* Die Autorin ist Schülerin an der Kanti Wohlen. Im Rahmen ihres Deutschunterrichts verfassen die Schüler auch Konzertberichte, die in die Note einfliessen.
Der Organisator Stephan Diethelm meinte vor dem Konzert: «In der Schweiz gibt es keine vergleichbare Veranstaltung an einem Sonntagabend, die so viele Besucher anzieht.» Und wirklich, im Dachstock der Pflegi Muri war jeder Platz besetzt und einige der über 90 Besucher und Besucherinnen mussten sogar stehen. Sie nahmen dies jedoch gerne in Kauf, um den drei Ausnahmemusikern zuhören zu können.
Nach einigen Konzerten in den USA trat das Julian Lage Trio zum ersten Mal in dieser Konstellation in Europa auf. Die drei Musiker harmonierten perfekt miteinander, es gab aber auch erstklassige Soli von jedem der Künstler. Jedes der Stücke spielten sie mit einer unglaublichen Dynamik. Es schien als wüsste Eric Doob am Schlagzeug immer genau, was Jorge Roeder am Kontrabass denkt.
Auch Julian Lage, der Gitarrist, schien immer genau zu wissen, was als nächstes kommt, obwohl beim Jazz viel improvisiert wird und man viele Freiheiten hat. Genau diese Freiheiten seien auch der Grund, erzählte Lage, weshalb er, nachdem er einige andere Musikrichtungen studiert hatte, letztendlich dem Jazz treu geblieben sei.
Julian Lage begann schon mit fünf, Gitarre zu spielen. “Ich wollte unbedingt so sein wie mein Vater.” Sein grosses Talent wurde früh entdeckt, und bereits als Achtjähriger spielte er mit grossen Musikern wie Carlos Santana. Mit dreizehn Jahren stand das musikalische Wunderkind auf der Bühne bei den Grammy Awards.
Im ländlichen Muri, wo er am Sonntag bereits zum dritten Mal zu Gast war, fühlt sich der gebürtige Kalifornier wie zuhause. Obwohl er in seiner 23-jährigen Musikkarriere schon auf vielen bedeutenden Bühnen gestanden hat und mit vielen grossen Musikern gespielt hat, kann er sich auf kein Lieblingskonzert, geschweige denn auf einen Lieblingsmusiker festlegen. «Zu diesem Zeitpunkt spiele ich nur mit Leuten, die ich auch persönlich mag», verriet er. Für ihn sind die Musiker, mit denen er auftritt, wie seine Familie.
Dass nicht nur eine Menge Talent, sondern auch viel Professionalität auf der Bühne im Dachstock der Pflegi stand, zeigte sich deutlich, als dem Trio beim zweiten Stück ein Fehlstart passierte. Sie liessen sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen, lachten, wie auch das Publikum, kurz auf und machten weiter im Programm, als wäre alles nach Plan verlaufen.
Auf die Frage, ob sie nervös seinen bevor sie auf eine Bühne gehen, waren sich alle einig. Nervosität sei zwar kaum vorhanden, wirklich entspannt seien sie jedoch auch nicht. «Es gibt einen schmalen Grat zwischen Nervosität und Ruhe», ergänzt Lage. Da es ihr Job ist, sind sie jeweils sehr fokussiert und konzentriert vor einem Auftritt. Diese Konzentration wollen die drei Musiker während dem Konzert möglichst konstant halten, was auch der Grund für die wenigen Unterbrüche während des Auftritts ist.
Das neueste Album «Arclight», welches seit Anfang 2016 auf dem Markt ist, beinhaltet vor allem alte Jazzstücke im Stil der 1920er Jahre. Eine Geschichte hinter der Platte gibt es laut Lage nicht. «Ich suchte einfach nach einem Grund um meine Telecaster Gitarre spielen zu können», gibt er lachend zu.
Das Trio verabschiedete sich nach einem gelungenen Abend mit einer weiteren unglaublich dynamischen Komposition und einem «Bis zum nächsten Mal». Das begeisterte Publikum bedanke sich mit einem tosenden Applaus. Es machte den Anschein, als könnten sie es kaum erwarten, die begnadeten Musiker wieder in ihrem zweiten Zuhause spielen zu hören.