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Russe verklagt Apple, weil ihn iPhone-App schwul gemacht habe – so ging es aus

Russe verklagt Apple, weil ihn iPhone-App schwul gemacht habe – so ging es aus

17.10.2019, 14:0217.10.2019, 14:25
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Was wie ein Witz einer Satire-Show klingt, ist fĂĽr einen russischen Mann bitterer Ernst: Er wirft Apple vor, dass er durch den Gebrauch einer App auf dem iPhone schwul geworden sei. Nun fordert er eine Million Rubel (ca. 15'000 Franken) Schadenersatz von dem kalifornischen Unternehmen.

Das Moskauer Gericht hat die Klage, die am 20. September eingereicht wurde, akzeptiert und sieht sich den Fall am 17. Oktober an. Der russische Radiosender Govorit Moskva hat eine Kopie der Anklageschrift veröffentlicht, die darüber Aufschluss gibt, was der Russe Apple genau vorwirft.

Der offizielle Eintrag in der Datenbank des Moskauer Gerichts.
Der offizielle Eintrag in der Datenbank des Moskauer Gerichts.Bild: offizielle gerichtsseite der stadt moskau

Kryptowährungs-App ist schuld

So habe er eine App auf sein iPhone geladen, mit der Kryptowährungen gehandelt werden können. In dieser Anwendung habe ihm ein fremder Mann 69 Münzen der Kryptowährung Gay Coins geschenkt. Der Sender habe ihn ausserdem auf englisch angeschrieben und ihm mitgeteilt, er solle nichts verurteilen, das er nicht kenne.

Der Russe stimmte dem Fremden zu und liess sich laut eigener Aussage auf eine gleichgeschlechtliche Beziehung ein. Nach zwei Monaten habe er festgestellt, dass er es nicht mehr schaffe, aus der Beziehung herauszukommen und nun einen festen Freund habe.

FĂĽr den Russen ist damit klar, dass Apple ihn durch die App manipuliert habe, schwul zu werden. Durch die Nachricht habe sich sein Leben zum Schlechten gewendet. Er wisse nicht, wie er seinen Eltern beibringen solle, dass er nun homosexuell sei. Auch leide er unter moralischen und psychischen Problemen.

Homosexualität ist in Russland ein Tabuthema

In Russland ist Homosexualität in den Augen vieler noch immer etwas Unnatürliches. Obwohl 1993 ein Gesetz erlassen wurde, das Homosexualität offiziell entkriminalisiert hat, stieg der Hass gegen Schwule in Russland in den letzten Jahren wieder an.

Erst 2013 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das «schwule Propaganda» verbietet. Offiziell ist zwar nur die Rede eines Verbots von «Propaganda bei Minderjährigen von nicht traditionellen Lebensweisen», das Gesetz richtet sich aber ganz klar gegen LGBTQ-Aktivisten. Unter anderem wurde daraufhin auf einer Hochschule in St. Petersburg eine Gedenkstatue für Steve Jobs entfernt, weil bekannt wurde dass Tim Cook schwul ist.

Die russische LGBTQ-Aktivistin Jelena Grigorjewa wurde 2019 in St.Petersburg getötet.
Die russische LGBTQ-Aktivistin Jelena Grigorjewa wurde 2019 in St.Petersburg getötet.bild: twitter/julianroepcke

Menschenrechtler in Russland beklagen schon seit Jahren immer wieder brutale Übergriffe gegen LGBTQ-Angehörige. Erst im Juli dieses Jahres wurde in St. Petersburg die LGBTQ- und Menschenrechtsaktivistin Jelena Grigorjewa ermordet aufgefunden. Tage zuvor hatte sie sich nach mehreren Morddrohungen an die Polizei gewandt, die aber laut einem anderen Aktivist keine spürbare Reaktion gezeigt habe.

Update: Die Verhandlung ist inzwischen vorbei. Wie die Nachrichtenagentur SDA berichtet, hat der Mann die Anklage fallen gelassen. Als Grund gab die Anwältin des Klagenden an, ihr Mandant habe das grosse Medieninteresse gescheut. Während die erste Verhandlung noch hinter verschlossenen Türen stattgefunden hatte, wäre die zweite öffentlich gewesen. (pls)

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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chnobli1896
17.10.2019 11:29registriert April 2017
So, genug Internet fĂĽr heute... Ich habe alles gesehen.
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gupa
17.10.2019 11:30registriert Dezember 2014
Wäre lustig wenns nicht so traurig wär.
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ItsMee
17.10.2019 11:43registriert Juni 2017
wow ...
Russe verklagt Apple, weil ihn iPhone-App schwul gemacht habe
wow ...
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5 Menschen erschossen – mutmasslicher Täter stellt sich in Frankreich
In Nordfrankreich sind am Samstag fünf Menschen erschossen worden. Der mutmassliche Täter stellte sich am Abend der Polizei in Ghyvelde in der Nähe der Hafenstadt Dünkirchen, wie die Gendarmerie und die Präfektur mitteilten.

Über den Hintergrund der Tat wurde zunächst nichts bekannt. Das erste Opfer sei am Nachmittag in der Kleinstadt Wormhout gefunden worden, die zwischen Lille und Dünkirchen im Département Nord liegt, teilten die Rettungskräfte mit. Der 29-jährige Mann sei leblos und mit einer Schusswunde auf offener Strasse liegend gefunden worden und noch am Tatort verstorben.

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