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Olympische Nachhaltigkeits-Märchen und eine Stadt, grösser als die Spiele

epa10797045 The Eiffel tower at Place Trocadero in Paris, France, 12 August 2023. According to Societe D'exploitation De La Tour Eiffel (SETE) 'lit.: Eiffel Tower Operating Company', th ...
Paris braucht die Olympischen Spiele nicht.Bild: keystone
Les Bonbons de Klaus

Olympische Nachhaltigkeits-Märchen und eine Stadt, grösser als die Spiele

Nachhaltigkeit? Ein Märchen, erzählt von jenen, die sich mit der grössten Show der Erde die Taschen füllen. Aber eine Wahrheit gibt es doch. Auch für die Schweiz.
06.08.2024, 04:2006.08.2024, 13:39
klaus zaugg, paris
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Es ist wie ein Ritual. Wenn die Spiele in die Schlussphase eintreten, folgen Märchenstunden. Wundersame Erzählungen und Behauptungen über die Nachhaltigkeit der Spiele, die sich nicht überprüfen lassen. Märchen eben.

Olympische Sommerspiele haben im 21. Jahrhundert keine nachhaltige Wirkung auf Wirtschaft oder Infrastruktur des Gastgeberlandes. Die Spiele kosten Unsummen aus den Staatskassen ohne langfristigen Nutzen. Die Geldströme bei Olympischen Spielen folgen einem sogenannten Kapillaritäts-Prinzip. In einer idealen Welt würde das Geld von oben nach unten in die Volkswirtschaft fliessen. Die Kapillarität ist das Phänomen, das dafür sorgt, dass das Wasser aus der Erde in die Bäume hinaufsteigt. Bei Olympischen Spielen steigt das Geld von unten – von der Volkswirtschaft und den öffentlichen Kassen – nach oben in die Taschen einer parasitären Kaste von Geschäftemachenden.

Immerhin wird es in Paris praktisch keine «weissen Elefanten» geben – also Bauten, die nach den Spielen nicht mehr genutzt werden und zu Ruinen zerfallen. Wie 2004 in Athen und 2016 in Rio. Paris 2024 ist wie London 2012:

Die Stadt ist grösser als die Spiele.

Paris braucht die Spiele weder für seine Bedeutung noch für das Selbstvertrauen, die wirtschaftliche Entwicklung, den Tourismus oder den Ausbau der Infrastruktur.

Nach den Erregungen rund um die Eröffnungsfeier ist Paris weitgehend zur Normalität zurückgekehrt. Die Spiele bilden einen Archipel Olympia. Die Wettkampfstätten sind wie gut bewachte Inseln in einem ruhigen Meer des Alltages ohne Wellengang. Paris ist abseits dieser olympischen Inseln geradezu beschaulich. Noch mehr Bewohnerinnen und Bewohner als sonst im Sommer haben die Stadt verlassen. Schöner als in diesen Tagen kann Paris nicht sein.

Paris und La Grande Nation inszenieren sich grandios, und doch können wir durch Paris flanieren und sagen: Olympische Spiele, na und? Paris wird schon im Herbst sein, als hätte es diese Spiele nicht gegeben.

Aber in einer Beziehung haben diese Spiele eine messbare nachhaltige positive Wirkung: auf Frankreichs Sportkultur. Der Sport ist das einzige Gebiet, auf dem sich Nachhaltigkeit zweifelsfrei statistisch nachweisen lässt. Im Medaillenspiegel nämlich.

Die Spiele von 2012 (London) haben die Sportkultur in Grossbritannien nachhaltig verändert. Das wird auch durch Paris 2024 für Frankreichs Sport nicht anders sein. Das Vereinigte Königreich war zu Beginn dieses Jahrhunderts kein Titan des olympischen Sportes. Erst die Spiele von 2012 haben den britischen Sport befeuert und nachhaltig auf ein neues Niveau katapultiert – was wir am Medaillenspiegel unschwer ablesen können.

  • 1996 Atlanta: 15 Medaillen
  • 2000 Sydney: 28 Medaillen
  • 2004 Athen: 30 Medaillen
  • 2008 Peking: 51 Medaillen
  • 2012 London: 65 Medaillen
  • 2016 Rio: 67 Medaillen
  • 2021 Tokyo: 64 Medaillen
  • 2024 Paris: 41 Medaillen (Stand Montagabend)

London 2012 war eine Sache des nationalen Stolzes und die Spiele haben die Mittel zum Aufbau einer nachhaltigen Sportstruktur freigemacht. 2012 haben die Briten den olympischen Sport neu erfunden und strukturiert und gehören seither zu den Grossen des olympischen Sportes.

Eine ähnliche Entwicklung sehen wir bei Frankreich. Die Vergabe der Spiele an Paris hat dem französischen olympischen Sport einen Wachstumsschub beschert, der anhalten wird.

  • 1996 Atlanta: 37 Medaillen
  • 2000 Sydney: 38 Medaillen
  • 2004 Athen: 33 Medaillen
  • 2008 Peking: 43 Medaillen
  • 2012 London: 35 Medaillen
  • 2016 Rio: 42 Medaillen
  • 2021 Tokyo: 33 Medaillen
  • 2024 Paris: 45 Medaillen (Stand Montagabend)

Olympia-General Ralph Stöckli sagt:

«Die nachhaltige Wirkung auf den nationalen Sport ist das stärkste Argument für die Durchführung von Winterspielen in der Schweiz.»

Wo er recht hat, da hat er recht. Die Nachhaltigkeit von Olympischen Spielen ist nur im Sport des Ausrichterlandes messbar. Alle übrigen Erzählungen über Nachhaltigkeit können getrost als Märchen und Propaganda abgetan werden.

Die Schweiz hat zwar seit 1948 (St.Moritz) keine Olympischen Spiele mehr organisiert. Aber es gibt einen Grossanlass, der unseren Sport weitergebracht hat: 2014 ist die Leichtathletik-WM erstmals seit 1954 (Bern) wieder in der Schweiz durchgeführt worden (Zürich). Unsere Leichtathletik hatte zwar hin und wieder herausragende Athletinnen und Athleten hervorgebracht. Aber zu Beginn des 21. Jahrhunderts hatte dieser Sport in unserem Land die Bedeutung verloren. Die EM von 2014 ist genützt worden, um unsere Leichtathletik neu zu erfinden, finanziell neu zu unterfüttern und auf eine neue Basis zu stellen.

Mit 33 Athletinnen und Athleten stellt die Leichtathletik das grösste Kontingent in unserer Delegation in Paris. Lediglich 14 waren es bei den Spielen von 2012 in London. Die dynamische Entwicklung unserer Leichtathletik seit der EM von 2014 lässt sich an der Anzahl Medaillen bei der EM ablesen.

  • 2024 Rom: 9 Medaillen
  • 2022 München: 6 Medaillen
  • 2018 Berlin: 4 Medaillen
  • 2016 Amsterdam: 5 Medaillen
  • 2014 Zürich: 1 Medaille
  • 2012 Helsinki: keine Medaille
  • 2010 Barcelona: 1 Medaille
  • 2006 Göteborg: 1 Medaille
  • 2002 München: 1 Medaille

Die Frage ist berechtigt, was wohl Olympische Sommerspiele in der Schweiz in unserem Sport auslösen würden. Aber Sommerspiele in unserem Land sind reine Utopie. Im Grossraum Paris leben über zwölf Millionen Menschen. Mehr als in der gesamten Schweiz.

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20 Kommentare
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    Also doch – wir haben die beste Liga Europas
    Die ZSC Lions treten im Final der Champions Hockey League gegen Färjestad an. Unsere National League ist die beste Liga Europas – und damit nach der nordamerikanischen National Hockey League (NHL) die zweitbeste der Welt. Die Herrlichkeit steht allerdings auf dünnem Eis.

    In einem Bereich ist unsere National League die Nummer 1 der Welt: Keine andere Liga wird auf einem so kleinen Raum ausgespielt. Bei zentraler Wohnlage sind 11 der 14 Stadien in einer guten Stunde erreichbar und die restlichen 3 in weniger als 3 Stunden. Bequemer kann gutes Hockey in keinem anderen Land der Welt verfolgt werden.

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