International
Syrien

Syriens Präsident Ahmed al-Scharaa bei Trump

Syriens Übergangspräsident im Weissen Haus – das ist über das Treffen bekannt

10.11.2025, 22:25

Zum ersten Mal ist mit Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa ein syrisches Staatsoberhaupt im Weissen Haus empfangen worden. Der Besuch wurde schon vorab als «historisch» bezeichnet. Noch vor einem Jahr galt al-Scharaa in den USA als gesuchter Terrorist – und Syrien steckte in den letzten Wochen eines blutigen Bürgerkriegs.

Aus der US-Regierung hiess es nun: Präsident Donald Trump wolle sein Versprechen halten und Syrien «eine Chance auf Grösse» geben. Die Regierung verlängerte demnach die Aussetzung bestimmter Sanktionen um ein halbes Jahr. Ganz aufgehoben wurden sie jedoch nicht, wie aus einem Dokument des Finanzministeriums hervorgeht. Die Lockerungen sollten Syriens Wiederaufbau und Stabilität fördern.

In this photo released by Syrian Presidency press office, President Donald Trump, left, shakes hands with Syria's President Ahmad al-Sharaa, at the White House in Washington, Monday, Nov. 10, 202 ...
Al-Scharaa traf Trump im Weissen Haus.Bild: keystone

Eine erwartete Ankündigung al-Scharaas, dass sein Land sich an der US-geführten Koalition zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligen werde, wurde zunächst nicht offiziell bestätigt. Zunächst äusserte sich nur Aussenminister Asaad al-Schaibani, der ebenfalls im Weissen Haus empfangen wurde. Er bezeichnete das Treffen als konstruktiv. Es sei monatelang vorbereitet worden. Weitere Details nannte er nicht.

Aus dem Aussenministerium hiess es zudem, beide Seiten hätten sich auf die Umsetzung eines Fahrplans zur Zusammenarbeit verständigt. Ziel sei die Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen auf Botschafterebene, die Wiedereröffnung gemeinsamer Institutionen sowie die Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Vom Dschihadisten zum Präsidenten

Al-Scharaas Laufbahn scheint in Teilen wie aus dem Drehbuch einer dramatischen Fernsehserie: Einst kämpfte er als Dschihadist gegen US-Streitkräfte im Irak und sass über Jahre hinweg in ihrer Gefangenschaft. Heute wird er mit warmem Händedruck vom US-Präsidenten höchstpersönlich im Weissen Haus empfangen. Seit Anfang des Jahres steht er als Übergangspräsident an der Spitze Syriens. Als Kopf der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte er im Dezember 2024 mit Hilfe einer Rebellenallianz die jahrzehntelange Herrschaft der Assad-Familie beendet.

Seit seinem Amtsantritt jettet er um die Welt, um Syrien wieder an die internationale Gemeinschaft anzuschliessen. Unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad war das Land zuletzt wegen des brutalen Bürgerkriegs international isoliert gewesen.

Syria's President Ahmed al-Sharaa waves as he greets supporters outside of the White House, Monday, Nov. 10, 2025, in Washington, following a meeting with President Donald Trump. (AP Photo/Jacque ...
Al-Scharaa bei seiner Ankunft in Washington.Bild: keystone

Von Terrorliste gestrichen

In den einflussreichen Golfstaaten warb al-Scharaa für internationale Investitionen in Syrien. Als erster syrischer Präsident seit fast 60 Jahren hielt er eine Rede bei der UN-Generaldebatte. Selbst in Moskau empfing ihn der russische Präsident Wladimir Putin, der Assad jahrelang militärisch im Kampf gegen die jetzigen Machthaber geholfen hatte. Und nun eben der Besuch im Weissen Haus. Zuvor hatten Trump und al-Scharaa sich bereits zwei Mal getroffen, einmal in Saudi-Arabien im Mai und einmal am Rande der UN-Generaldebatte.

Noch kurz vor al-Scharaas Besuch im Weissen Haus liess Washington den Interimspräsidenten von einer Liste streichen, auf der die Regierung mit Sanktionen belegte Terroristen aufführt. Gleiches gilt für Syriens Innenminister Anas Hasan Chattab. Ein von den USA ausgesetztes Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen US-Dollar auf al-Scharaa wurde bereits kurz nach dem Sturz Assads aufgehoben.

Weiterer Meilenstein in Washington

Al-Scharaas Trip nach Washington wird als weiterer Meilenstein in der Geschichte Syriens nach Assad gewertet. Beobachter sprechen von einem Wendepunkte für die Beziehungen zwischen Syrien und den USA. Den USA ist auch daran gelegen, den Einfluss des Irans in Syrien einzudämmen. Die islamische Republik und seine Milizen waren eine der wichtigsten Verbündeten Assads.

International wird das Vorgehen und die Ausrichtung der Übergangsregierung in Syrien genau beobachtet. Fachleute sehen einen Willen hin zu einem demokratischen Wandeln, blicken aber auch mit Kritik auf die ersten Monate der neuen Führung im Amt. Insbesondere der Schutz von Minderheiten im tief gespaltenen Syrien steht im Fokus.

Seit dem Sturz Assads kam es wiederholt zu Gewaltausbrüchen, bei denen zum Teil Hunderte Menschen getötet wurden. Dabei waren teils auch Sicherheitskräfte der Interimsregierung beteiligt.

Was erhoffen sich Syrer vom Besuch in Washington?

Viele Syrer bleiben ihrem neuen Staatsoberhaupt gegenüber skeptisch. Noch immer seien sich viele nicht sicher, wohin das Land steuere, sagte ein Bewohner der Hauptstadt Damaskus der Deutschen Presse-Agentur. Eine andere Frau sagte: «Wir bleiben optimistisch, dass Syrien weiter in die richtige Richtung geht.»

«Dieser Trip al-Scharaas kann uns mehr bringen als vorige Reisen in andere Länder.»
Bewohner von Damaskus

Einige haben Hoffnung, dass vor allem der Trip zu Trump Besserungen für das stark zerstörte und wirtschaftlich schwache Syrien bringt. «Dieser Trip al-Scharaas kann uns mehr bringen als vorige Reisen in andere Länder», sagte ein weiterer Bewohner in Damaskus. Die Hoffnung darauf, dass mit weiteren Sanktionslockerungen der Weg für neue Investitionen geebnet wird, ist gross.

Viele Teile Syriens sind nach dem fast 14-jährigen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung noch immer verwüstet. Die Wirtschaft liegt am Boden. Nach UN-Angaben leben in Syrien noch immer schätzungsweise sieben Millionen Binnenvertriebene. Noch immer sind demnach rund 16 Millionen Menschen der rund 23 Millionen Einwohner in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Sturz der syrischen Regierung
1 / 28
Sturz der syrischen Regierung
Syrer feiern auf dem Umayyad-Platz in Aleppo, Syrien.
quelle: keystone / omar sanadiki
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Syrer bestaunen al-Assads Luxuspalast
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
0 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg – Prozess beginnt
Fast elf Monate nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt im deutschen Magdeburg mit sechs Toten und mehr als 300 Verletzten hat unter starken Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen den Todesfahrer begonnen.
Zur Story