Deutschland hat die Schweiz vor einer Woche um den Kauf eingelagerter Leopard-2-Kampfpanzer ersucht. Sie sollen Panzer ersetzen, die Deutschland und andere EU-Länder in die Ukraine geliefert haben, teilte das Schweizer Verteidigungsdepartement am Freitag zu einer Meldung des «Blick» mit.
Nein. Die deutschen Minister Boris Pistorius (SPD) und Robert Habeck (Grüne) haben in ihrem Schreiben an Bundesrätin Viola Amherd versichert, dass die Panzer nicht an die Ukraine weiter gegeben werden.
Stattdessen sollen sie diejenigen Panzer ersetzen, die von EU- und NATO-Ländern in die Ukraine verfrachtet worden sind oder noch werden. Neben Deutschland liefern Finnland, Schweden, Polen oder Portugal Kampfpanzer an das Land am Donbass.
Für die Schweiz ist es essenziell, dass die Panzer nicht in der Ukraine landen, denn bislang besteht in Bern weiterhin die Doktrin, dass kein Kriegsmaterial an Länder, die in einem militärischen Konflikt stehen, geliefert werden darf – auch nicht via Wiederverkauf eines anderen Staates.
Es handelt sich dabei um Panzer des Typs «Leopard 2 A4», mit vollem Namen «Panzer 87 Leopard» genannt. Die «Katzen» stammen aus Deutschland, genauer aus dem Hause Krauss-Maffay-Wegmann. 1984 beschloss das Parlament den Kauf von 380 Leoparden, um den in die Jahre gekommenen «Panzer 68» zu ersetzen. Die Panzer wurden dann unter Lizenz zum grössten Teil von der RUAG gebaut.
Seit 2006 wurden 134 Kampfpanzer mit Upgrades aufgerüstet zum «Panzer 87 Leopard WE» – das WE steht für Werterhaltung. Damit sollte die Lebensdauer der Panzer um weitere 20 Jahre verlängert werden.
Doch um diese wertgesteigerten Leoparden geht es hier nicht, sondern um die «alten». Nach allerlei Verkäufen, Umrüstungen und Verschrottungen hat die Schweiz noch 96 «Panzer 87 Leopard», die in einer geheimen Lagerhalle in der Ostschweiz stehen. Sie sind als Reserve der Armee gedacht.
Das kommt darauf an, wen man fragt. VBS-Sprecher Lorenz Frischknecht bestätigte gegenüber dem «Blick», dass die Armee bereits mit den Abklärungen zum Verkauf begonnen habe: «Aus Sicht der Armee wäre es grundsätzlich möglich, auf eine beschränkte Anzahl von Kampfpanzern zu verzichten – abzüglich des Eigenbedarfs für die Schweiz.» Eigenbedarf heisst hier: 34 eingemottete Panzer, die die 134 WE-Leoparden, die aktuell im Einsatz sind, ergänzen sollen.
Die Politik ist bislang skeptisch. So wurde erst kürzlich eine parlamentarische Initiative abgelehnt, die die Weitergabe von bis zu 30 «alten» Leoparden vorsah. Die Mehrheit der Parlamentarier argumentierte damit, dass die Panzer eine strategische Reserve seien, die man nicht einfach so verschachern könne.
Und die Milizarmee hat auch keine Freude. Erich Muff, Präsident der Offiziersgesellschaft der Panzertruppen, hält nicht viel von der Idee, Leos abzugeben: «Wir haben schon heute nicht genug Fahrzeuge.»
Rechtlich gesehen dürften, anders als zum Beispiel beim Munitions-Debakel von letztem Jahr, keine Probleme auftreten. Denn die Panzer gehen nicht an die Ukraine und fallen somit nicht unter das Kriegsmaterial-Gesetz.
Vonseiten des VBS gibt es aber eine Voraussetzung: Das Parlament muss die Panzer formell per offiziellem Beschluss ausser Dienst setzen, damit sie weiterverkauft werden können. Dies teilte VBS-Chefin Amherd auch ihren deutschen Pendants und Amtskollegen mit. Damit signalisierte sie auch indirekt, dass sie alleine nicht die Entscheidung treffen kann.
So steht und fällt der Verkauf also mit dem Parlament. Und dieses dürfte sich zunehmend wohlwollend geben. Denn der Druck von innen und aussen wächst täglich.
(cpf)