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Für Vorsitz im Repräsentantenhaus nominiert – dann wirft Tom Emmer hin

FILE - House Majority Whip Tom Emmer, R-Minn., leaves the Republican caucus meeting at the Capitol in Washington, Thursday, Oct. 19, 2023. (AP Photo/Jose Luis Magana, File)
Tom Emmer
Mit Tom Emmer scheitert ein weiterer Kandidat für das Amt als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses. Nun soll es ein anderer richten.Bild: keystone

Nachdem der rechte Mob wieder zugestochen hat: Neuer Kandidat für Chefposten in US-Kammer

25.10.2023, 06:54
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Nur Stunden nach seiner Nominierung als neuer Kandidat für den Vorsitz des US-Repräsentantenhauses hat der Republikaner Tom Emmer Medienberichten zufolge hingeschmissen. Mehrere US-Medien, darunter die «Washington Post» und die «New York Times», berichteten am Dienstag übereinstimmend unter Berufung auf Mitglieder der Fraktion, der 62-Jährige habe seine Kandidatur zurückgezogen – dies, nachdem er keine Mehrheit für ein Votum im Plenum der Kammer auf die Beine stellen konnte.

Mike Johnson neuer Kandidat

Nun haben die Republikaner bereits einen neuen Kandidaten, der es versuchen will: der Abgeordnete Mike Johnson. Der 51-Jährige habe bei einer internen Abstimmung mit anderen Anwärtern 128 Stimmen erhalten, berichteten US-Medien am späten Dienstagabend (Ortszeit). Er wolle die Berufung am Mittwoch offiziell machen und sich zur Wahl für den Chefposten in der Kammer stellen, sagte Johnson Reportern.

epa10937419 Republican lawmaker from Louisiana Mike Johnson (C), surrounded by fellow Republicans, speaks to reporters after they voted him as their next speaker nominee in the Longworth House Office  ...
Mike Johnson aus Louisiana. Bild: keystone

Seine Nominierung bedeutet nicht automatisch, dass er bei der offiziellen Wahl auch eine notwendige Mehrheit erhält.Der Jurist und frühere Radiomoderator aus dem Bundesstaat Louisiana ist bereits der vierte Kandidat für den Vorsitz, seitdem sein Parteikollege Kevin McCarthy Anfang Oktober in einer historischen Abstimmung abgewählt worden war. Johnson habe sich seinerzeit geweigert, die Niederlage von Donald Trump bei der Präsidentenwahl 2020 anzuerkennen, hiess es in Medienberichten.

Rechter Hardliner-Mob sticht wieder zu

Die «Panne» vom Dienstag zuvor war der jüngste Beweis für das nicht enden wollende Chaos in der Partei der Republikaner. Der vorher nominierte Kandidat, Tom Emmer, begann den Tag mit einem knappen Sieg, indem er eine parteiinterne Abstimmung mit 117 zu 97 Stimmen gegen einen rechtsgerichteten Rivalen, den Abgeordneten Mike Johnson aus Louisiana, gewann. Der knappe Vorsprung zeigte allerdings bereits, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus immer noch tief zerstritten sind.

Unmittelbar nach der Nominierung von Emmer gaben gemäss «New York Times» etwa zwei Dutzend Republikaner aus dem ganz rechten Lager an, dass sie im Plenum – also bei der tatsächlichen Abstimmung im Repräsentantenhaus – nicht für ihn stimmen würden. Damit würde ihm, ohne die Stimmen der Demokraten, bereits die Wahl verwehrt bleiben.

Auch Trump mischt sich ein

Und während sich Emmer selbst mit den Verweigerern traf, um sie für sich zu gewinnen, gab der ehemalige Präsident Donald Trump in den sozialen Medien eine vernichtende Erklärung ab: Er sprach sich deutlich gegen Emmer aus und bezeichnete ihn als «Globalist RINO» – kurz für «Republican in name only» (etwa: «Nur Republikaner im Namen»). Seine Ernennung wäre ein «tragischer Fehler».

Einige im rechten Lager, die gegen Emmer stimmten, beriefen sich auf sein Votum für eine Kodifizierung des Bundesschutzes für gleichgeschlechtliche Paare. Andere wetterten gegen Emmers Stimme für ein Überbrückungsgesetz, das von McCarthy, dem damaligen Sprecher, vorgelegt wurde, um den drohenden Regierungsstillstand abzuwenden. Wieder andere sagten, er sei Trump gegenüber nicht loyal genug; Emmer sprach sich damals dafür aus, die Ergebnisse der von Präsident Biden gewonnenen Wahl 2020 zu bestätigen.

US-Repräsentantenhaus seit drei Wochen ohne Führung

Das Chaos in der republikanischen Fraktion, das das Repräsentantenhaus seit Wochen politisch lähmt, geht damit weiter. Noch am Dienstagabend wollte die Fraktion über die Berufung eines neuen Kandidaten beraten.

Zuvor waren bereits Emmers Parteikollegen Steve Scalise und Jim Jordan bei dem Versuch gescheitert, ausreichend Parteikollegen hinter sich zu versammeln, um auf den mächtigen Posten aufzurücken. Emmer gehört wie Scalise der Fraktionsführung an und war unter den jüngsten Bewerbern noch mit der prominenteste.

Um in das nach Präsident und Vizepräsident drittwichtigste politische Amt in den USA gewählt zu werden, braucht es eine absolute Mehrheit unter den anwesenden Abgeordneten des Repräsentantenhauses. Dafür wären in der Kammer voraussichtlich 217 Stimmen nötig. Da die Republikaner mit 221 Sitzen nur eine knappe Mehrheit haben, kann sich ein Kandidat nur wenige Abweichler in den eigenen Reihen leisten.

Das US-Repräsentantenhaus steht nun seit drei Wochen ohne ordentlich gewählten Vorsitzenden da. Die gesetzgeberische Arbeit dort ist damit weitgehend lahmgelegt. Der Republikaner Kevin McCarthy war Anfang Oktober in einer historischen Abstimmung von dem Posten abgewählt worden. Radikale Republikaner hatten ihn aus dem Amt getrieben. Es war das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses auf diesem Weg seinen Job verlor. (lak/sda/dpa)

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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Suanira
25.10.2023 00:54registriert September 2020
Emmer ist raus. Es stehen wieder 5 Kandidaten zur Wahl. Alles Trumpisten und Wahlleugner. Es ist ein Trauerspiel und nicht nur für die USA ein Desaster was die GOP veranstaltet.
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Musikuss
25.10.2023 04:16registriert September 2016
Der verurteilte Verbrecher Trump lähmt die US Regierung, und der Putin profitiert davon, weil die Ukraine keine neue Munition bekommt. Die Menschheit schafft sich selbst ab.
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Quieselchen
25.10.2023 05:40registriert Januar 2021
212 zu 221.
Die Demokraten stimmen geschlossen für den eigenen Fraktionsvorsizuenden.

Es braucht also nur 6 vernünftige, aufrechte, mutige Republikaner, die frustriert genug sind, dem Chaos ein Ende zu setzen.

Nur ein halbes Dutzend…
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