Die Rückkehr zur Weltklasse gelang dem Hockeynationalteam unter Cheftrainer Ralph Krueger mit einer neuen Spielergeneration und einer unspektakulären, aber hoch entwickelten Defensivtaktik.
Gewiss, Krueger war kein Welttrainer wie Ottmar Hitzfeld. Aber der Deutschkanadier genoss ein ähnliches «Unfehlbarkeits-Dogma» wie Hitzfeld. Und er konnte die Spieler aus einer neuen, selbstbewussten Generation auswählen. Spieler, die sich anschickten, Nordamerika zu erobern – so wie auch unser Fussball durch eine neue Spielergeneration geprägt wird, die sich längst in den besten ausländischen Ligen bewährt.
Ralph Krueger und Ottmar Hitzfeld haben ihre Nationalteams taktisch auf Augenhöhe mit den Besten der Welt gebracht – bis zur Mittellinie, aber nicht vorwärts bis zum gegnerischen Tor. Im Eishockey wie im Fussball fehlen uns die Angreifer mit Weltformat.
Mit wenigen Ausnahmen waren die grossen Figuren des Hockey-WM-Finalteams von 2013 und des WM-Fussballteams von 2014 die Verteidiger und die Torhüter. Im Direktvergleich des Achtelfinals zeigte sich: Xherdan Shaqiri ist erst ein «Operetten-Messi» und der grosse Argentinier entschied das Drama gegen die Schweiz.
Ralph Krueger und Ottmar Hitzfeld waren charismatische Führungspersönlichkeiten mit beinahe flächendeckender medialer Unterstützung – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn es darum geht, Kontinuität in eine taktische und spielerische Entwicklung einer Nationalmannschaft zu bringen.
Ralph Kruegers letzte Partie war eine heroische 0:2-Niederlage im olympischen Viertelfinal gegen die USA am 24. Februar 2010 in Vancouver. Ein Spiel, das die Schweizer mit ein bisschen mehr Glück und Mut zum offensiven Risiko hätten gewinnen können – und den Weg zu einer Medaille geebnet hätte.
Ottmar Hitzfelds letzte Partie war dieses grandiose 0:1 n.V. gegen Argentinien, das die Schweizer mit ein bisschen mehr Glück und Mut zum offensiven Risiko hätten gewinnen können – und den Weg zum ersten WM-Halbfinal der Geschichte geebnet hätte.
Ralph Krueger gelangen auch an Titelturnieren grosse Siege gegen die weltbesten Teams (2:0 Kanada/Olympia 2006) – aber nicht in der K.-o.-Phase. Ab 1999 war im Viertelfinal immer Lichterlöschen.
Ottmar Hitzfeld gelangen auch an Titelturnieren grosse Siege gegen die weltbesten Teams (1:0 gegen Spanien/WM 2010) – aber nicht in der K.-o.-Phase. Im Achtelfinal war immer Lichterlöschen.
Nach Ralph Krueger kam Sean Simpson. Er profitierte von der taktischen Basis, die sein Vorgänger gelegt hatte, gewährte im Rahmen einer spielerischen Perestroika der neuen Spielergeneration mehr offensive Freiheiten und die Schweizer erreichten mit mehr Mut zum Risiko 2013 erstmals seit 1935 das WM-Finale und holten die erste WM-Medaille seit 1953.
Nun kommt mit Vladimir Petkovic ein Nationaltrainer, der taktisch weniger konservativ als sein Vorgänger sein wird. Mit mehr Mut zum offensiven Risiko. Die Chancen sind gross, dass Petkovic ein ähnlicher Exploit gelingt wie Simpson und mit den Schweizern bei einem Titelturnier erstmals seit Olympia 1924 über das Viertelfinale hinauskommt. Auch wenn Fussball ein globaler und Eishockey ein vergleichsweise lokaler Sport ist, auch wenn die internationale Konkurrenz im Fussball viel grösser ist – der letzte Schritt ganz nach oben, unter die ersten vier bei einem Titelturnier, ist in beiden Sportarten ähnlich schwierig.
Eine vergleichbare Entwicklung wie im Hockey, ein Halbfinale bei einem Fussball-Titelturnier (was etwa dem Hockey-WM-Final von 2013 entsprechen würde), ist in den nächsten Jahren nicht nur wahrscheinlich. Ein solcher Jahrhunderterfolg wäre bei diesen vielen Parallelen zwischen Fussball und Hockey sogar logisch.