Es ist ein ungewöhnlicher Fall, mit dem sich das Landgericht Feldkirch in Österreich derzeit beschäftigen muss: Eine Frau verklagt eine 6-Jährige auf umgerechnet rund 40'000 Franken Schadensersatz. Was ist passiert? Ein Mädchen übersieht beim Skifahren eine Frau auf der Piste, die beiden krachen zusammen, die Frau erleidet schwere Verletzungen.
Eigentlich können Kinder unter 14 Jahren in Österreich in der Regel in Zivilverfahren nicht zur Verantwortung gezogen werden. Eigentlich! Denn: Im Gesetz gibt es eine Ausnahmebestimmung: Ist das unmündige Kind einsichtsfähig, also könne ihm eine Einsicht in sein Fehlverhalten zugemutet werden, könnte es unter der Voraussetzung belangt werden, dass eine Versicherung besteht, um die Schadenersatzzahlungen leisten zu können. «Eine solche besteht meines Wissens», sagt Gerichtssprecherin Claudia Hagen. Ob ein eigenes Verschulden des Kindes vorliegt, wie das die Klägerin beim Prozessauftakt behauptete, werde nun in dem Verfahren geprüft.
Das Mädchen war mit einer Skikurs-Gruppe unterwegs. Die Klägerin und sie stiessen im Skigebiet Hochhäderich zusammen. Laut Zeugenangaben soll die Frau vor dem Unfall im Schuss auf der Piste gefahren sein, die Sechsjährige fuhr eine Kurve. Bei dem Zusammenprall erlitt die Klägerin schwere Verletzungen und könne seither nicht mehr Skifahren, wie ihre Anwältin laut einem Bericht der «Neuen Vorarlberger Tageszeitung» mitteilt. Neben der Schadensersatzforderung gehe es ihrer Mandantin auch um die Feststellung, dass das Kind für allfällige künftige Schäden aus dem Skiunfall aufkommen muss.
Ein Gerichtsgutachter bescheinigte indes beiden Beteiligten zu wenig Aufmerksamkeit vor der Kollision. Sie seien seiner Ansicht nach in etwa im selben Ausmass für den Unfall mitverantwortlich. Der Prozess wurde zur Aufnahme weiterer Beweise vertagt. (oku/apa)