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Migration: Kroatische Spezialeinheiten prügeln Migranten aus Europa

Kroatische Spezialeinheiten prügeln Migranten aus Europa

Staatliche Spezialeinheiten jagen und misshandeln Flüchtlinge an den EU-Aussengrenzen. Eine Recherche zeigt, wer sie sind und wer sie finanziert.
08.10.2021, 09:12
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Auf Videos ist zu sehen, wie Flüchtlinge, die über die Balkanroute nach Europa gelangen wollen, von bewaffneten und vermummten Gruppen an der kroatischen Grenze geschlagen, misshandelt und dann illegal wieder aus der EU gedrängt werden. Diese sogenannten Pushbacks sind illegal, verstossen sie doch gegen das Zurückweisungsverbot im EU-Recht und der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wer sind diese Gruppen, die solche illegale Abschiebungen an der EU-Aussengrenze auf solch systematische Weise betreiben? NGOs und verschiedene Medien wie der «Spiegel» haben in monatelanger Recherche aufgedeckt, was die EU-Länder bisher verschwiegen: Wer die Pushbacks durchführt und wie sie sich finanzieren.

Flüchlingskonvention:
Schutzsuchende dürfen gemäss der Genfer Flüchtlingskonvention durch Abschiebungen nicht in Gefahr gebracht werden. Wenn sie es einmal auf – in diesem Fall europäischen – Boden geschafft haben, müssen sie die Chance bekommen, einen Asylantrag stellen zu können. Die Pushback-Aktionen verhindern die Wahrnehmung dieses Rechts.

Nach acht Monaten Recherche ist klar, dass es sich bei den Schlägertruppen grösstenteils um kroatische Interventionspolizisten handeln muss. Kleidung, Waffen sowie mehrere anonyme Aussagen von kroatischen Polizeibeamten stützen diesen Befund.

Dabei agieren die kroatischen Grenztruppen nicht autonom, sondern unterstehen offiziell als staatliche Einheit dem kroatischen Innenministerium. Das bedeutet, dass diese Pushbacks unter anderem über den Schengen-Fonds für die innere Sicherheit (ISF) finanziert werden. Diese Zahlungen sollen Schengen-Staaten unterstützen, die für den Schutz der Schengen-Aussengrenzen hohe Kosten tragen müssen.

Als Schengen-Mitglied zahlt die Schweiz ebenfalls in diesen Fonds ein – und will sich auch in Zukunft daran beteiligen. Für das Nachfolgeprojekt, das sogenannte Border Management and Visa Instrument (BMVI), soll die Schweiz 300 Millionen Euro in den Fonds einzahlen. Derzeit befindet es sich das Geschäft in der Vernehmlassung und wartet auf die Zustimmung des Parlaments.

(adi)

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Flüchtlinge aufs Festland transportiert
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Flüchtlinge aufs Festland transportiert
Die Flüchtlingslager im Osten der Agäis in Griechenland sind hoffnungslos überfüllt.
quelle: epa / stratis balaskas
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Sommaruga auf der griechischen Flüchtlingsinsel Lesbos
Video: srf
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38 Kommentare
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Der Salzstreuer
08.10.2021 10:43registriert März 2018
Botschaftsasyl wieder einführen, so dass echte Flüchtlinge die möglichkeit haben, ohne Schlepperbanden in Sicherheit zu gelangen.
Nicht berechtigte und Wirtschaftsmigranten darf man dann an der Grenze gerne entsprechend zurückdrängen
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Fondor
08.10.2021 11:15registriert März 2020
Diese ersten Kommentare hier schockieren mich!

Es sind menschen mit rechten von denen wir hier sprechen. Das Recht Asyl zu stellen! Ob dieses Asyl gewährt wird ist nochmals ein anderes Thema und muss geklärt werden. Was da aber geschieht ist genau das Gegenteil! Ohne eine faire Klärung werden die Asylsuchenden unter Gewalt verprügelt und ilegal aus der EU geworfen!

Wie dies hoer gutgeheisen werden kann verstehe ich nicht. Keiner nimmt einen solchen Weg freiwillig auf sich!

Schwer überhaupt nachvollziehen zu können wie gross deren Sorgen sein müssen!
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Zar Otti
08.10.2021 11:59registriert Juni 2014
Migration hat es immer gegeben und wird es immer geben. Wie damit umzugehen ist, ist wohl eine der schwierigsten Fragen für einen souveränen Staat respektive einen Staatenbund wie die EU. Wie wir in der Vergangenheit sehen, ist Migration immer auch eine Chance. Ohne Migration wäre die Schweiz niemals dort, wo sie heute ist.
Unabhängig von der Frage des richtigen Umgangs mit Migration ist es aber absolut inakzeptabel, was an den EU Aussengrenzen und auf dem Mittelmeer geschieht. Ein absolutes Armutszeugnis für den aufgeklärten und ach so menschenrechtsfreundlichen Westen.
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