Die Parteien überbieten sich mit Ideen, wie die neue XXL-UBS gezähmt werden könnte – und fordern unter anderem die Abspaltung der Credit Suisse Schweiz. Doch Recherchen von «SonntagsBlick» zeigen: Die UBS-Spitze will sich von der Politik nichts vorschreiben lassen. Insbesondere haben die Verantwortlichen wenig Lust, das Schweiz Geschäft der CS wieder herauszurücken. Ein hoher Kadermann sagt im Gespräch mit SonntagsBlick: «Vieles davon ist Wahlkampfgetöse von Politikern, die vom Bankgeschäft keine Ahnung haben.» Die Bank spekuliert darauf, dass die Übernahme längst über die Bühne ist, bis die Politik irgendetwas beschlossen hat.
Die vom Bundesrat gewählte Lösung zur Credit Suisse lehnen zwei Drittel der Befragten einer Umfrage ab. Viel lieber hätten die Schweizerinnen und Schweizer gesehen, wenn der Staat die CS verstaatlicht und später verkauft hätte. Das zeigt eine repräsentative Sotomo-Umfrage im Auftrag von «SonntagsBlick» mit 7407 Teilnehmenden aus der französisch- und deutschsprachigen Schweiz. 61 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden hätten diese Variante bevorzugt. Eine Monster-UBS findet keine Unterstützung im Volk. Vier von fünf Befragten fordern, die UBS müsse die Inlandgeschäft der Credit Suisse wieder ausgliedern, um ein Klumpenrisiko zu vermeiden. Die Befragten sind nicht über allfällige politische oder regulatorische Versäumnisse wütend, sondern über das Verhalten der CS-Kaderleute: 77 Prozent kreuzten bei möglicher Mehrfachnennung das Missmanagement der CS-Führung als Anlass zum Ärger an.
Die Finanzmarktaufsicht (Finma) ist nach dem Debakel der Credit Suisse ins Visier der Parteien geraten, so «Le Matin Dimanche». Die Finma wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit, Integrität und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zu stärken und hat 550 Mitarbeiter. Ihr Direktor, ihre Präsidentin und drei Mitglieder des Verwaltungsrats haben alle bei der Bank Credit Suisse gearbeitet, so die Zeitung weiter. «Unsere Partei wird die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission unterstützen, um die Rolle der Finma zu beleuchten», sagte Thomas Aeschi, Präsident der SVP-Fraktion, in der Zeitung. «Die Finma ist dafür verantwortlich, dass sie die Krise nicht hat kommen sehen, obwohl ihre Rolle gerade das Risikomanagement ist», sagt Samuel Bendahan, Vizepräsident der SP. «Diese Angelegenheit muss geklärt werden.»
Der Krieg in der Ukraine macht die Schweizer Bevölkerung europafreundlicher. Das zeigt eine neue, repräsentative Umfrage von GfS Bern, über welche die «NZZ am Sonntag» berichtet. Gemäss dieser ist der Anteil der Stimmberechtigten, die ein ausschliesslich positives Bild von den bilateralen Verträgen mit der EU haben, gegenüber dem Vorjahr von 53 auf 59 Prozent angestiegen. Zugleich sprechen sich 60 Prozent der Stimmberechtigten für einen Beitritt der Schweiz zum EWR aus. Die Schweizerinnen und Schweizer schauten seit dem Ausbruch des Krieges anders auf Europa, sagt GfS-Co-Leiter Urs Bieri, der die Umfrage im Auftrag des Branchenverbands Interpharma erstellt hat. Die Umfrage zeigt zudem, dass eine Mehrheit der Stimmberechtigten offen ist für Kompromisse im Streit mit der EU.
Als einzige Möglichkeit, eine Monopolstellung der UBS zu verhindern, bleibt derzeit nur die Postbank, die man mittels einer Banklizenz zum Konkurrenten der UBS aufbauen könnte. SP-Fraktionschef Roger Nordmann und Mitte-Präsident Gerhard Pfister wollen die Idee unterstützen, wie die «SonntagsZeitung» schreibt. Viele Alternativen gibt es nicht: Eine Woche nach dem Deal des Jahrhunderts steht der Schweizer Finanzplatz weiter unter Schock. Nur eines ist bereits klar: Die UBS wird nach der Übernahme der Credit Suisse so gross und unberechenbar, dass sie zur Monster-Bank wird. Die Schweizer Politik überschlägt sich mit Vorschlägen, wie man das Monster zähmen könnte. Besonders beliebt ist die Idee, die CS-Schweiz aus dem Deal herauszulösen und eigenständig zu machen. Doch Experten verwerfen den Vorschlag: Die Kosten der Operation wären zu hoch und die Restbank wäre schlicht nicht profitabel.
Sogar die Bewohnerinnen und Bewohner der rot-grünen Städte sind gegen die generelle Einführung von Tempo 30 innerorts. Das zeigt eine repräsentative Studie des Touring Club Schweiz (TCS) in zehn Städten, die der «NZZ am Sonntag» vorliegt. 66 Prozent der Befragten lehnen flächendeckendes Tempo 30 ab. Nur gerade in Lugano ist eine knappe Mehrheit dafür. In allen anderen Städten ist die Ablehnung deutlich. Das hat politische Sprengkraft: «Gewisse Städte propagieren Tempo 30 als Allheilmittel und politisieren offensichtlich an der Mehrheit ihrer Bevölkerung vorbei», so TCS-Präsident Peter Goetschi. Eine Mehrheit der Befragten befürchtet, dass das langsamere Tempo auf Hauptstrassen die Rettungsdienste und den öffentlichen Verkehr ausbremsen könnte. Der Schweizerische Städteverband kritisiert die Studie des TCS als einseitig.
Mit dem Kauf der Credit Suisse übernimmt die UBS auch die offenen Rechtsfälle der kollabierten Grossbank. Die potenziellen Strafzahlungen in Milliardenhöhe hatten auch Einfluss auf den Kaufpreis, wie die «SonntagsZeitung» erfahren hat. Will die Bank die Fälle rasch lösen, führt das potenziell zu höheren Kosten. Die UBS kann laut Steuerexperten bei einer Fusion alte Verluste der SC mit eigenen Gewinnen künftiger Jahre verrechnen. Das Gesetz erlaubt das im Grundsatz bei Zusammenschlüssen. Anerkennt die Steuerverwaltung die Verrechnung alle Verluste der Muttergesellschaft der CS, kann die UBS 24 Milliarden Franken von ihren künftigen Gewinnen abziehen.
Politiker aus FDP, GLP, Mitte und SP haben einen Ausweg gefunden, um die blockierte Kriegsmaterial-Debatte wieder in Schwung zu bringen: Die Weiterleitung von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial soll durch das Uniting-for-Peace-Verfahren der Uno abgestützt werden. Wenn der Uno-Sicherheitsrat durch die Vetomächte blockiert ist, kann die Uno-Generalversammlung einspringen und Massnahmen ergreifen. Dies ist im Zuge des Ukraine-Krieges bereits geschehen. Für FDP-Nationalrätin Maja Riniker liefert das Verfahren «eine gute Grundlage, um Waffenlieferungen in die Ukraine zu erlauben», wie sie in der «SonntagsZeitung» sagt. Die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats wird demnächst Anhörungen durchführen. Dabei will sie abklären, ob es möglich ist, das Prozedere in der Schweizer Rechtsordnung rechtsverbindlich umzusetzen.
Der Genfer Fotojournalist Guillaume Briquet wurde vor einem Jahr in der Ukraine gezielt beschossen. Sein Fall machte international Schlagzeilen – und beschäftigt nun auch die obersten Ermittler der Schweiz. Laut dem «SonntagsBlick» hat die Bundesanwaltschaft (BA) ein Verfahren wegen Kriegsverbrechen eröffnet, das erste dieser Art im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. BA-Sprecher Anthony Brovarone bestätigt: «Nach einer Anzeige einer Nichtregierungsorganisation wurde ein Strafverfahren eröffnet.» Die Ermittlungen würden sich derzeit gegen unbekannt richten. Die Anzeige eingereicht hat die ukrainische NGO Truth Hounds, die seit 2014 Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentiert. Sie macht ein russisches Kommando für den Angriff verantwortlich.
Kriminelle Gruppen suchen unter Geflüchteten aus der Ukraine nach Opfern. Bisher wurden nur wenige Fälle bekannt. Doch nun schlägt die Nationale Meldestelle für Menschenhandel gegenüber der «SonntagsZeitung» Alarm: «Die Gefahr für ukrainische Flüchtlinge, Opfer von Menschenhändlern zu werden, steigt zurzeit stark», sagt Irene Hirzel von der Meldestelle Act212. Sie beruft sich auf Daten der OSZE. Diese zeigen zurzeit eine starke Zunahme von verdächtigen Angeboten. Die Einschätzung der nationalen Meldestelle teilt man auch beim Bund: «Vermehrt locken Menschenhändler auf den sozialen Medien und im Internet mit dubiosen Arbeitsangeboten. Dies steht im Kontext eines deutlichen Anstiegs der Online-Suchabfragen zu Begriffen im Zusammenhang mit ukrainischer Pornografie, die in ganz Europa zu verzeichnen sind», sagt Andreas Heller vom Aussendepartement EDA.
Das Parlament wollte möglich machen, dass innert drei Jahren Dutzende alpine Solaranlagen gebaut werden. Es wäre ein Meilenstein auf dem Weg zur Energiewende. Dazu hat es die Bewilligungsverfahren für Photovoltaikanlagen in den Bergen rigoros vereinfacht. Doch Stromversorger kritisieren nun, im neuen Gesetz gebe es einen Fehler, der viele Anlagen verhindern werde, wie die «SonntagsZeitung» schreibt. Der Grund: Für den Bau der Anlagen müsste vielerorts auch das Übertragungsnetz ausgebaut werden. Doch für diese gibt es keine verkürzten Bewilligungsverfahren. Die regulären Verfahren dauern in der Regel 10 bis 15 Jahre. Viele Standorte für alpine Solaranlagen fallen weg, weil die Übertragungsnetze bereits ausgelastet sind.
Die Grösse der neuen UBS nach der Übernahme der Credit Suisse ist im Vergleich zur Schweiz überdimensioniert, warnt «Le Matin Dimanche». Ein Konkurs würde die Schweiz in eine Rezession stürzen. Die Einlagen der Sparer, die schnell abgezogen werden könnten, belaufen sich auf über 750 Milliarden Franken. Das entspricht fast dem, was in der Schweiz mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 800 Milliarden Franken jährlich produziert wird. Henry Peter, Professor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf, schlägt vor, das Investmentbanking drastisch zu reduzieren. «Diese Tätigkeiten sind sehr einträglich, können sich aber auch als ziemlich riskant erweisen.» Jean-Pierre Danthine, ehemaliger Vizepräsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), schlägt hingegen vor, die Bankenaufsicht zu stärken. (sda)