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Russland

So will Merz mit Deutschland der Ukraine helfen

Vom «Taurus» redet Merz nicht mehr – so will er stattdessen der Ukraine helfen

Anstatt den deutschen Marschflugkörper einzusetzen, soll die Ukraine selbst Waffen produzieren, die Ziele weit hinter der russischen Grenze erreichen. Wann diese zur Verfügung stehen werden, bleibt aber offen.
28.05.2025, 15:28
Hansjörg Friedrich Müller, Berlin / ch media
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Dass in den deutsch-ukrainischen Beziehungen ein neues Kapitel beginnt, wollte der neue Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch demonstrieren, als er in Berlin den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfing. Auf den Zauderer Olaf Scholz, so die Botschaft, die beim Publikum ankommen sollte, ist ein überzeugter und engagierter Unterstützer Kiews gefolgt.

Germany's Chancellor Friedrich Merz, right, and Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy attend a news conference at the chancellery in Berlin, Germany, Wednesday, May 28, 2025.(AP Photo/Mark ...
Betont herzliche Atmosphäre: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) und der deutsche Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch in Berlin.Bild: keystone

Die Inszenierung gelang: Herzlicher als zwischen dem «lieben Wolodimir» und dem «lieben Friedrich», wie sich die beiden Politiker auf der gemeinsamen Pressekonferenz gegenseitig ansprachen, kann die Atmosphäre zwischen zwei Politikern kaum sein. Als Merz den Gast auf ein Problem bei der Simultan-Übersetzung hinweisen wollte, griff er ihm beherzt an den Arm – man konnte das als Zeichen von Vertrautheit sehen.

Den «Taurus» erwähnen weder Merz noch Selenskyj

Die anwesenden Journalisten interessierte vor allem eines: Wird Deutschland der Ukraine den «Taurus» liefern, jenen Marschflugkörper, den Scholz der ukrainischen Armee wohl aus Angst vor einer Eskalation des Krieges nicht in die Hände geben wollte, dessen Lieferung Merz vor seiner Wahl zum Kanzler aber gefordert hatte.

Germany's Chancellor Friedrich Merz, right, welcomes Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy during an official military reception at the chancellery in Berlin, Germany, Wednesday, May 28, 2 ...
Selenskyj und Merz im Gespräch.Bild: keystone

Am Montag, zwei Tage vor Selenskyjs Besuch, hatte Merz noch mit einer rätselhaften Äusserung für Aufsehen gesorgt: Die Ukraine dürfe künftig auch Ziele weit hinter der russischen Grenze angreifen, sagte er.

Merz ruderte alsbald zurück: Was er gesagt habe, gelte auch jetzt schon für deutsche, französische, britische und amerikanische Waffensysteme. Von einer «Taurus»-Lieferung wollte er nicht mehr reden. Die Verwirrung steigerte er damit eher noch, denn deutsche Waffen, die bisher in die Ukraine geschickt werden, erreichen allenfalls Ziele, die 80 Kilometer hinter der russischen Grenze liegen.

Am Mittwoch wurde klar, was der Kanzler gemeint haben könnte: Die Verteidigungsminister Deutschlands und der Ukraine würden am Nachmittag eine Vereinbarung über weitreichende Waffensysteme aus ukrainischer Produktion unterzeichnen, sagte Merz. Den «Taurus» erwähnten weder er noch Selenskyj.

Über die Details der Vereinbarung wollen sie nicht reden

Für den Bau dieser Waffensysteme sollen die Ukrainer Komponenten aus Deutschland, aber auch aus Frankreich, Grossbritannien und Italien erhalten. «Es wird hierbei keine Reichweitenbeschränkungen geben», sagte Merz. So könne sich die Ukraine auch gegen militärische Ziele ausserhalb ihres eigenen Staatsgebietes verteidigen.

Der ukrainische Präsident zeigte sich mit der Vereinbarung zufrieden. Ab wann die weitreichenden Waffen aus ukrainischer Produktion zur Verfügung stehen werden, blieb allerdings unklar. Auf der Pressekonferenz stellte Selenskyj es so dar, als sei der Produktionsbeginn nur noch eine Frage der Finanzierung. Merz sagte, man werde Details der Vereinbarung nicht öffentlich diskutieren. Wirklich helfen würden die Waffensysteme der Ukraine wohl nur, wenn sie bald zur Verfügung stünden.

Merz sprach davon, die Militärhilfe für die Ukraine weiter ausbauen zu wollen. Schon unter Scholz war Deutschland neben Grossbritannien der wichtigste europäische Unterstützer der Ukraine – deutlich vor Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron das eigene Engagement der Weltöffentlichkeit allerdings sehr viel besser verkaufte als Scholz. (bzbasel.ch)

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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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G. Laube
28.05.2025 16:12registriert April 2020
'Merz sagte, man werde Details der Vereinbarung nicht öffentlich diskutieren.'

Endlich scheinen sie begriffen zu haben, dass man dem Schlächter im Kreml nicht alle Informationen im Voraus frei Haus liefern sollte!
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Markus B.
28.05.2025 15:55registriert September 2022
einfach nichts öffentlich kommunizieren wenn der Taurus geliefert würde. Dann weiss es niemand ausser die Beteiligten und gut ist.
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ABWESEND
28.05.2025 16:07registriert September 2024
Putin wollte die Ukraine vernichten. was er nun kriegt ist, eine verstärkte NATO, russischer wirtschaftlicher Ruin, Entblössung des russischen Militärs und eine militärisch hochgezüchtete Ukraine.

da ging der eigentliche Plan ordentlich in die Hose.
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