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So verzweifelt gestaltet sich die Suche nach Vermissten

Thailands Höhlen-Drama: So verzweifelt gestaltet sich die Suche nach Vermissten

01.07.2018, 08:5101.07.2018, 10:29
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Die Zeit läuft der in einer Höhle in Thailand vermissten Fussballmannschaft davon. Eine gute Woche nach ihrem Verschwinden gibt es kaum Fortschritte bei der oft chaotischen Suchaktion.

Erschöpfung und Hoffnung spiegeln sich in den Gesichtern der Eltern. Viele haben die Augen geschlossen und sind in ihren Gedanken und Gebeten ganz bei ihren seit gut einer Woche vermissten Söhnen. Ein buddhistischer Mönch leitet die Gebetszeremonie in der Nähe des Höhleneingangs in den Bergen im Norden Thailands. Eine blaue Plastikplane schützt die Familien vor dem Regen, überall ist rotbrauner Schlamm.

A Buddhist monk, helped by Thai rescues, walks after praying near a cave complex where 12 boys and their soccer coach went missing, in Mae Sai, Chiang Rai province, in northern Thailand, Sunday, July  ...
Ein buddhistischer Mönch leitet Gebetszeremonin für Angehörige und Helfer.Bild: AP/AP

Obwohl es bisher kein Lebenszeichen von der in der weitläufigen Höhle eingeschlossenen Jugend-Fussballmannschaft gibt, klammern sich viele an die Hoffnung und die Versicherungen der Behörden, dass doch noch alles gut werden wird. Die Verantwortlichen stecken alle vorhandenen Ressourcen in die Suche, aber schlechte Koordination und mangelnde Erfahrung mit solchen Notlagen lassen Zweifel an ihrem Optimismus aufkommen.

Knapp Tausend Helfer

Knapp 1000 Helfer habe die Regierung vor Ort im Einsatz, sagt Provinzgouverneur Narongsak Osotthanakorn. Aber niemand hier kenne sich mit Suchaktionen in Höhlen aus. «Eine solche Lage hat es in unserem Land noch nie zuvor gegeben. Wir sind nicht bereit dafür.»

epa06854054 Australian aid authorities talk each other as they join the search and rescue operations near the Tham Luang cave in Tham Luang Khun Nam Nang Noon Forest Park in Chiang Rai province, Thail ...
Australische Polizisten mit Taucherfahrung unterstützen ihre thailändischen Kollegen so gut sie können.Bild: EPA/EPA

Am Samstag vergangener Woche waren die jungen Fussballer und ihr Trainer in die Tham Luang-Khun Nam Nang Non-Höhle in der Provinz Chiang Rai eingestiegen. Eine fatale Entscheidung. Mit etwa zehn Kilometern Länge ist die Höhle eine der grössten des Landes. Und sie ist gefährlich. Gerade jetzt, in der Regenzeit, können Sturzfluten und Hochwasser Gänge unpassierbar und die Rückkehr ins Freie unmöglich machen.

Genau das ist vermutlich den 11 bis 16 Jahre alten Jugendlichen und ihrem Trainer passiert. Sie kamen alle aus der Gegend im Grenzgebiet zu Myanmar und hatten die Höhle nach Angaben von Familien und Freunden bereits früher erkundet. Die Risiken eines solchen Ausflugs müssten ihnen also bekannt gewesen sein. Haben die Jungen sie dieses Mal unterschätzt?

Mutter schlug Alarm

Eine Mutter hatte am Samstagabend Alarm geschlagen, als ihr Sohn nicht vom Fussball zurückkehrte. Die Fahrräder der Jugendlichen wurden beim Höhleneingang entdeckt. In der Höhle fanden die Suchmannschaften am Dienstag Hand- und Fussabdrücke der Vermissten. Dies werteten sie als Lebenszeichen. Doch seitdem: nichts. Schuhe und Rucksäcke wurden ebenfalls gefunden, was bedeutet, dass die Jungen kaum Proviant haben, falls sie überhaupt für den Tag etwas eingepackt hatten.

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Die Suche gestaltet sich sehr schwierig. In Thailand besitzt man nicht die nötigen Erfahrungen für solche Rettungsaktionen.Bild: EPA/EPA

Thailändische Mediziner versichern, dass die Vermissten eine Woche überleben könnten. Dabei gehen sie aber davon aus, dass sie im Trockenen sind und Trinkwasser zur Verfügung haben. Mit jedem Tag stehen die Überlebenschancen schlechter. Über die nicht auszuschliessende Möglichkeit, dass die Knaben ertrunken sein könnten, möchte hier in Chiang Rai niemand offen reden.

Drama mit Durcheinander

Am Ort des Dramas herrscht Durcheinander. Eltern und Helfer werden abgeschirmt, Informationen der Behörden sind dürr und nicht selten widersprüchlich. Die Suchaktion wirkt schlecht koordiniert. So sagt ein Helfer, es gebe keine offizielle Karte der Höhle. Verschiedene Teams arbeiteten mit unterschiedlichem Kartenmaterial.

Trotzdem machen nur wenige Thailänder ihrem Frust über die schleppend vorangehenden Arbeiten öffentlich Luft. Eine Schauspielerin, die meinte, in jedem anderen Land hätte man die Jungs längst gefunden, erntete für diesen Social-Media-Post heftige Kritik. Die grosse Mehrheit hält die Hoffnung am Leben, mit selbst geschriebenen Songs, Zeichnungen oder Gebeten. «Ich warte immer auf gute Nachrichten», schreibt ein User auf Twitter. Es gebe immer Hoffnung. Genau wie die Eltern im Schlamm vor der Tham Luang-Höhle wollen viele nur an ein Happy End denken. (sda/dpa)

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