Der Suizid von Anthony Bourdain vor rund vier Jahren liess etliche trauernde Fans und eine am Boden zerstörte Familie zurück - eine Familie, die grossmehrheitlich schwieg. Vor allem über die letzten Tage des weltbekannten Fernsehstars. Das neue Buch des New Yorker Journalisten Charles Leerhsen, welches am 11. Oktober erscheinen wird (Simon&Schuster, englisch), liefert eine mögliche Erklärung, weshalb. Die Informationen dazu hat der Autor mit grosser Wahrscheinlichkeit von der Witwe Bourdains, die den Nachlass des Gastronomen verwaltet.
Leerhsen sagte in einem Interview, dass er das Buch ohne den üblichen Glanz eines «Bourdain-Produkts» habe schreiben wollen. Dies sei ihm gelungen, meint Kim Severson, Kolumnistin der «New York Times»: «Er porträtiert einen Mann, der am Ende seines Lebens isoliert lebte, Steroide spritzte, bis zum Blackout trank und Prostituierte aufsuchte, und der aus dem Leben seiner 11-jährigen Tochter fast verschwunden war.»
Familie, Freunde und Mitarbeiter Bourdains sind empört über Leerhsens Werk. Christopher Bourdain, der Bruder des Starkochs, bezeichnet das Buch in einer Mail an den Verleger als verleumdende Fiktion und verlangt, dass die Veröffentlichung erst dann stattfindet, wenn Leerhsens «viele Fehler» korrigiert seien. Der Verlag weist die Anschuldigungen zurück.
Das Buch legt einen besonderen Fokus auf Bourdains Beziehung zur italienischen Schauspielerin Asia Argento. Die beiden waren seit 2017 ein Paar. Die Beziehung war impulsiv und von Turbulenzen geprägt. Bourdain sei «in diese Frau hoffnungslos verliebt» gewesen, wie er an seine Ex-Frau schrieb. Dermassen verliebt, dass er sie, ihre Kinder und teils auch ihre Freunde mit mehreren hunderttausend US-Dollar finanziell unterstützte. Auch bezahlte er Schweigegeld an einen jungen Musiker, der Argento androhte, sie wegen eines sexuellen Übergriffs zu verklagen.
Argento im Gegenzug sei jedes Mal in Rage geraten, wenn Bourdains Ex-Frau Familienbilder (mit ihm darauf zu sehen) auf Instagram hochlud. Es ging so weit, dass der Starkoch seine Familie ihretwegen darum bat, am bevorstehenden Vatertag nichts zu posten.
Fünf Tage vor seinem Suizid tauchten Bilder von Argento auf, wie sie mit einem anderen Mann tanzt. Bourdain habe in den nächsten Tagen hunderte von Malen ihren Namen online gesucht und sich mit ihr via Text und Telefon gestritten:
Argento antwortete, dass sie so nicht weitermachen könne. Sie könne seine Besessenheit nicht länger ertragen und beende die Beziehung. Leerhsen berichtet, dass der Starkoch am nächsten Tag nach den Dreharbeiten allein ausging und viel ass und trank. Anschliessend tauschten sich Anthony Bourdain und Asia Argento zum letzten Mal schriftlich aus:
Am Abend dieser Nachrichten erhängte sich Anthony Bourdain mit 61 Jahren in seinem Hotelzimmer.