Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat nach einem im Internet verbreiteten Video mit dem Briten Alan Henning eine weitere westliche Geisel auf barbarische Weise enthauptet. Das US-Terrorforschungszentrum SITE berichtete am Freitag über das Video. Sollte es sich als echt erweisen, wäre der Engländer nach den beiden Amerikanern Jim Foley und Steven Sotloff sowie dem britischen Entwicklungshelfer David Haines die vierte westliche Geisel innerhalb kurzer Zeit, die auf bestialische Weise getötet wurde.
Henning, ein ehemaliger Taxifahrer aus Salford bei Manchester im Alter von 47 Jahren ist Vater zweier jugendlicher Kinder. Er war im Dezember entführt worden, als er sich mit dem inoffiziellen Hilfskonvoi der Wohltätigkeitsinitiative namens Aid4Syria auf dem Weg zu einem Flüchtlingslager in Syrien befand. Das Video trägt den Titel «Eine neue Botschaft an Amerika und seine Verbündeten».
Das Video, nur eine Minute und elf Sekunden lang, folgt in der Aufmachung seinen Vorgängern: Das Opfer kniet in orangefarbener Häftlingskleidung auf dem Erdboden. Neben ihm ist ein in schwarz gekleideter, völlig vermummter IS-Kämpfer zu sehen.
Alan Henning muss ein vorbereitetes Statement vortragen. «Wegen der Entscheidung unseres Parlaments, den Islamischen Staat anzugreifen, werde nun ich, ein Mitglied der britischen Öffentlichkeit, den Preis für diese Entscheidung zahlen.»
Der mutmassliche Mörder spricht in britischem Akzent und wendet sich direkt an Premierminister David Cameron. «Das Blut von David Haines war an Deinen Händen, Cameron. Alan Henning wird ebenfalls geschlachtet, aber sein Blut klebt an den Händen des britischen Parlaments.»
Noch drei Tage vor der Veröffentlichung des Videos hatte Hennings Ehefrau Barbara in einer Videobotschaft an die Entführer um die Freilassung ihres Mannes angefleht. Er sei auch nach den Massstäben der islamischen Scharia-Gesetzgebung unschuldig. Seine Familie brauche ihn.
Wie in vorausgegangenen Videos wird auch in dem neuen Machwerk eine weitere Geisel als mögliches neues Opfer vorgeführt. Es handelt sich dabei um Peter Kassig, einen Entwicklungshelfer aus den USA in IS-Gefangenschaft.
Inzwischen hat Premierminister David Cameron den «brutalen Mord» an Alan Henning bestätigt und einen anhaltend harten Kampf gegen den IS angekündigt. «Alan ist nach Syrien gegangen, um Menschen aller Glaubensrichtungen in der Stunde der Not zu helfen», sagte Cameron am Freitagabend in einer ersten Stellungnahme. Seine Hinrichtung zeige das ganze Ausmass der Barbarei der Gruppe Islamischer Staat. «Wir werden alles tun, um diese Mörder zu erwischen und sie zur Rechenschaft zu ziehen», erklärte Cameron.
«Meine Gedanken sind in dieser Nacht bei Alans Frau Barbara, ihren Kindern und allen, die ihn geliebt haben.» Das britische Aussenministerium teilte mit, Hennings Familie solle jede notwendige Unterstützung erhalten. Die Angehörigen hätten «darum gebeten, in Ruhe gelassen zu werden».
Grossbritannien wird nach den Worten von Premierminister David Cameron nun alles unternehmen, um von der Extremistenmiliz IS festgehaltene Geiseln aufzuspüren und ihnen zu helfen. Dazu würden «alle zur Verfügung stehenden Mittel» eingesetzt, kündigte Cameron am Samstag nach der Enthauptung einer weiteren britischen Geisel durch den Islamischen Staat (IS) an.
Der französische Präsident François Hollande sagte, er sei «empört» über das «abscheuliche Verbrechen»: «Dieses und auch die vorangegangenen Verbrechen werden nicht ungestraft bleiben», erklärte Hollande.
Die für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgieva teilte mit, die Tat sei nicht bloss ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ein Schlag für Hennings Familie. «Es ist ein Angriff gegen alle, die jenen unschuldigen Menschen helfen wollen, die gefangen sind im Wahnsinn dieses schrecklichen Krieges.»
Auch US-Präsident Barack Obama verurteilte die Ermordung des britischen Staatsbürgers scharf. Er kündigte die Fortsetzung des Kampfes gegen die Islamisten an. Gemeinsam mit der britischen Regierung werde man die Mörder des 47-jährigen Alan Henning ebenso zur Rechenschaft ziehen, wie die Hintermänner der drei vorangegangenen Geisel-Enthauptungen, erklärte Obama in Washington.
Die Terror-Miliz IS beherrscht mittlerweile Teile Syriens und des Irak und hat in ihrem Einflussgebiet ein Kalifat ausgerufen. Die US-Luftwaffe fliegt seit Anfang August Angriffe auf Stellungen der IS-Miliz im Irak und seit der vergangenen Woche ausserdem in Syrien. Unterstützt wird sie dabei von zahlreichen weiteren Ländern. (pma/viw/sda/afp/dpa/reu)