Islamischer Staat (IS)
Irak

IS gibt Versklavung Tausender Frauen zu 

Der IS kennt keine Gnade. Auch nicht gegen Frauen und Kinder.
Der IS kennt keine Gnade. Auch nicht gegen Frauen und Kinder.Bild: Getty Images Europe
Vergewaltigungen im Irak

IS gibt Versklavung Tausender Frauen zu 

Die IS-Extremisten haben Tausende Irakerinnen versklavt und verkauft. Jetzt geben sie ihre Gräueltaten erstmals zu – und liefern eine zynische Begründung. 
13.10.2014, 21:1114.10.2014, 09:41
Raniah Salloum / Spiegel online
Mehr «Islamischer Staat (IS)»
Ein Artikel von
Spiegel Online

Tausende irakische Frauen und Kinder werden vermisst. Sie wurden Anfang August von den Anhängern des Islamischen Staats (IS) verschleppt. Die Dschihadisten drangen damals in den Nordwesten des Iraks vor und erklärten gefangen genommene jesidische Frauen und Kinder zur Kriegsbeute. Die genaue Zahl der Entführten ist unbekannt. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen gehen von 2500 bis 7000 Verschleppten aus. Den meisten Jesiden – Hunderttausenden – gelang die Flucht.

Vor einem Monat hatte «Spiegel Online» ausführlich über die Situation der verschleppten Frauen berichtet. Die ersten von ihnen wurden damals schon auf Märkten zum Kauf angeboten – als wären sie eine Ware. Der Menschenhandel dauert bis heute an. Die Frauen und Kinder sollen für ihre «Käufer» putzen, kochen, waschen und andere Hausarbeiten erledigen. Viele der Sklavinnen werden zudem Opfer sexueller Gewalt.

Jetzt hat sich der IS erstmals offiziell zum Schicksal der Frauen und Kinder geäussert. Im englischsprachigen Propaganda-Magazin der Gruppe heisst es, dass den Behörden des IS ein Fünftel der Gefangenen zugesprochen worden sei – sozusagen als staatliche Kriegsbeute. So habe es schliesslich schon der Prophet Mohammed bei seinen Eroberungszügen gehalten. Die restlichen Frauen und Kinder seien unter den Männern verteilt worden, die an dem Feldzug gegen die Jesiden teilgenommen hatten. 

Sex mit der Sklavin ist ok, mit der Freundin nicht

Von diesen Frauen und Kindern gelang manchen inzwischen die Flucht, und sie konnten Menschenrechtlern von ihren schrecklichen Erlebnissen berichten. Im aktuellen Spiegel erzählt eine 20-Jährige von ihrer Gefangenschaft. Viele jedoch blieben in der Gewalt der Kämpfer oder wurden von ihnen verkauft.

Das IS-Propagandaheft rechtfertigt die Wiedereinführung von Sklaverei auf besonders frauenverachtende Weise. «Mehrere zeitgenössische Islamgelehrte sagen, dass das Ende der Sklaverei zu einer Zunahme von unzulässigen sexuellen Aktivitäten (Ehebruch, Unzucht etc.) geführt hat.» Ein Mann, der sich noch keine Ehe mit einer Frau leisten könne, habe schlichtweg keine Scharia-konforme Sexalternative, schreibt das IS-Magazin.

Nun aber könne der Mann auch ausserhalb der Ehe legalen Geschlechtsverkehr haben, denn, so die krude Logik der Dschihadisten: Sex mit einer Sklavin sei erlaubt, mit der Freundin jedoch nicht.

Ähnlich absurd ist auch die Empfehlung für verheiratete Männer: Das Hausmädchen zu missbrauchen, sei kein feiner Zug – es sei denn, es handele sich dabei um eine Sklavin. Die IS-Anhänger versuchen so schönzureden, dass sie Frauen vergewaltigen. Das internationale Recht hingegen ist eindeutig: Es betrachtet Versklavung als Verbrechen gegen die Menschheit. 

Wer anders denkt, gilt als Verräter

Möglicherweise sind die IS-Propagandaschreiber selbst über ihre merkwürdigen Rechtfertigungen gestolpert. Denn zur Verstärkung ihrer Argumentation schieben sie nach, dass jeder Andersdenkende feige und dumm sei und ein Verräter des Islam. Dabei sind es die IS-Dschihadisten, die mit ihrer extremen Koran-Auslegung in der Minderheit sind. Millionen Muslime weltweit sehen Sklaverei nicht als Teil ihres Glaubens an.

Jetzt auf

Der IS verhält sich gegenüber den Jesiden, den schiitischen Turkmenen im Irak und den schiitischen Schabak besonders grausam. Festgenommene Männer wurden hingerichtet, Frauen und Kinder als Kriegsbeute versklavt und verkauft. Gläubige dieser Gruppen gelten gewissermassen als vogelfrei – anders als etwa Juden oder Christen, die unter bestimmten Bedingungen toleriert werden.

Christen können theoretisch in IS-kontrollierten Gebieten bleiben, solange sie Schikanen wie etwa eine Sondersteuer und den Status als Menschen zweiter Klasse akzeptieren. Tatsächlich aber sind die irakischen und syrischen Christen längst vor dem IS geflohen und liessen all ihr Hab und Gut zurück. Selbst ihr Schmuck wurde ihnen an den Checkpoints des IS abgenommen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!