Russlands Präsident Wladimir Putin reagiert auf die Niederlagen im Osten der Ukraine. Er unterzeichnete gestern Morgen eine Teilmobilmachung von Reservisten. Laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu handelt es sich dabei um 300’000 kampferprobte Russen, die schon bald im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden sollen.
Ebenfalls als Reaktion gelten die angekündigten Referenden – in der Folge aufgrund der irregulären Verhältnisse Scheinreferenden genannt. Innerhalb weniger Tage, vom 23. bis 27. September, soll in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten das verbliebene Volk über einen Beitritt zu Russland abstimmen. Dies in den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten, aber auch Cherson und Saporischschja im Süden.
Enden die Scheinreferenden mit dem von Moskau erwünschten Resultat, wird Putin die Möglichkeit nutzen, das Kriegsnarrativ in Richtung «Selbstverteidigung» zu drehen: «Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht wird, werden wir zum Schutz Russlands und unseres Volkes unbedingt alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen. Das ist kein Bluff», kündigte er heute an. Dr. Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik in der Stiftung Wissenschaft und Politik in Deutschland, erklärt gegenüber dem «Stern»: «Wenn sie das als russisches Territorium benennen, nach solch einem Pseudo-Referendum, dann könnte Russland den Einsatz von Atomwaffen rechtfertigen».
Die internationale Gemeinschaft verurteilt Moskaus Massnahmen beinahe geschlossen und aufs Schärfste. Doch es gibt Ausnahmen. Als mögliche Kandidaten, die aus dem Konsens ausscheren könnten, stechen vor allem zwei Staaten heraus: Nordkorea und Syrien.
Nordkorea und Syrien sind die einzigen Staaten, welche die Unabhängigkeit von Luhansk und Donezk offiziell anerkennen. Die beiden Oblaste im Donbass riefen im Mai 2014 zur Volksabstimmung. In beiden Regionen (Luhansk 96 %, Donezk 89 %) wurden die Unabhängigkeitsreferenden angenommen. Der Urnengang fand ohne internationale Beobachtung statt. Bis der erste Staat ausser Russland den Status anerkannte, dauerte es aber bis 2022. Im Februar dieses Jahres erklärte der syrische Aussenminister Faisal Mekdad, Syrien unterstütze Wladimir Putins Entscheidung, die Republiken Luhansk und Donezk als unabhängig anzuerkennen. Im Juli 2022 zog Nordkorea in einem Schreiben nach. In beiden Fällen brach die Ukraine die diplomatischen Beziehungen ab.
Eine etwas breitere Unterstützung gibt es bei der Anerkennung der Krim als russisches Staatsgebiet. Zu diesem Schritt – oder wenigstens zu offiziellen, aber nicht verbindlichen Wortmeldungen in die Richtung – haben sich Staatspersonen der folgenden Länder bewogen: Armenien, Belarus, Bolivien, Burundi, Kambodscha, Kuba, Laos, Myanmar, Nicaragua, Nordkorea, Sudan, Syrien, Venezuela und Simbabwe.
Nach der russischen Besetzung der Krim sprach sich im März 2014 die wahlberechtigte Bevölkerung der Krim per Referendum zum Beitritt zu Russland aus. Laut den Organisatoren der Abstimmung haben sich 95 Prozent der Bevölkerung entsprechend entschieden. Elf Tage später, am Tag, als das Referendum von den Vereinten Nationen als ungültig erklärt wurde, anerkannte Nicaragua die Krim als russisches Staatsgebiet. Im Dezember desselben Jahres besuchten Offizielle aus Simbabwe als erste Nicht-Russen seit der Annexion die Krim. Dies, um Ratschläge zu erteilen, wie mit internationalen Sanktionen umzugehen sei.
(tog)