Sunday, Jan. 5, 2025, rescuers and volunteers work to clean up tons of fuel oil that spilled out of two storm-st ...
Wenige Tage nach der Havarie des Öltankers waren die Strände von einem Ölfilm überzogen. Im Januar 2025 beseitigen Freiwillige Tonnen von Heizöl.Bild: keystone

Ölpest am Schwarzen Meer: Leere Strände wegen russischer Schattenflotte

Ein havarierter Öltanker hat die Strände bei Anapa am Schwarzen Meer verwüstet und den Tourismus schwer getroffen. Hotels kämpfen mit leeren Zimmern um Schadensbegrenzung.
14.07.2025, 21:4414.07.2025, 21:44
Finn Michalski / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Einst volle Strände und ausgebuchte Hotels im russischen Küstengebiet am Schwarzen Meer bleiben in diesem Jahr wohl weitgehend leer. Grund dafür ist neben dem Ukraine-Krieg eine neue Ölkatastrophe, die zu kontaminierten Stränden in der beliebten Tourismusregion geführt hat. Im Dezember 2024 traten an der Küste von Anapa rund 2'000 Tonnen Masut aus – ein schweres, minderwertiges Öl, das hauptsächlich in Kraftwerken verwendet wird. Grund des Unglücks: ein Tanker aus Putins Schattenflotte war havariert.

Die daraus resultierende Ölpest breitete sich rasch entlang der Küste auf umliegende Ferienorte aus. Trotz des unermüdlichen Einsatzes von Freiwilligen und Beschäftigten aus der Tourismusbranche, die den ganzen Winter und Frühling über Aufräumarbeiten leisteten, wurden bereits geplante Sommerurlaube in der Region mehrheitlich storniert und Rückerstattungen eingefordert. Neue Buchungen blieben nahezu vollständig aus.

Krise lockt unerwünschte Gäste an

Ein Umstand, der die heimische Tourismusbranche in einen Schockzustand versetzte. Als schliesslich auch noch die Behörden sämtliche Aktivitäten rund um die Strände der Region sowie das Baden im Meer untersagten, wurde den Einheimischen klar, dass dieser Sommer kein gewöhnlicher werden würde.

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Aufgrund der Folgen der Havarie der beiden russischen Tanker wurden entlang der Küste Zugangsbeschränkungen zum Strand und Warnschilder aufgestellt.Bild: www.imago-images.de

Auch wenn die Zimmerauslastung derzeit statt der üblichen 100 Prozent zur Sommerzeit nur bei etwa 10 Prozent liegt, wäre eine vollständige Schliessung des Hotelbetriebs laut Hotelbetreiberin Oksana noch schädlicher fürs Geschäft, wie sie gegenüber der russischen Journalistenkooperation «Bereg» berichtet. Man biete Zimmer daher zu stark vergünstigten Preisen an – was allerdings, so Oksana, dazu geführt habe, dass sich auch unerwünschte Gäste in ihrem Hotel an der Küste von Anapa eingefunden hätten.

Laut Berichten hatten mehrere Hoteliers mit randalierenden Gästen und Diebstählen zu kämpfen. Oksana berichtet, es sei so weit gekommen, dass Hotelgäste sogar die Einrichtung mitgenommen hätten – inklusive fest installierter Gegenstände wie Haartrockner, die mitsamt Kabeln herausgerissen worden seien.

Behörden versuchen zu unterstützen

Die regionalen Behörden versuchen unterdessen, die Hotelbranche mit staatlichen Unterstützungsmassnahmen zu stabilisieren. Zu den Hilfen gehören etwa die automatische Verlängerung von Alkohollizenzen oder die Abschaffung der erst kürzlich eingeführten Tourismussteuer. Oksana zeigt sich dafür grundsätzlich dankbar, kritisiert jedoch, dass diese Massnahmen dem tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden nicht gerecht würden.

In der Branche hofft man nun auf zinsgünstige Kredite, um zumindest laufende Kosten decken zu können. Doch die Hoffnung ist gedämpft: Hotelbesitzer Maxim weist darauf hin, dass allein die Entscheidung zur Verlängerung der Alkohollizenzen bereits fünf Monate gedauert habe – entsprechend gross sei die Sorge, dass weitere Hilfen zu spät kommen könnten.

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Die riesigen Hotelanlagen des russischen Badeorts Anapa bleiben in diesem Sommer weitestgehend leer.Bild: www.imago-images.de

Die einzige realistische Chance auf eine wirtschaftliche Erholung ihrer Betriebe sehen beide Unternehmer derzeit in der Wiedereröffnung der Strände. Doch die zuständigen Gesundheitsbehörden geben vorerst keine Entwarnung. Die Küste sei nach wie vor nicht für touristische Zwecke geeignet – Wasser und Sand seien noch zu stark mit Ölresten belastet, um den Sicherheitsstandards zu genügen.

Offizielle Grenzwerte für den maximalen Erdölgehalt im Sand gibt es bislang nicht. Inoffiziell wird jedoch häufig ein Wert von 5 Milligramm pro Kilogramm genannt. Laut Igor Shkradyuk, Spezialist für Industrieökologie, sei es jedoch nahezu unmöglich, Sand manuell so gründlich zu reinigen. Freiwillige hätten durch wiederholtes Sieben den Ölwert an manchen Stränden immerhin auf 20 bis 50 Milligramm pro Kilogramm senken können, so Shkradyuk.

Verärgerung über undurchsichtige Regelungen

Besonders verärgert sind die Hotelbetreiber nun darüber, dass in angrenzenden Regionen Bodenrichtwerte von bis zu 1'000 Milligramm pro Kilogramm als unbedenklich gelten – und weisen darauf hin, dass dort Tomaten und Kartoffeln angebaut werden. Den Sand in Anapa hingegen beabsichtige schliesslich niemand zu essen, so Oksana. Für sie sei es daher unverständlich, wie es zu solchen Regelungen kommen könne.

Die Betreiber der Region verweisen in der aktuellen Krise häufig auf bereits bekannte Herausforderungen aus der Corona-Pandemie – auch damals blieben viele Urlauber dem beliebten Badeort fern. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Während der Pandemie war eine Anreise mit dem Flugzeug grösstenteils möglich. Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine ist der Flughafen von Anapa jedoch geschlossen. Eine Zugfahrt aus Moskau dauert inzwischen rund 22 Stunden – ein weiterer Faktor, der potenzielle Urlauber abschreckt.

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Knut Knallmann
14.07.2025 22:00registriert Oktober 2015
„es sei so weit gekommen, dass Hotelgäste sogar die Einrichtung mitgenommen hätten“ Überrascht mich nicht. Die russischen Soldaten in der Ukraine haben das ja schön vorgelebt 🥴 Ist alles ein schöner Blick in die tiefen Abgründe der russischen Volksseele.
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butlerparker
14.07.2025 22:08registriert März 2022
Mein Mitleid hält sich in Grenzen, in sehr engen Grenzen. Wie bestellt, so geliefert. Hättet Ihr die UA nicht überfallen, gäbe es keine Schattenflotten und der Unfall wäre nicht passiert. So einfach ist das.

Übrigens gab es früher dort auch viele UA Touristen. Warum die wohl wegbleiben???
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Lausannois86
14.07.2025 22:27registriert November 2018
oh nein, so schade... not. wahrscheinlich stehen sie trotzdem voll hinter dem terror-diktator in moskau. und wahrscheinlich werden die wirtschaftlichen Hilfen nicht genügen, weil dort halt gar viel für den Krieg ausgegeben wird, so dass für so unnötige Hotels dann kein Geld nötig ist. Aber man muss ja die UA Gebiete am Meer erobern und dort dann Ferienanlagen hinzubauen.....
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