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Der Ruf nach mehr Panzerlieferungen an die Ukraine wird immer lauter

Der Ruf nach mehr Panzerlieferungen an die Ukraine wird immer lauter

Die FDP will sogar den Kampfpanzer Leopard 2 in die Ukraine liefern, um die Russen vor dem Wintereinbruch entscheidend zu schlagen. Doch Kanzler Scholz wartet noch immer ab, was seine Nato-Partner tun.
13.09.2022, 05:38
Christoph Reichmuth, Berlin / ch media
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Die Erfolge der ukrainischen Armee gegen die russischen Invasoren lassen den Ruf innerhalb Deutschlands lauter werden, die deutsche Bundesregierung solle nun rasch schwere Waffen, darunter auch Panzer und Schützenpanzer, in die Ukraine liefern, damit die Ukraine möglichst grosse Erfolge noch vor Wintereinbruch verzeichnen können. Der Verteidigungsexperte der Union, Florian Hahn (CSU), sagt:

Zerstörte russische Panzerfahrzeuge in der Region Charkiw im Osten der Ukraine.
Zerstörte russische Panzerfahrzeuge in der Region Charkiw im Osten der Ukraine.Bild: juan barreto/10 September 2022
«Die aktuelle Entwicklung in der Ukraine zeigt: Mit den nötigen Mitteln kann Putins Invasionsdrang erfolgreich zurückgeschlagen werden.»

Auch aus der regierenden Ampel-Koalition werden Forderungen nach Panzerlieferungen wieder lauter: «Mit unseren Panzern würde die Befreiung schneller vorankommen, und weniger Ukrainer müssten sterben», so der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber. Mit «unseren Panzern» meint er den Kampfpanzer Leopard 2 aus Industriebeständen. Grünen-Chef Omid Nouripour erinnert daran, dass bei der militärischen Hilfe für die Ukraine «noch mehr möglich» wäre.

Die grösste Zurückhaltung in der Frage um schwere Waffen, allen voran Panzer, legt wie seit Monaten die SPD an den Tag. «Es bleibt bei der Haltung, die die deutsche Regierung seit Anfang an eingenommen hat und die auch für die Zukunft unsere Haltung sein wird, nämlich dass es keine deutschen Alleingänge gibt», sagte Kanzler Olaf Scholz am Montag bei einer Pressekonferenz. Scholz verwies auf bereits getätigte Lieferungen von Panzerhaubitzen, Mehrfachraketenwerfern und dem Flugabwehrpanzer Gepard.

Teile seiner Regierung und der Opposition reichen diese Waffensysteme allerdings nicht aus, sie würden die deutsche Hilfe gerne intensivieren. Vertreterinnen und Vertreter von FDP und Grünen halten Scholz dazu an, endlich auch Kampfpanzer wie den Leopard 2 sowie den Schützenpanzer Marder in das Kriegsgebiet zu senden.

Ein Wunsch, den die ukrainische Regierung seit Beginn des Krieges immer wieder gegenüber der deutschen Regierung geäussert hat. Nur dank moderner Waffensysteme und Panzer wäre es der Ukraine möglich, die russischen Invasoren aus dem eigenen Land zu drängen.

Kühnert warnt vor Ausweitung des Krieges

Die SPD selbst ist in dieser Frage gespalten. SPD-Chef Lars Klingbeil hält deutsche Schützenpanzer für die Ukraine nicht für gänzlich ausgeschlossen, allerdings werde Deutschland nicht vorneweg gehen. Nur nach internationaler Abstimmung mit den USA, Grossbritannien, Frankreich oder Italien ? Staaten, die selbst auch keine Schützenpanzer in die Ukraine geliefert haben ? könnten über solche Deals verhandelt werden. «Und das muss jetzt schnell gehen.»

Derweil schlägt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert komplett andere Töne an. «Westliche Panzer beispielsweise hat kein Staat bisher geliefert», sagte Kühnert und warnte davor, dass Deutschland durch Lieferung weiterer schwerer Waffen schleichend in den Krieg hineingezogen werden könne. Putin könnte sich dadurch animiert sehen, «völlig irrational» zu handeln und den Krieg auf andere Staaten auszuweiten, warnte Kühnert.

epa10179663 German Chancellor Olaf Scholz looks on next to Israeli Prime Minister Yair Lapid (not in the picture) during a joint press conference at the chancellery in Berlin, Germany, 12 September 20 ...
«Es gibt keine deutschen Alleingänge» ‒ der deutsche Kanzler Olaf Scholz.Bild: keystone

Offenkundig scheut sich Scholz davor, weitere Kettenfahrzeuge neben dem Gepard in das Kriegsgebiet zu schicken, ohne dass es ihm seine Nato-Partner gleichtun. Derweil wird auch aus der Nato der Druck auf Deutschland erhöht, die Ukraine noch eingehender auch mit schwerem Geschütz zu unterstützen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg widersprach vorige Woche den Worten der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), wonach die Bündnis-Staaten ihre eigene Verteidigungsfähigkeit hochhalten müssten, weshalb die Ukraine nicht noch stärker beliefert werden könne. Stoltenberg sagte:

«Indem wir dafür sorgen, dass Russland in der Ukraine nicht gewinnt, erhöhen wir auch unsere eigene Sicherheit und stärken das Bündnis.»

Damit widersprach Stoltenberg der deutschen Verteidigungsministerin deutlich, die noch Ende August betont hatte, dass Deutschland «an die Grenze dessen» gerate, «was wir aus der Bundeswehr abgeben können». Stoltenberg verwies auf die grossen Opfer, die die Ukraine für die Freiheit zu geben bereit sei. «Der Preis, den wir zahlen, wird in Geld gemessen. Der Preis, den die Ukraine zahlt, wird in Leben gemessen.» Die Ukraine müsse mit allen Mitteln unterstützt werden, so der Nato-Generalsekretär. (aargauerzeitung.ch)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bauchgrinsler
13.09.2022 06:41registriert Mai 2021
Das erfordert Mut und Entscheidungskraft.
Das kann man doch von einem deutschen Bundeskanzler nicht erwarten oder nicht, oder doch, oder was.......
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22
Die Warnungen häufen sich: Wegen Putins Geisterschiffen droht eine Katastrophe
Weil der Kreml seeuntüchtige Tanker einsetzt, häufen sich die Warnungen vor einer verheerenden Ölpest in und um Europa. Damit nicht genug, dürften drohende immense Schäden nicht gedeckt sein.

Der schwedische Aussenminister wählte diese Woche gegenüber dem «Guardian» deutliche Worte. Russland scheine bereit zu sein, eine «Umweltverwüstung» anzurichten, indem es seeuntüchtige Öltanker unter Verstoss gegen alle Verkehrsvorschriften durch die Ostsee fahren lasse.

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