Nach dem jüngsten Protest gegen Massentourismus auf Mallorca verspricht die Regionalregierung der Balearen den unzufriedenen Bürgern «mutige Massnahmen». Diese werde man schon in «einigen Monaten» ergreifen, beteuerte Vizeregierungschef Antoni Costa vor Journalisten in Palma. «Wir verstehen die Sorgen der Gesellschaft», erklärte Costa. Man müsse «Grenzen setzen», denn das Wachstumsmodell sei «unhaltbar».
Auch der Hotelierverband FEHM äusserte nach dem Protest Verständnis für die Forderungen der Demonstranten. Man setze «mehr auf Qualität denn auf Quantität», sagte die Vizepräsidentin der Organisation, María José Aguiló. Sie kritisierte allerdings das aggressive Verhalten einzelner Kundgebungsteilnehmer, die Touristen mit Wasser bespritzt hätten. Zudem prangerte sie Schmierereien an Hotels und anderen touristischen Einrichtungen an.
Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer der Kundgebung vom Sonntagabend auf 20'000. Die Veranstalter sprachen von 50'000, was von Beobachtern vor Ort aber als zu hoch gegriffen bezeichnet wurde. Menschen hielten Plakate mit Aufschriften wie «Your luxury, our misery» oder «Wir wollen nicht die Vorreiter beim Anstieg der Wohnkosten sein». Auf einem Schild wurden Billigflieger kritisiert. Nach Medienberichten klatschten einige Touristen in Palma sogar Beifall. Anderen sei die Kundgebung eher unangenehm gewesen, hiess es.
Zu der Kundgebung aufgerufen hat eine Gruppierung namens «Weniger Tourismus, mehr Leben». Vor acht Wochen hatten bereits bis zu 25'000 Menschen in Palma unter dem Motto «Sagen wir Basta!» und «Mallorca steht nicht zum Verkauf!» demonstriert. Auch in anderen spanischen Touristenmetropolen wie Barcelona sowie auf den Kanaren regt sich der Unmut.
Auf den Balearen, deren Hauptinsel Mallorca ist, leben knapp 1,2 Millionen Einheimische. Im vergangenen Jahr wurden sie von 18 Millionen Urlaubern, davon 4,6 Millionen aus Deutschland und 3,4 Millionen aus Grossbritannien, besucht. Auf jeden Einheimischen kamen dort also ungefähr 15 Urlauber.
Für Mallorca ist der Tourismus überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Aber Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiere, während die grosse Mehrheit in dem Sektor niedrige Gehälter bekomme, die nicht reichten, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Insulaner. (hkl/sda/dpa)