Neulich finde ich mich in einer Runde wieder, in der die Frage im Raum steht, ob Sextapes von uns existieren. Alle hier schütteln den Kopf. «Spinneder!?», fragt die eine. «Sicher nöd!», sagt die andere. Die Dritte stellt eine Gegenfrage: «Wer will sich schon beim Vögeln sehen!?»
Ich blicke zu Boden. Tue so, als würde ich meine Schuhe binden. Schaue aus dem Fenster. Forme meine Lippen ganz spitz, als würde ich ein Liedchen der Unschuld pfeifen wollen.
Schweigen.
«Emma? Nein, oder?», sagt die Freundin zu meiner rechten Seite. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Alle lachen. Ich lache mit. Was soll's. Enttabuisieren, finde ich und sage, dass da mal was war. Vor Jahren. Bla Bla.
Die Story ist wahr. Die Cam filmte, logisch, Sandro und mich in – Achtung – Hardcore Action. Das muss mindestens zehn Jahre her sein. Das Tape entstand damals aus einer Laune.
Im Vorfeld sagte ich, ich wolle das Resultat nie sehen. Und vor allem nie hören. Sandro schwor mir, dass das Band für immer und ewig in seinem Besitz bleiben und nie im Leben jemand ausser er zu Gesicht bekommt.
Ich glaube ihm. Und dachte nie mehr daran. Bis ich mich eben in dieser Runde wieder fand.
Nach der Freundinnenrunde schlafe ich bei Sandro. Ich frage ihn, ob es das Tape noch gibt. Gibt es. Er habe es toll zusammengeschnitten. Sei stets eine zuverlässige Wichsvorlage gewesen.
Ich lache. Er auch.
Dann wachse ich kurz über mich hinaus und bin bereit. Ich bin bereit, mich stöhnen zu hören und meine Brüste wohl suboptimal schaukeln zu sehen, während mich Sandro von hinten nahm.
Er klickt sich durch irgendwelche Ordner. Dann muss er ganz dringend mal. Und dann will er noch rasch eine Zigi rauchen. Ich soll das Filmli schon mal öffnen. Es heisst so und so.
Dann ist Sandro weg. Und ich alleine mit unserem Porno. Denke ich und irre mich.
Das Filmi nämlich, das ich öffne, ist sehr wohl ein Sextape. Aber nicht unseres. Beziehungsweise nicht meines. Hier vögelt Sandro eine andere.
Mir läuft's kalt den Rücken runter.
Die andere ist heiss. Blond. Gross. Sehr schöne Brüste. Sexgöttinen-Style, was die da abliefert.
Ich schaue aufs Datum. Das Sextape entstand ein paar Wochen, bevor Sandro und ich zusammen gekommen sind.
94654964956 Gedanken und Gefühle jagen durch meinen Körper.
Bin ich hässig? Enttäuscht? Schockiert? Angeekelt? Überrascht? Eifersüchtig?
Eifersüchtig is it.
Nun steht Sandro im Türrahmen und grinst. «Geil, gell?», sagt er. «Geht so», finde ich. Er schnallt erst jetzt, dass ich gerade was sehe, das nicht für meine Augen bestimmt ist.
«Ooops», sagt er.
«Ooops ist gut», sage ich.
«Wie schlimm?», fragt er.
«Irgendwie voll», sage ich. Er sagt, dass er das versteht und dass es ihm leidtut, dass ich das gesehen habe. Er habe schlichtweg vergessen, das Filmchen zu löschen.
Dann erzählt er mir, dass er nach unserem Filmchen noch ein paar andere machte, weil er schnallte, dass und wie sehr ihn das anmacht. Die anderen habe er immer gerade gelöscht. Das, das ich gesehen habe, ist quasi ein Unfall. Der ihm sehr leidtut.
Nun will er mich in den Arm nehmen.
Ich brauch husch einen Moment. Warum, kann ich nicht genau sagen. Mich irritiert halt auch, dass das so kurz vor unserem Zusammenkommen passiert ist. Sandro erinnert mich, dass ich zur selben Zeit auch mit anderen schlief und dass das okay ist. Dass das ja immer okay war bei uns. Dass wir uns sogar davon erzählten.
Das stimmt.
Aber es ist anders, wenn man's sieht.
Drei Tage lang bin ich komisch. Hässig, neidisch, pissig, unentspannt. Am meisten ärgere ich mich aber über mich selber. Weil ich stets dachte, dass ich unglaublich easy, tolerant, offen, blabla ... bin. Und dass ich GANZ SICHER NICHT eifersüchtig bin.
Haha.
Am vierten Tag gehe ich abends aus. Und komme mit leicht einem sitzen zu Sandro. Er schläft schon. Ich wecke ihn. Ich bin nämlich jetzt parat für unseren Film.
Er holt den Laptop. Wir sitzen auf seinem Bett. Ich bin SEHR nervös.
Dann geht's los. Zuerst smooth. Ein bisschen knutschen, ein bisschen fummeln. Dann geht's Zagg-Zagg. Und ich ich werde Zeugin davon, wie ich stöhne.
Es ist sehr laut und sehr ambitioniert und sehr ... peinlich! Ich lache laut raus. Sandro nicht. Er ist busy. Mit seiner Latte.
Ich wiederum weiss aber nicht, ob ich jemals wieder Sex will. Jetzt, da ich weiss, wie ich klinge, ist es vielleicht besser, ich lass es sein. Und das mit den Brüsten. Freunde, ohne Scheiss. Not good.
Und dann werde ich Zeugin meines Orgasmus-Gesichtes. In Nahaufnahme. Ich habe genug gesehen. Sandro strahlt und will rummachen. Ich zieh die Decke über meinen Kopf und will die letzten paar Minuten für immer und ewig aus meinem Leben löschen.
Ctrl, Alt + Delete. Please.
Damit ich nicht alleine mit meinem Orgasmus-Gesicht bin, wäre ich sehr froh, wenn ihr mir eure Orgasmus-Gesicht-Geschichten erzählt. Und wer keine hat, soll JETZT die Cam auf sich richten. Und dann in die Tasten hauen.
Da-aaaaaa-aaaaaahhhhh-hhhhhhhaaaaaa-nke.
PS: Bruno, falls du diese Zeilen tatsächlich zu Ende gelesen hast, schweige forever. Und erzähle wenigstens Mama nicht davon.
PS 2: Du bist ein sehr toller/nerviger Vater.
Das kann man gut trainieren, indem man sich mit Absicht von Wespen stechen lässt.