Oobah Butler ist bekannt für seine unterhaltsamen und lustigen Videos. Berühmt wurde er, als er sich 2018 vornahm, in seinem Garten das bestbewerteste (Fake-)Restaurant Londons zu eröffnen. In seiner neusten Reportage für den britischen Sender Channel 4 hat er sich ein ernsteres Thema vorgenommen, geht aber mit der gleichen humoristischen Herangehensweise vor.
Ihm ist aufgefallen, dass vor Amazon-Auslieferungszentren viele – mit Urin gefüllte – Plastikflaschen am Strassenrand liegen. In der Reportage «The Great Amazon Heist» geht er dem nach und findet heraus, dass Amazon-Fahrerinnen und -Fahrer einen so straffen Lieferplan haben, dass WC-Pausen praktisch unmöglich sind. Also urinieren sie in Flaschen. Eine «erniedrigende» Tat, wie einer der interviewten Fahrer sagt.
Alle drei Minuten müssen sie ein neues Paket ausliefern. Wer Pausen mache, falle im Zeitplan nach hinten. Das führe zu Überstunden oder Verwarnungen, erzählen mehrere Fahrer aus verschiedenen Ländern.
Um auf diese Missstände hinzuweisen, kommt Butler auf eine Idee: Er sammelt alle Urin-Flaschen, die er auf den Strassen findet und erschafft damit ein neues Produkt. Ein Energy-Drink namens Release, der nur aus dem gesammelten Urin besteht.
Dieser soll auf Amazon der Bestseller in der Kategorie Bitter Lemon werden. Nach nur zwölf Stunden hat Butler dieses Ziel dank seinen Freunden erreicht. Diese bestellten das Getränk massenhaft und gaben positive Bewertungen dafür ab – ohne je eine Flasche erhalten oder getrunken zu haben. Gegenüber Business Insider sagt Butler, dass er schätzt, dass etwa zehn echte Kundinnen und Kunden versuchten, das Getränk zu kaufen.
Amazon hat Release inzwischen aus ihrem Store entfernt.
Der Grosskonzern hat sich zu Butlers Marketing-Stunt geäussert und bezeichnet diesen als «primitiv». Weiter sagt Amazon, dass die Doku «ein stark verzerrtes Bild des Konzerns» zeichne. «Das Wohlergehen der Fahrer liegt Amazon am Herzen, Sicherheit geniesst höchste Priorität.»
Ein Widerspruch zum Skandal zum gleichen Thema von vor zwei Jahren. Damals räumte der Konzern ein, dass das Urinieren in Flaschen eine «unmenschliche Arbeitsbedingung» sei. Amazon entschuldigte sich, bisher über diese Umstände gelogen zu haben. Allerdings galt die Entschuldigung nur dem Abgeordneten, der sich für die Arbeitenden einsetze und nicht diesen selbst. An den Arbeitsbedingungen änderten sich seither anscheinend nichts.
Butler wirft in der Reportage Amazon noch andere Dinge vor und lässt seine Nichten (die zwischen vier und sechs Jahre alt sind) Messer, Rattengift und Gartensägen bestellen. Dank Alexa klappt das ganz ohne Altersprüfung.
Keine der Vorwürfe von Butler sind neu. Immer wieder werden Amazon unmenschliche Arbeitsbedingungen, Steuertricksereien und das Anbieten von gefährlichen und gefälschten Produkten vorgeworfen. Butler bietet in seiner Reportage allerdings einen sehr zugänglichen «Hands on»-Zugang zum Thema.
Die Reportage läuft zurzeit nur im britischen Fernsehen und ist bei uns nicht verfügbar. Wer ein VPN hat, kann «The Great Amazon Heist» hier schauen. Auf YouTube ist eine Kurzversion verfügbar:
(cmu)
Ich habe nich nie etwas bei Amazon bestellt und werde dies auch nie tun.