Der US-Vizepräsident (J.D. Vance), der US-Aussenminister (Marco Rubio), der US-Verteidigungsminister (Pete Hegseth), der CIA-Direktor (John Ratcliffe) und die Stabschefin der US-Regierung (Susie Wiles) diskutieren zusammen mit 13 weiteren Beraterinnen und Beratern Angriffspläne auf die Huthis im Jemen – in einem Chat des öffentlichen Kommunikationsdienstes Signal.
Nicht in einem abhörsicheren Regierungskanal – sondern wie Primarschüler über eine Handy-App eines Non-Profit-Anbieters. Nur so ist es möglich, dass Sicherheitsberater Waltz mutmasslich versehentlich auch einen Journalisten in die Gruppe einlädt. Dieser glaubt zuerst an einen Scherz – so unfassbar ist das Trauerspiel.
Auch die Art der Kommunikation im Chat unterscheidet sich kaum von Primarschülern. Den erfolgten Angriff auf die Huthis kommentiert Berater Waltz mit drei Emojis (Faust, US-Fahne, Feuer). Zuvor hatten Vizepräsident Vance und Verteidigungsminister Hegseth ihrem Ärger Luft gemacht. Mit dem Angriff auf die Huthis würden die USA Europa erneut aus der Patsche helfen, schnödeten sie. Ob Trump das eigentlich bewusst sei, hinterfragte Vance den Kenntnisstand von Präsident Trump.
Der Präsident sei «deutlich» geworden, ermahnte Miller die Kritiker humorlos. Er habe «grünes Licht» für den Angriff gegeben. Europa werde seinen Preis schon noch bezahlen. Verteidigungsminister Hegseth kuschte sofort: «Zustimmung», antwortete er im Chat. Die Hackordnung scheint klar.
Doch wer ist dieser Stephen Miller, der sämtliche Minister im Griff zu haben scheint? Miller sei der eigentliche PM – der Premierminister, behauptet ein anonymer Republikaner gegenüber der Zeitschrift Wired. Doch Stephen ist nicht allein. Auch seine Frau Katie hält in Washington wichtige Zügel in der Hand.
Trotz seiner Herkunft aus einer liberal-jüdischen kalifornischen Familie positionierte sich Miller schon früh in seiner Jugend als Konservativer. Grenzen nach rechts setzt er sich dabei keine. Während seiner Uni-Zeit pflegte er eine enge Freundschaft zum bekannten und verurteilten Rechtsextremisten Richard B. Spencer. Putin-Fan Spencer tritt immer wieder in russischen Staatsmedien auf und will die USA «friedlich ethnisch säubern». An der Universität organisierten Spencer und Miller zusammen eine Debatte zur amerikanischen Einwanderung.
Seiner Linie am rechten Rand blieb Miller stets treu. Nach dem Studium heuerte der heute 39-Jährige bei Michele Bachmann an, die ebenfalls zum rechten Rand der Republikaner im Repräsentantenhaus zählte. Danach war er für den ultrakonservativen Jeff Session tätig, der verschiedentlich mit rassistischen Bemerkungen auffiel, aber auch durch seine Russland-Verbindungen und seine Verleugnung des menschengemachten Klimawandels.
2016 wechselte Miller ins Trump-Lager und stach dort als scharfzüngiger Redenschreiber hervor. Viele von Trumps diffamierenden Bezeichnungen sollen aus seiner Feder stammen. Als Trump gewählt wird, erhält Miller den Status eines Spezialberaters des Präsidenten. Als solcher gilt er als der Architekt von dessen Anti-Immigrations-Plattform und der Praxis, Kinder von ihren Eltern zu trennen. Auch als Trump die Wiederwahl verpasst, weicht Miller nicht von seiner Seite und betreut erneut erfolgreich den Wahlkampf.
Für Trump wird Miller zu einem immer nützlicheren Werkzeug. Denn im Gegensatz zu Vance und Musk macht er keine Anstalten, ihm den Platz an der Sonne streitig zu machen. Er hält sich vornehm zurück, gilt dafür nun als eigentlicher «Premierminister». Während Donald Trump die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt und sich um den Spassteil des Präsidentendaseins kümmert, bewältigt Miller die eigentliche politische Knochenarbeit im Hintergrund – zusammen mit seiner Frau.
Katie Miller ist in Washington alles andere als eine Unbekannte. Sie arbeitete als Pressesekretärin im Ministerium für innere Sicherheit und später für Vizepräsident Mike Pence. 2020 heiratete sie Stephen in Anwesenheit von Donald Trump im Trump-Hotel in Washington – die beiden haben heute zwei Kinder.
Katie Miller ist laut Insidern in der Hauptstadt exzellent vernetzt und nimmt in der Trump-Administration den Posten einer Spezialberaterin ein. Sie ist Teil von DOGE und funktioniert als eigentliche Schnittstelle zwischen Musks unorthodoxer DOGE-Einheit und der Regierung. Sie ist es, die Musk sämtliche guten und schlechten Nachrichten überbringt und den Milliardär durch den Politikalltag steuert. Gleichzeitig spielt sie Nanny für das chaotische DOGE-Team.
Nicht wenige machen ihr Geschick im Umgang mit Musk und Trump dafür verantwortlich, dass es noch nicht zum ultimativen Knall zwischen den beiden Exzentrikern gekommen ist – obwohl es schon mehrfach hitzig wurde. Während Katie Elon Musk in Schach hält, bearbeitet Stephen Präsident Trump. Die Vielzahl der präsidialen Dekrete, welche Trump in den ersten Wochen unterzeichnete, sollen auf Millers Mist gewachsen sein. Auch Mark Zuckerbergs Umkehr in Sachen DEI (Diversity, Equity and Inclusion – Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion) sei auf Miller zurückzuführen.
In weniger als zehn Jahren sind die Millers zu einem der mächtigsten Power Couples der USA aufgestiegen. Die New York Times schreibt dazu: «Wer früher mit Stephen Miller zu tun hatte, als er spät nachts reisserische Geschichten über kriminelle Einwanderer verschickte, der kann heute kaum glauben, wie viel Macht er jetzt besitzt.»
Auf offiziell schwachen Posten sitzen und im Hintergrund mit enormer Macht ausgestattet sein.. Man könnte es schon fast als Deep State bezeichnen.
Voilà, Miller ist der Superbösewicht!