Bewaffnete Islamisten haben nach Angaben der Regierung in Bagdad die Kontrolle über die gesamte Region Ninive übernommen. Parlamentspräsident Ussama al-Nudschaifi sagte am Dienstag auf einer Pressekonferenz, die gesamte nördliche Provinz, deren Hauptstadt Mossul ist, sei «in die Hände der Aufständischen gefallen». Nun wollten die Rebellen in die Nachbarprovinz Salaheddin «einfallen», hiess es.
Zuvor hatte es in Mossul mehrere Tage lang Kämpfe zwischen Rebellen und der irakischen Armee gegeben. Am Sonntag waren in Mossul bei Gefechten zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen acht Personen getötet worden. Tags zuvor hatte es dort Anschläge mit dutzenden Toten gegeben.
Nach Angaben von Augenzeugen war vor allem der Osten der Stadt von den Gefechten betroffen, wo Stützpunkte der Sicherheitskräfte und die regionale Verwaltung angesiedelt sind. Tausende Bewohner seien geflohen.
Wie das Nachrichtenportal «Sumaria News» am Dienstag berichtete, stürmten die Extremisten auch einige Gefängnisse und liessen mehr als 1400 Häftlinge frei.
Beobachter gehen davon aus, dass mehr als 3000 Kämpfer der terroristischen Gruppierung Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS) in der Region Mossul aktiv sind. Die Gruppe gehört zu den radikalsten Sunnitengruppen, die im arabischen Raum für einen Gottesstaat kämpfen.
Seit Januar kontrollieren die islamistischen Milizionäre bereits Gebiete der westlichen Provinz Al-Anbar und liefern sich dort heftige Kämpfe mit Regierungstruppen. Aus der Provinz sind nach UNO-Angaben inzwischen mehr als 500'000 Menschen geflohen. Viele hätten sich zu Fuss auf den Weg gemacht, da ihnen die Nutzung ihrer Fahrzeuge in der Stadt verboten worden sei.
Im Irak eskaliert derzeit der langjährige Machtkampf zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen. Grund ist das Machtvakuum in Syrien: Extremistische Milizen wie die ISIS haben dort einen Rückzugsort, gewinnen an Einfluss und haben Zugang zu Waffen. Allein am Wochenende sind bei einer Serie von Anschlägen im Irak mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen.
Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat das Parlament aufgerufen, über die von islamistischen Extremisten übernommene Stadt Mossul den Notstand zu verhängen. Das berichteten irakische Medien am Dienstag.
Seine Landsleute rief der Regierungschef im Staatsfernsehen auf, sich den «Terroristen» entgegenzustellen. Die Regierung habe einen Krisenstab eingerichtet, der sich mit der Rekrutierung Freiwilliger sowie deren Ausrüstung und Bewaffnung befassen solle, erklärte al-Maliki. Demnach sollen die Freiwilligen den Kampf gegen die Aufständischen unterstützen.
Die Sicherheitskräfte würden in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die überwiegend von sunnitischen Muslimen bewohnte Provinz Nineve ist seit langem eine Hochburg von Dschihadisten und gilt als eines der gefährlichsten Gebiete im Irak.(whr/sda/afp/dpa)