Schon zum zweiten Mal versetzt Yotam Silberstein mit seiner Gitarre den Saal in einen Zustand der Euphorie und Gelassenheit, denn er musizierte vor zwei Jahren schon hier in Muri. Begleitet von den hochklassigen Virtuosen Petros Klampanis (Kontrabass), Daniel Dor (Schlagzeug) und Vitor Gonçalves (Klavier und Akkordeon) bat der gebürtige Israeli eine stilistische Klangvielfalt mit grosser Inspiration vom brasilianischen Choro.
Angefangen mit der äusserst ruhigen und eleganten Komposition «A Picture of Yaho» wurde zunehmend die Saitenspannung der Instrumente auf die Zuhörer übertragen. Gefolgt von rhythmisch fetzigen Elementen, welche als angenehme Abwechslung dienten, wurde diese allmählich aufgelöst. Das Publikum ging jedoch vor allem bei den agilen Solos von Yotam auf der Gitarre, der akzentuierten Zupftechnik des Bassisten und natürlich Daniels erstaunlicher Performance am Schlagzeug so richtig ab. Für die grösste Überraschung mit mindestens gleich grossem Applaus, sorgte der Wechsel des Pianisten an das Akkordeon während «Future Memories», dem Hauptstück des gleichnamigen Albums, welches im März dieses Jahres veröffentlicht wurde.
Das harmonisch kraftvolle Konzert wurde mit einem imposanten Duett zu «Um a Zero», der wohl bekanntesten Komposition des Choro Komponisten Pixinguinha, in die Schlussphase geleitet. Bevor der letzte, nach Yotam’s Sohn Gil benannte Song den Raum als Zugabe mit weichen Tönen füllte, ging ein Lob an die MusikgeniesserInnen raus: «New York ähnelt mit seinen vielen Kulturen Babylon, diesen Eindruck habe ich auch im Musig im Pflegidach». Unter den Zuhörern war nämlich das gesamte Spektrum vom Neugierigen bis zum erfahrenen Musiker vertreten.
Nach dem kräftigen Applaus eines wohl ausserordentlich überzeugten Publikums, konnte sich die Zuhörerschaft eine Kopie des im März dieses Jahres erschienenen Albums «Future Memories» erwerben. Diese liessen sich viele vom Künstler, welcher sich selbst während seiner aufwendigen Tour immer Zeit für seine Fans nimmt, signieren.
Auf die Frage nach Neuigkeiten in seiner Karriere hatte der 38-jährige sehr viel zu erzählen. Er geniesse es beispielsweise sehr, überall auf der Welt mit seiner Band auftreten zu können. In den letzten Wochen durften sie ihre Musik unter anderem im Cotton Club in Tokyo, der begehrten 55 Bar in New York und im erfolgreichen Jazz-Club Sunside in Paris präsentieren. Da Yotam einen Grossteil seiner Inspiration aus der Südamerikanischen Musik zieht, freut er sich besonders auf seinen Auftritt in der Hauptstadt Argentiniens, Buenos Aires, da er dort mit einem seiner musikalischen Helden, Carlos Aguirre, am 8. Januar musizieren wird.
Ein Album zu erstellen wird bei vielen Musikern mit einem riesigen Aufwand assoziiert, jedoch sieht diese Sache im Fall Silberstein gänzlich anders aus: «Ich schreibe immer Musik», berichtet er mit einer vagen Selbstverständlichkeit und impliziert damit: «Es ist ein Dokument, welches den momentanen Standpunkt unserer Band darstellt». Ergänzend äussert Yotam, dass die Herkunft seiner Inspiration eine bedeutende Leichtigkeit in den kreativen Prozess einbringt, da seine Lieder meistens Reflexionen bestimmter Ereignisse und Musik abbilden.
Aller Anfang ist schwierig. So erzählte er etwa von seinem Übergang aus seiner Heimat Israel an die begehrte New School im New Yorker Manhattan: «Meine ersten Jahre in New York waren sehr hart», denn ständig wurde er von Heimweh geplagt. Dies wurde aber spätestens kein Problem mehr, als er sich mit vielen gleichgesinnten Musikern und seiner jetzigen Frau bekannt machte. Mit der Zeit bildete Yotam zunehmend Kontakte und konnte letztes Jahr sogar mit dem grossen brasilianischen Komponisten Ivan Lins auftreten. Selbst mit solchem Erfolg geniesst er dennoch häufig die kleinen Auftritte: «Manchmal präferiere ich die Nähe zu den Leuten, wie hier im Musig im Pflegidach».