Musig im Pflegidach

Sean Mason Quartett @ Musig im Pflefgidach Muri

Sean Mason Quartett @ Musig im Pflegidach, Muri

Vom Basketballer zum fehlerlosen Pianisten

40 Minuten. So lange dauerte das erste Stück des Sean Mason-Quartetts, das am vergangenen Sonntagabend, 17. März, den Flair von New Yorker Clubs nach Muri brachte. Doch von Langeweile konnte nicht die Rede sein! Sean Mason (p), Tony Glausi (tp), Felix Moseholm (b) und Francesco Ciniglio (dr) liessen ihre Instrumente sprechen und brachten das Pflegidach regelrecht zum Beben.
12.05.2024, 08:5614.05.2024, 08:58
Xenia abeggs
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Hinweis
Die Autorin ist Schülerin an der Kantonsschule Wohlen. Im Rahmen ihres Deutschunterrichts verfassen die Schülerinnen und Schüler auch Konzertberichte, die in die Note einfliessen.

Ohne grosse Umschweife begann das erste Stück. Worte waren nicht vonnöten, denn die Musik sprach für sich. Gebannt hörte das Publikum zu, als die ersten gefühlvollen Akkorde den Flügel verliessen. Ruhig blieb es aber nicht lange. Immer schneller glitten Masons Finger über die Tasten. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass der 27-jährige Upcoming-Star erst mit 13 Jahren mit dem Klavierspielen begonnen hat. Das Sprichwort «Früh übt sich, was Meister werden will» trifft wohl doch nicht immer zu. Als Junge sei die Musik zwar immer präsent gewesen, allerdings habe er es bevorzugt, Basketball zu spielen, erklärt der Pianist.

Mit dem Film «Ray» kam dann die Wende. Seinem Idol Ray Charles nacheifernd, übte der junge Mason jeden Tag nach der Schule auf seinem kleinen Keyboard. Zu Beginn waren es noch Popsongs, doch schon bald merkte er, dass ein anderer Musikstil ihn anzog: der Jazz. Sein Herz sei einfach «voller Blues». Seine ersten Auftritte fanden in der Kirche statt, doch schon bald wurde die Jazzlegende Branford Marsalis auf ihn aufmerksam. Mason wechselte auf die New Yorker Juilliard School und machte sich schnell einen Namen. Über sich selbst sagt er: «I started late, but I practiced very hard» (Ich begann spät, aber übte hart). Das merkten auch die Musig im Pflegidach-Besucher an diesem Abend.

Sean Mason Quartet - "Boneback" @ musig im pflegidach, Muri

Wenn sich Instrumente unterhalten

Die (Spiel?)Freude der Musiker war beinahe greifbar. Immer wieder ertönten anspornende Lacher und Zurufe unter ihnen. Sie forderten sich gegenseitig heraus, spornten sich an und erzeugten so Melodien, die viel frecher und gewagter waren, als sie es in ihrem Debütalbum «The Southern Suite» sind. «Es war so unglaublich viel Humor drin», bemerkte eine Zuschauerin und traf damit ins Schwarze.

Abwechselnd stand immer wieder ein anderes Instrument im Vordergrund. Durch das sogenannte «Trade Fours» schien es fast so, als ob die Instrumente ihr eigenes Gespräch führten. Hierbei handelt es sich um eine gängige Art der Improvisation, bei der sich die verschiedenen Bandmitglieder gegenseitig mit dem Improvisieren abwechseln. Zu einem «richtigen» (ausgedehnten) Solo kam es jedoch nie, da dies der Philosophie von Mason widerspricht. Für ihn ist es wichtig, die Menschen hinter den Instrumenten hervorzuheben, da sie es sind, die die Instrumente lebendig werden lassen. Dieser Charakter zeigte sich einerseits in der oft vorkommenden Polyphonie seiner Stücke, andererseits auch an der Überzeugung, keine Verstärker zu benutzen. Eine Stilistik/Technik, die vor allem in New York gerade populär ist. Wer allerdings je schon eine Trompete oder ein Schlagzeug spielen gehört hat, kann sich vorstellen, wie schwer es ist, mit einem solchen Instrument das Klavier nicht zu übertönen. Ein Faktor also, der den Schwierigkeitsgrad um einiges erhöht. Die Musiker mussten genaustens aufeinander hören, was schon für eine eingespielte Band ein Kunststück wäre. Doch das Quartett musste an diesem Abend auf seinen eigentlichen Schlagzeuger Domo Branch verzichten und hatte mit Francesco Ciniglio einen neuen Drummer in petto.

Vom Missgeschick zum «Bone Back»

Als Zugabe spielte das Quartett das Stück «Bone Back». Scherzhaft erzählte Mason, dass er es komponierte, als er sich den Fuss gebrochen hatte. Doch zu diesem Zeitpunkt war dem Publikum schon längst klar, wie viel Humor und Leidenschaft in Masons Musik steckt. Seine Musik ist anders. Im Gegensatz zu den heutigen Popsongs, die unschöne Themen wie zum Beispiel Drogen verherrlichen und als «innovativ» gelten, wenn sie sich an keine Regeln halten, möchte Mason mit seinen Melodien zum Nachdenken anregen und inspirieren.

Er bewundert die Arbeit der früheren Komponisten und strebt danach, ihr Wissen mit seinen eigenen Ideen zu verbinden, um so eine Brücke in die Zukunft zu schlagen. Auf die Frage, ob er beim Klavierspielen nie Fehler mache, meinte er lachend: “It doesn’t exist” (Das existiert nicht). Ob das nun wirklich der Fall ist, davon kann man sich am 24. März in Fribourg überzeugen, wo das Quartett nochmals in der Schweiz auftritt, bevor es nach London weitergeht.

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quelle: patrick britschgi
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