Seit die Schweiz die Sanktionen der EU gegen Russland vollumfänglich übernommen hat, tobt im Land eine Debatte über die Neutralität: Die SVP sieht diese verletzt. Der Bundesrat argumentiert hingegen, militärisch sei die Eidgenossenschaft neutral wie eh und je.
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Wie sich nun aber zeigt, führte der Bundesrat an seinen beiden letzten Sitzungen auch intensive Diskussionen über die Neutralität in einem militärischen Kontext. Thema: Nach welchen Grundsätzen erlaubt oder verbietet der Bund Überflüge über die Schweiz von Nato-Flugzeugen?
Die Diskussion erfolgte nicht im luftleeren Raum. «Es gab Anfragen für Nato-Überflüge, diese wurden aber in der Zwischenzeit wieder zurückgezogen.» Dies teilte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) aus dem Verkehrsdepartement von Simonetta Sommaruga bereits am Donnerstag auf Anfrage mit. Nähere Angaben machte das Amt dazu nicht.
Doch liegt nahe, dass der Bundesrat durch die Nato-Gesuche unter Druck geraten ist. Denn in der «Verordnung über die Wahrung der Lufthoheit» des Bundes heisst es:
Dass es sich bei den Nato-Gesuchen um solche mit politischer Tragweite gehandelt haben dürfte, liegt auf der Hand. Denn wiewohl das westliche Militärbündnis nicht direkt in den Krieg in der Ukraine involviert ist, liefern Nato-Mitgliedsländer Waffen, Munition und Ausrüstung an die von Russland attackierte ukrainische Armee. Transportflüge mit solchen Gütern dürfen den Schweizer Luftraum gemäss der erwähnten Verordnung nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Bundesrats durchqueren.
Gespräche mit involvierten Personen legen nahe, dass Sommaruga zusammen mit Verteidigungsministerin Viola Amherd und gestützt auf Analysen der Direktion für Völkerrecht aus dem Aussendepartement dem Bundesrat vor einer Woche eine grosszügige Regelung der Bewilligung von Nato-Überflügen beantragten. Sie schlugen vor, dass militärische Flüge von einem Nato-Staat in einen andern Nato-Staat über die Schweiz grundsätzlich möglich sein sollten.
Dass also nicht mehr in jedem einzelnen Fall eine Bewilligung erteilt werden müsste. Im Kontext mit dem Krieg in der Ukraine hätte diese Erleichterung auch Flüge betroffen, mit denen Material und Personal aus dem Süden und Südwesten Europas beispielsweise nach Polen oder in die baltischen Staaten verschoben wird, um die Nato-Ostgrenze militärisch zu stärken.
Keine Erleichterung forderten die beiden federführenden Bundesrätinnen laut übereinstimmenden Angaben hingegen für Transportflüge mit Kriegsmaterial, das für die Ukraine bestimmt ist. Es sollte «keine Luftbrücke für Waffenlieferungen in die Ukraine über die Schweiz ermöglicht werden», wie eine involvierte Person versichert.
Für die generelle Bewilligung von Flügen zwischen Nato-Staaten brachten Amherd und Sommaruga unter anderem folgende Argumente vor. Erstens: Würden Gesuche für Transportflüge etwa von Frankreich nach Rumänien abgelehnt, würde man diese Nato-Staaten gleich behandeln wie den Kriegstreiber Russland, wohin Kriegsmaterialtransporte grundsätzlich verboten sind.
Zweitens sei es nicht kohärent, dass Waffenexporte aus der Schweiz in Nato-Staaten weiter möglich seien, Transportflüge der Nato über die Schweiz aber eingeschränkt würden. In der Praxis würden deshalb ohnehin wohl alle Nato-Überflüge ohne direkten Kriegsbezug bewilligt, wie das in gewöhnlichen Zeiten die Regel sei.
Im Bundesrat setzte sich diese Linie jedoch nicht durch. Dies zeigt das Communiqué des Bundesrats von Freitagabend. Von einer Erleichterung für bestimmte Nato-Überflüge ist darin nicht die Rede. Offensichtlich war dieser Entscheid der Mehrheit des Bundesrats angesichts der angeheizten Neutralitätsdebatte zu gewagt.
Faktisch dürften die Nato-Staaten für die erwähnten Überflüge dennoch eine Bewilligung erhalten, einzelfallgeprüft. Oder sie umfliegen die Schweizer Bürokratie mit einem Aufwand von ein paar zusätzlichen Flugminuten. (aargauerzeitung.ch)
D. Valldumatin
Kriegsmaterialexport ist mit der Neutralität vereinbarbar, wenn nur die Kohle stimmt. -
Überflugsrecht für humanitäre Rettungsmissionen = lieber nicht. Wir sind ja neutral und wollen niemanden bevorteilen - aussert eben, er hat das nötige 'Kleingeld'.
Lowend
Die SVP vertritt mehr und mehr die Interessen der Moskauer Junta und langsam sollte mal die Nähe der SVP zu den neofaschistischen Und rechtspopulistischen Bewegungen, die alle von Putin unterstützt werden, thematisiert werden und darum stelle ich direkt eine Frage an die SVP; könnt ihr der Schweizer Bevölkerung bitte mitteilen, ob je russische Gelder, in welcher Form auch immer, in die Parteikasse oder zu SVP-Politikern flossen?
Hadock50