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Kanzler Friedrich Merz nimmt an der Sommer-Pressekonferenz Stellung

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Trotz eines holprigen Starts sieht der deutsche Kanzler Friedrich Merz seine schwarz-rote Koalition auf einem guten Weg.Bild: keystone

Kanzler Merz versprüht trotz holprigem Start Zuversicht: «Das schaffen wir»

Kanzlerwahl im zweiten Anlauf, verpatzte Richterwahl, verstolperte Energiekostensenkung. Jetzt nimmt Merz an der Sommer-Pressekonferenz in Berlin Stellung.
18.07.2025, 15:1318.07.2025, 15:13
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Trotz eines holprigen Starts sieht der deutsche Kanzler Friedrich Merz seine schwarz-rote Koalition auf einem guten Weg.

Es gebe in jeder Regierung «immer mal wieder Meinungsverschiedenheiten», sagt er in seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Die aktuelle Auseinandersetzung über die Richterwahl sei aber keine Krise, auch wenn die Situation besser sein könnte. «Das wollen wir, das schaffen wir», fügte er hinzu.

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Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: keystone

Wahrscheinlich ungewollt lehnte er sich damit an die damalige Kanzlerin, seine Parteikollegin Angela Merkel, an, die im selben Saal der Bundespressekonferenz vor fast genau zehn Jahren zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge gesagt hatte: «Wir schaffen das.» Es ist bis heute das bekannteste Zitat aus den bisherigen Sommer-Pressekonferenzen der Bundeskanzler.

«Begleitkommunikation» zur Einstimmung

Merz stellte sich eineinhalb Stunden den Fragen der fast 200 Journalisten deutscher und internationaler Medien. Schon vor Beginn verschickte das Bundespresseamt zur Einstimmung eine schriftliche «Begleitkommunikation» zu der Veranstaltung unter der Überschrift: «Verantwortung für Deutschland – der Anfang ist gemacht.»

Es listet vom Investitions-Sofortprogramm bis zu den Grenzkontrollen die zehn Massnahmen auf, die aus Sicht des Kanzleramts die Highlights der ersten 74 Tage der Regierung Merz waren.

«Wir haben die Wende eingeleitet», sagt der konservative Kanzler selbst auch in seinem Eingangsstatement. Die Stimmung in der Wirtschaft verbessere sich. Erste Institute korrigierten Prognosen nach oben. Das Interesse von Investoren sei deutlich gestiegen.

Merz schliesst bei Richterwahl keine Option aus

In der Fragerunde gibt es dann aber ein anderes Top-Thema: Die gescheiterte Wahl von drei Verfassungsrichtern am Freitag vor einer Woche, dem letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause. Merz bleibt bei seiner bisherigen Linie, dass dies die Koalition nicht erschüttere und man nun in aller Ruhe nach einer Lösung suchen werde. Dabei sei noch alles offen.

epa12245048 German Chancellor Friedrich Merz gestures during the annual summer news conference at the Federal Press Conference (Bundespressekonferenz) in Berlin, Germany, 18 July 2025. The traditional ...
Friedrich Merz ist seit Mai Bundeskanzler von Deutschland. Bild: keystone

«Ich schliesse jedenfalls aus heutiger Sicht keine Option aus.» Damit meint er auch einen Rückzug von Kandidaten. «Wir wissen nicht, wer die Kandidatinnen und Kandidaten bei der Wiederholungswahl sein werden.»

Man müsse nun «besser in die Fraktion hineinhören», sagt Merz und betont, dass er sich selbst in die Entscheidungsfindung einschalten werde – auch wenn es Sache der Bundestagsfraktionen sei. Über seine eigene Einstellung zu der wegen ihrer Haltung zu Abtreibungen umstrittenen Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf schweigt der Kanzler aber: «Ich bilde mir ein Urteil, sobald die nächste Entscheidung im Deutschen Bundestag ansteht.»

Kritik an Brosius-Gersdorf teilweise «beleidigend»

Bemerkenswert ist allerdings, dass Merz die Anfeindungen und Drohungen gegen die Potsdamer Staatsrechtlerin mit sehr deutlichen Worten verurteilt: «Das, was Frau Brosius-Gersdorf in den letzten Wochen erlebt hat, ist völlig inakzeptabel.» Die Kritik sei teilweise «beleidigend und herabsetzend» gewesen.

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Frauke Brosius-Gersdorf wurde nicht zur Richterin am Bundesverfassungsgericht gewählt.Bild: www.imago-images.de

Die geplante Wahl der Staatsrechtlerin an das höchste deutsche Gericht war in der vergangenen Woche kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags genommen worden. In der christdemokratischen Union (CDU/CSU) von Merz hatte es Widerstand gegen Brosius-Gersdorf, eine Kandidatin der sozialdemokratischen SPD, gegeben. Die Union-Fraktionsführung konnte die mit der Koalitionspartnerin SPD verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.

Auf die Frage einer Journalistin nach der Stabilität von der nach den Parteifarben Schwarz-Rot genannten Koalition angesichts der nun schon zweiten Wahlschlappe im Bundestag nach dem gescheiterten ersten Wahlgang bei der Kanzlerwahl verweist Merz auf eine stabile Mehrheit im Parlament. Er räumt aber ein, dass man auch «im Hinblick auf vermeintliche Sicherheiten im Deutschen Bundestag in sehr unsicheren Zeiten» lebe. Trotzdem habe die Regierung so viel auf den Weg gebracht «wie selten eine Regierung in Deutschland in den ersten Wochen» zuvor.

Abschiebeflug startet kurz vor Beginn der Pressekonferenz

Ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag löste die Regierung noch schnell unmittelbar vor der Sommer-Pressekonferenz ein. Dort heisst es: «Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.» Am Morgen startete ein Flugzeug von Qatar Airways mit 81 Afghanen von Leipzig Richtung Kabul.

Es ist erst der zweite solche Flug seit der Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan 2021 und der erste unter der neuen deutschen Regierung. Das Neue: Erstmals gab es Gespräche mit den Taliban darüber, die aber nur «technischer» Art gewesen sein sollen. «Eine diplomatische Anerkennung des Taliban-Regimes steht überhaupt nicht zur Entscheidung an. So etwas kann es gar nicht geben», sagt CDU-Chef Merz. Deutschland erkenne die De-facto-Regierung in Afghanistan nicht an. Bis auf weiteres werde es bei technischen Abstimmungen bleiben.

Merz über Merkels Flüchtlings-Politik: «Offenkundig nicht geschafft»

Auf das Merkel-Zitat «Wir schaffen das» von 2015 wird Merz übrigens in der Pressekonferenz auch noch angesprochen. «Heute wissen wir, dass wir es in diesem Bereich, den sie damals gemeint hat, offenkundig nicht geschafft haben», sagt der Kanzler dazu – und begründet damit, was seine Regierung heute gegen irreguläre Migration tue. (sda/dpa)

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quelle: keystone / clemens bilan
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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Doplagus
18.07.2025 16:07registriert Dezember 2019
Hat schon mal eine gesagt.

Wirklich funktioniert hats nicht.
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Schlaf
18.07.2025 16:39registriert Oktober 2019
Finde die Wortwahl mutig vom Kanzler. Könnte ihm noch ein Bein stellen.
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ursus3000
18.07.2025 15:27registriert Juni 2015
Angela Merkel: Wir schaffen das
Friedrich Merz: Das schaffen wir
Da ist meine Zuversicht schon verflogen
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